IAEA segnete Plan zur Kühlwasser-Ableitung vor Fukushima ab
Der Bericht der IAEA erlaube Japan nicht die Einleitung des Wassers, sagte die chinesische Außenamtssprecherin Mao Ning in Peking. Auch werde damit nicht bewiesen, dass die Verklappung die sicherste und verlässlichste Option sei. Sie forderte Japan auf, kein Kühlwasser aus Fukushima in den Ozean einzuleiten, andere Pläne zu studieren, die Entsorgung "auf wissenschaftliche und sichere Weise" vorzunehmen und dabei strenge internationale Überwachung zu akzeptieren. Auch örtliche Fischer sind gegen die für den Sommer geplante Verklappung.
Die Grünen übten am Dienstag Kritik und sprachen von einem "Skandal". "Die IAEA ist keine unabhängige Organisation, sondern setzt sich für die Nutzung von Atomenergie ein und ist daher kein adäquates wissenschaftliches Gremium, um diese global relevante Entscheidung zu treffen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist durch internationale Abkommen berechtigt, die Gesundheitsrisiken für Pflanzen, Tiere und Menschen auf wissenschaftlicher Basis einzuschätzen und nicht die IAEA", sagte Martin Litschauer, Anti-Atom-Sprecher, im Parlamentsklub.
Obwohl klar sei, dass das technische System ALPS das Isotop Tritium aus dem nachweislich verstrahltem Wasser nicht herausfiltern könne, gebe es nach Dafürhalten der staatlichen Betreibergesellschaft TEPCO und auch der IAEA "keine Gefahr", da das Wasser verdünnt werde. "Dieser leichtfertige Umgang zeigt deutlich, dass die billige Entsorgung vom verstrahltem Wasser einziges Entscheidungskriterium ist", hieß es. "Wir unterstützen die Nachbarstaaten und die ansässigen Fischer in ihrer Forderung an die japanische Regierung und den Betreiberkonzern TEPCO, die Einleitung des verstrahlten Wassers zu stoppen." Japan sei als Hochindustrieland seiner eigenen Bevölkerung aber auch der Weltgemeinschaft einen verantwortungsvollen Umgang mit der Atomkatastrophe schuldig. Die geplante Einleitung in den Pazifik laufe auch dem zukünftigen internationalen Hochseeabkommen zum Schutz der Weltmeere zuwider.
Ähnlich äußerte sich auch die Umweltschutzorganisation Global 2000. "Das hilflose Verklappen des radioaktiven Wassers gegen den Protest der Anrainerstaaten zeigt nicht nur, dass die Atomindustrie ihre Probleme nach Jahrzehnten der kommerziellen Nutzung noch immer nicht lösen kann, sondern auch, dass die IAEO vor allem dazu da ist, weltweit die nuklearen Risiken kleinzureden," sagte Patricia Lorenz, Anti-Atom-Sprecherin bei Global 2000.
Im AKW Fukushima Daiichi war es am 11. März 2011 in Folge eines schweren Erdbebens und riesigen Tsunamis zu einem Super-GAU mit Kernschmelzen gekommen. Mehr als zwölf Jahre danach müssen die zerstörten Reaktoren weiter mit Wasser gekühlt werden. Durch einsickerndes Regen- und Grundwasser nimmt die Menge verstrahlten Wassers täglich zu. In rund 1000 Tanks lagern inzwischen mehr als 1,3 Millionen Tonnen davon. Doch nun geht laut dem Betreiber Tepco der Platz aus. Das Wasser soll daher durch einen rund einen Kilometer ins Meer gebauten Tunnel gefiltert und stark verdünnt verklappt werden.
Das technische System ALPS kann allerdings das Isotop Tritium nicht herausfiltern. Nach Darstellung von Tepco und auch der IAEA besteht dennoch keine Gefahr, da das Wasser verdünnt werde und Tritium in geringen Mengen unschädlich für Mensch und Umwelt sei. Fachleute verweisen darauf, dass Atomkraftwerke in aller Welt schon seit Jahrzehnten routinemäßig belastetes Kühlwasser ins Meer ableiten, so auch in China, Frankreich, Südkorea und anderen Ländern. Die Ableitung des Fukushima-Kühlwassers dürfte Jahrzehnte dauern.
Auf Ersuchen der japanischen Regierung hatte die IAEA in den vergangenen zwei Jahren mehrmals Teams nach Japan entsandt, um die Sicherheit der Freisetzung im Meer zu überprüfen. Die Analysemethode in Japan für das behandelte Wasser wurde als "angemessen" bewertet. Grossi überreichte am Dienstag Japans Regierungschef Fumio Kishida den abschließenden Überprüfungsbericht seiner Behörde. Dieser sei "engagiert, wissenschaftlich" und "unparteiisch" erstellt worden.
Japans Außenministerium hatte ausländische Medienberichte als "absolut unwahr" bezeichnet, wonach die Regierung der IAEA angeblich eine politische Spende von mehr als einer Million Euro hatte zukommen lassen, um Meinungsverschiedenheiten zwischen der IAEA und an der Überprüfung des Kühlwassers beteiligten Experten aus Drittländern beizulegen. Auch, dass das Ergebnis des IAEA-Überprüfungsberichts angeblich von Anfang an festgestanden habe, wurde scharf dementiert.
Japans Regierung will nun den IAEA-Bericht studieren, bevor sie eine endgültige Entscheidung über den Zeitpunkt der Wassereinleitung ins Meer trifft. Kishida erklärte, Japan werde "aufrichtig" auf die abschließende Bewertung durch die IAEA reagieren und den betroffenen Anwohnern und der internationalen Gemeinschaft auch weiterhin "höflich" den Plan "mit einem hohen Maß an Transparenz" erklären. Die Ableitung des Kühlwassers in den Ozean dürfte Jahrzehnte dauern.
Gegen Japans Entsorgungspläne regt sich jedoch weiter Widerstand auch örtlicher Fischer, die Reputationsschäden und Umsatzeinbußen befürchten. Auch in Südkorea gibt es Sorgen über mögliche Umweltschäden durch die Verklappung. Die Regierung in Seoul betonte bisher, dass man so lange am Importverbot von Fischereierzeugnissen aus Fukushima und Umgebung festhalten wolle wie die Bedenken wegen der geplanten Entsorgung des Kühlwassers nicht ausgeräumt sind.
Grossi reist am Freitag nach Seoul weiter. Zuvor wird er noch ein IAEA-Büro am Standort des havarierten AKW in Fukushima einweihen. In der Außenstelle soll ein IAEA-Team zum Zeitpunkt des Beginns der Wassereinleitung dabei sein und auch danach das Vorhaben begleiten.
Zusammenfassung
- Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) hat Japan grünes Licht für die geplante Entsorgung riesiger Mengen gefilterten Kühlwassers aus der Atomruine Fukushima im Meer gegeben.
- Japans Plan stehe in Übereinstimmung mit internationalen Sicherheitsstandards, urteilte IAEA-Chef Rafael Grossi am Dienstag in Tokio.
- Die geplante Einleitung in den Pazifik laufe auch dem zukünftigen internationalen Hochseeabkommen zum Schutz der Weltmeere zuwider.