Gewessler zu Gender-Verbot: "Warum vor Sternderl Angst haben?"
ÖVP-Bundeskanzler Karl Nehammer will eine Art Gender-Verbot in der Verwaltung, wie die Tageszeitung "Heute" am Dienstag berichtete. Nehammer spricht sich demnach für das Ausschreiben beider Geschlechterformulierungen aus, will aber ein Aus für Binnen-I, Sternchen und Doppelpunkt. Auch in Bildungseinrichtungen soll diese Linie nach Vorstellung des ÖVP-Chefs implementiert werden. Seine konkreten Vorschläge will er bei einer Grundsatzrede in Wels kommenden Freitag präsentieren.
"Warum vor Doppelpunkten und Sternderl Angst?"
Leicht belustigt ist die Reaktion des Grünen-Koalitionspartners auf das Wiederaufflammen der Gender-Debatte. "Eigentlich muss man sich ja fragen, warum manche vor Doppelpunkten und Sternderl Angst haben", so Grünen-Umweltministerin Leonore Gewessler am Dienstag im Zuge einer Pressekonferenz.
Sie halte es für selbstverständlich, "Vielfalt sichtbar zu machen" und sieht in Nehammers Vorschlag eine "Ablenkungsdebatte". Man wolle davon ablenken, was die "echten Herausforderungen in der Politik sind", sagt die Umweltministerin.
Ihre Parteikollegin und Frauensprecherin Meri Disoski schließt sich Gewessler an. "Langsam wird's fad", schreibt sie auf Social Media. Nehammer übernehme damit Methoden, die man von Rechtskonservativen wie Donald Trump und Bayerns CSU-Ministerpräsident Markus Söder kenne.
https://twitter.com/disoski/status/1749702677074731493
Bayern und Niederösterreich machen es vor
Letzterer will ebenso künftig das Gendern in Schulen und Behörden des Freistaats verbieten. Er wolle es gar "untersagen", wie der CSU-Chef Anfang Dezember in einer ersten Regierungserklärung im Landtag sagte. In einigen anderen deutschen Bundesländern gelten bereits Gender-Verbote.
In der niederösterreichischen Landesverwaltung wurde ein ähnlicher Gendererlass im August 2023 in die Kanzleiordnung des Landes übernommen. Die schwarz-blaue Landesregierung hatte ein Aus für Sternchen, Binnen-I und Doppelpunkt bereits in einem Arbeitsübereinkommen festgeschrieben.
Eine Debatte über das Gendern gab es vor einem Jahr auch im Bundesland Kärnten. Nach massiver Kritik an einem eigenen nicht bindenden Leitfaden für gendergerechte Begriffe im Verwaltungsdienst, wurde dieser wieder zurückgezogen.
Seit Jahren ist die Gender-Debatte eine emotionale, besonders in der Politik. Seit Mai 2022 entschied man sich im österreichischen Parlament, im Schriftverkehr nur noch den Doppelpunkt zu verwenden. Die Parteien müssen sich nicht daran halten, die FPÖ etwa tut dies nicht.
Auch in jedem Ministerium wird das Gendern unterschiedlich geregelt, wie die Beantwortungen einer parlamentarischen Serienanfrage der FPÖ im vergangenen Herbst zeigen.
Von den ÖVP-geführten Ministerien haben etwa das Bundeskanzleramt, das Bildungsministerium, das Wirtschaftsministerium und das Finanzministerium eigene Leitlinien zum Sprachgebrauch der Bediensteten. Im Außen- und Innenministerium orientiert man sich an den Regelungen des Bundeskanzleramts. Im Verteidigungsministerium wird nicht gegendert.
Zusammenfassung
- Kein Binnen-I, Doppelpunkt oder Sternchen: Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) will ein Gender-Verbot in der Verwaltung.
- Leicht hämisch ist die Reaktion des Grünen-Koalitionspartners auf das Wiederaufflammen der Gender-Debatte.
- "Eigentlich muss man sich ja fragen, warum manche vor Doppelpunkten und Sternderl Angst haben", so Grünen-Umweltministerin Leonore Gewessler am Dienstag im Zuge einer Pressekonferenz.
- Sie halte es für selbstverständlich, "Vielfalt sichtbar zu machen" und sieht in Nehammers Vorschlag eine "Ablenkungsdebatte".
- Seit Jahren ist die Gender-Debatte eine emotionale, besonders in der Politik.