K.O.-Tropfen: 2022 bereits um die Hälfte mehr Fälle in Wien
Wer beim geselligen Zusammensein in einer Bar, bei einer Party oder einem Fest im privaten Umfeld plötzlich das Bewusstsein verliert, dem wurden möglicherweise sogenannte K.O.-Tropfen ins Getränk gemischt. Betroffen sind vor allem Frauen, wobei die Zahlen zuletzt angestiegen sind.
Der 24-Stunden-Frauennotruf der Stadt steht unter 01/71719 für Auskünfte zu dem Thema zur Verfügung. Deren Leiterin Heidemarie Kargl berichtete von einem Anstieg der Fälle beim Beratungstelefon. Heuer hätten sich bereits rund 60 Frauen gemeldet. 2021 waren es noch 40 gewesen, zuvor hatte man jährlich etwa 20 Fälle registriert.
Dunkelziffer sehr hoch
"Die Dunkelziffer ist aber sehr hoch", sagte Kargl. Verstärkt sei zu bemerken, dass die Fälle im privaten Kontext zunehmen. Einladungen von Bekannten in die Wohnung oder das erste Date seien Situationen, in denen die Verabreichung stattfinden könne. Wichtig sei es vor allem, rasch ins Krankenhaus zu fahren, da die Spuren der Tropfen sonst nur mehr schwer nachzuweisen seien. "Es handelt sich um ein ganz perfides Delikt", warnte auch Landespolizeivizepräsident Michael Lepuschitz. Wichtig sei, sofort die Polizei zu rufen, wenn etwas verdächtig erscheine.
Den Opfern fehlt häufig die Erinnerung an einige Stunden. Sie wachen manchmal an fremden Orten auf, fehlende Kleidung oder Schmerzen im Unterleib deuten auf sexuelle Übergriffe hin. Aber auch Raubdelikte wurden gemeldet. Unter dem Motto "Nichts ist O.K. bei K.O.-Tropfen" wird nun zu Aufmerksamkeit und Zivilcourage aufgerufen. In TV-Spots, auf Freecards oder Citylights wird auf die Problematik hingewiesen. Bierdeckel mit der Aufschrift "Halt! Dein Glas immer fest" werden in Lokalen aufgelegt.
Stadt Wien startet Kampagne
Die Stadt Wien startet nun eine Informationskampagne, um über die Gefahr aufzuklären und um darüber zu informieren, was zu tun ist, wenn es zu einem Verdachtsfall gekommen ist. "Gewalt gegen Frauen ist absolut inakzeptabel", stellte die Wiener Frauenstadträtin Kathrin Gaal (SPÖ) bei der Präsentation der Kampagne klar.
Gefährlich an den Mitteln sei vor allem, dass man sie in Verbindung mit Alkohol kaum schmecke oder rieche. Darum sei es wichtig, immer auf das eigene Getränk aufzupassen, erläuterte Gaal. Auch in vertrauter Umgebung sei dies empfehlenswert, wurde heute versichert. Geraten wird auch dazu, sich bei plötzlichem Schwindel oder Übelkeit an vertraute Personen oder das Barpersonal zu wenden.
Je mehr Informationen, desto mehr Schutz
"Je informierter man ist, desto besser kann man sich oder andere schützen", zeigte sich auch die Frauensprecherin der Wiener NEOS, Dolores Bakos, überzeugt. So könne man etwa, wenn man sehe, wie eine nicht mehr ansprechbare Frau von einem Mann aus dem Club getragen wird, sich nach den näheren Umständen erkundigen. Das Problem sei oft, dass auch Frauen, wenn etwas geschehen ist, unsicher seien. Immer wieder werde ihnen auch erhöhter Alkoholkonsum unterstellt, gab Bakos zu bedenken.
Zusammenfassung
- 2021 wurden 40 Fälle von K.O.-Tropfen in Wien gemeldet, in diesem Jahr sind es bereits 60. Die Dunkelziffer ist wohl deutlich höher.
- Die Stadt Wien startet eine Informationskampagne, um über die Gefahren in Bezug auf K.O.-Tropfen aufzuklären.