Kinderfotos im Netz: Was Eltern beachten sollten
In der Badewanne plantschen, am Strand herumtollen oder mit verschmiertem Gesicht Eis essen - die schönen Momente ihrer Kinder halten Eltern gerne fotografisch fest. Über soziale Medien werden diese Fotos dann oft mit Freunden und Familie geteilt.
Was zuerst harmlos klingt, kann für das Kind schnell zur Gefahr von Cybermobbing oder sexualisierter Gewalt im Netz werden. Im Fall Teichtmeister hat der Beschuldigte eigentlich harmlose Fotos von minderjährigen Darstellern durch hinzugefügte Sprechblasen für seine Missbrauchsfantasien genutzt. So können auch vermeintlich unbedenkliche Bilder Pädophile anziehen. Wie und wann das Posten von Kinderfotos problematisch wird und was Eltern beachten sollten, beantwortet Barbara Buchegger, pädagogische Leiterin von "Saferinternet.at".
Die problematischen Folgen von öffentlichen Kinderfotos
Wenn Eltern die Fotos ihrer Kinder auf sozialen Medien teilen und somit öffentlich zugänglich machen, dann heißt das mittlerweile "Sharenting". Der Begriff setzt sich aus den englischen Wörtern "Parenting" (Elternschaft) und "to share" (etwas teilen) zusammen. Welche Fotos heikel werden können, hänge von der Art des Bildes ab und wo sie gepostet werden, sagt Buchegger. Eher unproblematisch wären zum Beispiel private WhatsApp-Gruppen, obwohl auch hier Regeln vereinbart werden sollten: Die verschickten Fotos dürfen etwa nicht von den stolzen Großeltern oder anderen weitergeleitet werden, um die Kontrolle über die Bilder nicht zu verlieren.
Generell gilt es laut Buchegger, leichtbekleidete Fotos (also in Badebekleidung oder beim Wickeln) zu vermeiden, selbst wenn keine Geschlechtsteile sichtbar sind. Auch vermeintlich harmlose Fotos tauchen bei Missbrauchs-Plattformen oder im Darknet auf. "Am besten ist es, die Kinder nicht leichtbekleidet zu fotografieren und diese Bilder schon gar nicht zu veröffentlichen, auch nicht in der Familien-Gruppe", warnt Buchegger. Für Personen, die sich nicht in pädosexuellen Kreisen bewegen, sei es schwer einschätzbar, wann ein Bild "anregend oder aufreizend" ist und wann nicht.
Auch vermeintlich lustige Bilder der Kinder in peinlichen Situationen (wie etwa mit Schokolade verschmierte Gesichter oder bei einem Tobsuchtsanfall) seien zu vermeiden, rät Buchegger. Gerade in der Pubertät können solche Fotos dazu führen, dass sich Schulkolleg:innen lustig machen bis hin zu Mobbing.
Künstliche Intelligenz macht harmlose Bilder problematisch
Das Gesicht des Kindes digital zu verschleiern reiche nicht aus, sagt Buchegger. Es gäbe mittlerweile Künstliche Intelligenzen, die zu Bildern andere Gesichter hinzufügen und somit aus harmlosen Fotos problematische machen. Alle Posen, die möglicherweise missverstanden oder anders gedeutet werden könnten, sollte man insgesamt lassen, rät sie.
Ein wichtiger Schritt sei es, den eigenen Social Media-Account auf "privat" zu schalten und die Freundes- bzw. Abonnentenliste so zu überarbeiten, dass sich nur persönlich Bekannte darauf befinden. Als Hilfestellung, ob ein Foto des Kindes online geteilt werden könne, sollte man sich laut Buchegger immer die Frage stellen: "Wie würde es mir gehen, wenn dieses Bild von mir die Runde gemacht hätte?"
Kinder mit einbeziehen
Die meisten Kinder und Jugendlichen besitzen ab der frühen Pubertät ein Smartphone und nutzen Social Media. Um ihnen die Konsequenzen von eigenen Fotos im Netz bewusst zu machen, rät Buchegger, sie ab dem Kleinkindalter in das Recht am eigenen Bild mit einzubeziehen. "Die Kinder sollten hier früh beteiligt und gefragt werden, ob man ein Foto machen oder es etwa an die Oma versenden darf", sagt sie zur Vorbildfunktion des Erwachsenen. Ein "Nein" des Kindes sei hier unbedingt zu akzeptieren.
Sie merke in ihren Workshops, dass Kinder in der Regel ab dem Volksschulalter ein gutes Gefühl dafür besitzen, welche Bilder in Ordnung seien und welche nicht. Problematisch werde es dann, wenn die Kinder nicht von ihren Eltern in die Posting-Entscheidung mit einbezogen werden. Dadurch fehlt ihnen später oft das Bewusstsein für die Konsequenzen, wenn sie unpassende Bilder von sich oder Anderen ohne Erlaubnis teilen.
Wie schützt man vor Cybergrooming?
Wichtig sei es, den Kindern den Unterschied zwischen privat und öffentlich im digitalen Kontext bewusst zu machen. Kinder brauchen eine erwachsene Bezugsperson, um in der digitalen Welt nicht allein gelassen zu werden. "Kinder, die keinen erwachsenen Rückhalt haben, suchen diesen unter Umständen anderswo und werden dadurch leichter Opfer von Cybergrooming", sagt Buchegger. "Cybergrooming" nennt man es, wenn Erwachsene über das Internet die Nähe von Kindern und Jugendlichen suchen, um diese dann für sexuellen Missbrauch auszunutzen.
Besonders seit der Pandemie seien Online-Freunde eine wichtige Ressource für Kinder und Jugendliche. Eltern sollten hier keine Angst zeigen, sondern interessiert an die Kinder herantreten, um sie nicht mit Verboten oder negativen Konsequenzen zu verschrecken. Merkt ein Kind die Angst des Elternteils, erzählt es lieber nicht von seinen Online-Freunden und gerät dadurch eher in Gefahr, erklärt Buchegger.
Sollten die Eltern diese Angst nicht "abschalten" können, sollten sie für eine andere erwachsene Vertrauensperson sorgen, an die das Kind sich mit Sorgen oder Fragen in Bezug auf Online-Kontakte wenden kann.
Wo Opfer von Kindesmissbrauch Hilfe finden können:
- Rat auf Draht:
Telefonberatung: 147 - Die Möwe:
Telefonberatung: 01 532 15 15
Onlineberatung: die-moewe.beranet.info - Beratungs- und Notfalltelefon Pro Juventute:
Telefonberatung: 058 618 80 80 - Der Weiße Ring:
Telefonberatung: 0800 112 112
Zusammenfassung
- Für Eltern ist das Badewannen-Foto ihres Kindes eine Erinnerung an einen schönen oder lustigen Moment, der mit Freunden und Familie geteilt werden will.
- Für das Kind kann es Grund sein, zum Opfer von Mobbing oder sogar von sexualisierter Gewalt im Netz zu werden.
- Der Fall Teichtmeister hat wieder mehr Aufmerksamkeit auf sexualisierte Missbrauchsdarstellungen im Internet gelenkt.
- Wie und wann das Posten von Kinderfotos problematisch wird und was Eltern beachten sollten, beantwortet Barbara Buchegger, pädagogische Leiterin von "Saferinternet.at".