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Kopf gegen Asphalt: So will sich der Polizist verteidigen

Vergangenen Mai schlug ein Polizist den Kopf eines 19-Jährigen mehrmals gegen den Asphalt. Am Montag steht der Beamte wegen Amtsmissbrauchs vor Gericht. Seine Verteidigung: Die Situation sei stressig gewesen und das Opfer aufgrund seiner Kleidung verdächtig. Ein zweiter Polizist verklagt das Opfer zudem auf Schadenersatz.

Als die Polizei am 7. Mai 2023 in Wien-Simmering vor Ort war, um den Tatort eines Tötungsdelikts zu sichern, sei die Lage angespannt gewesen. In einem Geschäft auf der Simmeringer Haupstraße war die Spurensicherung im Gange, zuvor war ein 38-Jähriger erschossen worden.

Inmitten der Tatort-Sicherung wollte ein 19-Jähriger an einem Bankomaten Geld beheben, doch ein Beamter versperrte ihm den Weg. PULS 24 war vor Ort, eine sichtbare Absperrung gab es nicht. Es kam zu einer Diskussion, ein zweiter Polizist stieß hinzu. Schließlich eskalierte die Situation: Der 19-Jährige wurde von der Polizei auf den Boden gedrückt, fixiert und festgenommen.

Ein PULS 24 Video zeigt, wie ein Beamter den Kopf des jungen Mannes dabei mehrmals gegen den Asphalt schlägt, es bildet sich eine Blutlache.

Bis zu fünf Jahre Haft

Der Polizist muss sich nun am Montag wegen Amtsmissbrauches vor einem Schöffengericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft Wien reagierte hier überraschend hart, sagt der Anwalt des 19-Jährigen, Clemens Lahner, gegenüber PULS 24. Mit der Anklage mache die Staatsanwaltschaft deutlich, dass es sich bei dem Vorfall nicht um reine Körperverletzung handle. Stattdessen habe der Beamte seine Befugnis, den 19-Jährigen zu verhaften, wissentlich missbraucht und ihm so geschadet.

Der Strafrahmen für die Tat ist dementsprechend hoch: Bei einer Verurteilung drohen dem Polizisten bis zu fünf Jahre Haft. Bereits ab einer rechtskräftigen Verurteilung zu einer mehr als einjährigen Freiheitsstrafe würde der Beamte aber automatisch seinen Job verlieren.

Dicke Jacke war verdächtig

Würde der Polizist die Tat gestehen, dann könnte er etwa mit einer Diversion rechnen und könnte seinen Job behalten, so Lahner. Doch das scheint nicht die Strategie der Verteidigung zu sein. Stattdessen wolle man sich darauf konzentrieren, dass die Situation vor Ort wegen der Mordermittlungen "stressig" gewesen sei. Dass der 19-Jährige trotz der sommerlichen Temperaturen eine dicke Jacke getragen hat, habe verdächtig gewirkt - die Polizei habe befürchtet, dass er darunter eine Waffe verstecke

Lahner hält wenig von dieser Verteidigung. Wenn sein Mandant so verdächtig ausgesehen habe, hätte er sofort festgenommen werden müssen. Stattdessen aber habe es eine lange Diskussion mit dem ersten Polizisten gegeben. 

Polizist "ausgerutscht"?

Auch das mehrmalige Schlagen des Kopfes gegen den Boden sei keine Absicht gewesen, soll die Rechtsvertretung des Polizisten argumentieren. Der Beamte sei ausgerutscht und habe den 19-Jährigen unabsichtlich auf den Asphalt gedrückt.

Laut Lahner sei das Schwachsinn: Zu dem Zeitpunkt sei der junge Mann bereits am Boden fixiert gewesen, die ersten beiden Male, als sein Kopf gegen den Asphalt geschlagen wurde, seien mit Sicherheit absichtlich gewesen. 

Polizist klagt Opfer

Jener Polizist, der zuerst mit dem 19-Jährigen diskutiert hatte, zieht im April ebenfalls vor Gericht, dann aber als Kläger. Er fordere vom 19-Jährigen Schadenersatz, da er sich beim Niederwerfen des Opfers das Knie verletzt habe, so Lahner. 

Der Anwalt rechnet aber nicht damit, dass der Beamte in dem zivilgerichtlichen Prozess Recht bekommt. Da von seinem Mandanten nie Gefahr ausgegangen sei, hätte man ihn auch nicht zu Boden werfen müssen.

ribbon Zusammenfassung
  • Vergangenen Mai schlug ein Polizist den Kopf eines 19-Jährigen mehrmals gegen den Asphalt.
  • Am Montag steht der Beamte wegen Amtsmissbrauchs vor Gericht.
  • Seine Verteidigung: Die Situation sei stressig gewesen und das Opfer aufgrund seiner Kleidung verdächtig.
  • Ein zweiter Polizist verklagt das Opfer zudem auf Schadenersatz.