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Kirche, Yoga und Co: Spirituelle Praktiken oft langweilig

Heute, 10:05 · Lesedauer 3 min

Inspiration, Orientierung oder Entspannung: In Krisenzeiten besonders gefragten spirituellen Praktiken, wie Yoga, Pilgern oder Kirchgang, werden positive Effekte zugeschrieben. Oft langweilt man sich dabei aber, was demotivieren und letztendlich zur Abkehr führen kann, haben Forschende der Universität Wien mit britischen Kollegen herausgefunden. Die Ergebnisse wurden im Fachmagazin "Communications Psychology" veröffentlicht.

Langeweile entstehe einerseits durch Unter- und Überforderung - also ein unpassendes Maß an Kontrolle - und andererseits, wenn der Wert der Tätigkeit nicht gesehen wird, so Thomas Götz vom Institut für Psychologie der Entwicklung und Bildung an der Uni Wien unter Verweis auf die sogenannte "Kontrolle-Wert-Theorie". Wie stark Langeweile wahrgenommen wird, hat das Team nun anhand von fünf spirituellen Kontexten - Yoga, Meditation, Schweigeexerzitien, katholische Predigten und Pilgern - untersucht und mehr als 1.200 Erwachsene vor allem aus dem deutschsprachigen Raum befragt.

Es zeigte sich, dass tatsächlich Über- und Unterforderung und besonders die fehlende persönliche Relevanz für die Praktizierenden die zentralen Auslöser für spirituelle Langeweile sind - eine Emotion, die laut den Autoren durch ein verändertes Zeitempfinden, das gedankliche Abschweifen und den Wunsch, der aktuellen Situation zu entfliehen, gekennzeichnet ist. Sie wirkt sich wiederum negativ auf die Motivation aus und kann "die transformative Kraft dieser Praktiken einschränken", verweist Götz auf ein bisher wenig erforschtes Phänomen.

Dass neben der fehlenden persönlichen Relevanz und Unterforderung auch Überforderung zu Langeweile führt, erklärte der Experte damit, dass man auch hier "abschaltet" und sich mental und vielleicht auch körperlich aus dem Prozess ausklinkt. "Ein typischer Prozess bei Überforderung ist, dass man im Prinzip aufgibt, weil man etwas nicht leisten kann, und gar nicht mehr versucht, im Hier und Jetzt zu sein. Das geht natürlich mit Langeweile einher", so Götz. Lange Zeit sei das in der Wissenschaft zu wenig berücksichtigt worden.

Bei katholischen Predigten ist vielen Menschen fad

Besonders langweilig wurden katholische Predigten empfunden. "Auf einer Skala von 1 bis 5 erreichten sie einen Wert von 3,6, während Pilgern mit 1,3 viel besser abschnitt. Vermutlich, weil man hier viel Input hat und viel sieht, wenn man wandert und geht", erklärte der Bildungspsychologe im Gespräch mit der APA. Bei den Auswirkungen gebe es hingegen ähnliche Befunde über alle Kontexte hinweg. "Wenn man sich langweilt, ist man deutlich weniger motiviert, sich in Zukunft wieder in solche Kontexte zu begeben oder hört irgendwann auch auf damit", sagte Götz.

Das Forschungsteam rät daher, spirituelle Praktiken individuell anzupassen, ihren Sinn immer wieder zu betonen und Über- und Unterforderung zu thematisieren. Das könnte helfen, spirituelle Langeweile zu reduzieren und die positiven Effekte zu maximieren, was in Krisenzeiten umso wichtiger sei.

(S E R V I C E - https://doi.org/10.1038/s44271-025-00216-7)

Zusammenfassung
  • Eine Studie der Universität Wien fand heraus, dass spirituelle Praktiken wie Yoga und Kirchgang oft langweilen können, was die Motivation zur Teilnahme mindert.
  • Katholische Predigten wurden als besonders langweilig empfunden, mit einem Wert von 3,6 auf einer Skala von 1 bis 5, während Pilgern mit 1,3 besser abschnitt.
  • Das Forschungsteam empfiehlt, spirituelle Praktiken individuell anzupassen und Über- sowie Unterforderung zu thematisieren, um Langeweile zu reduzieren.