11 Jahre Haft für "rechte Hand" von Wiener Mafia-Paten
Der 29-jährige Dejan S. wurde zu elf Jahren Haft verurteilt, weil er innerhalb von nur zwei Monaten - nämlich zwischen Ende März und Ende Mai 2021 - 43 Kilogramm Kokain und 39 Kilogramm Heroin nach Österreich geschafft und sieben Kilogramm Suchtgift in Verkehr gesetzt haben soll.
"Sie haben keine Beweise"
Das Urteil wegen Suchtgifthandels - im Detail waren acht einzelne Lieferungen prozessgegenständlich, die der Angeklagte von Thailand aus organisiert haben soll - ist nicht rechtskräftig. "Was machen Sie da? Sie haben keine Beweise!", rief der 29-Jährige während der Urteilsverkündung dazwischen. Verteidiger David Jodlbauer meldete Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an. Der Staatsanwalt legte daraufhin Berufung gegen die Strafhöhe ein.
Bei der Strafbemessung wurden neben der großen Menge an gehandeltem Suchtgift die führende Funktion innerhalb der mafiösen Bande sowie das Handeln aus Gewinnstreben erschwerend berücksichtigt. Bei einer Strafdrohung von einem bis zu 15 Jahren erschienen dem Schöffensenat elf Jahre tat- und schuldangemessen.
Die Verhandlung fand unter am Landesgericht bisher nie da gewesenen Sicherheitsvorkehrungen statt.
Der gesamte Trakt, der zum Verhandlungssaal führte, war gesperrt. Wer passieren und zur Verhandlung wollte, musste sich per Ausweis legitimieren. Die Daten wurden von Beamt:innen des Bundeskriminalamts schriftlich erfasst.
Beamt:innen mit Schutzhelmen und -westen
Der Angeklagte selbst wurde in Hand- und Fußfesseln von schwerbewaffneten Beamt:innen der Sondereinsatzgruppe der Justizwache mit Schutzhelmen und -westen in den Saal eskortiert.
Fünf bis sechs Sicherheitskräfte der Justizwache blieben durchgehend im Saal, zugleich waren Wega-Beamte, verkabelte Vertreter des Bundeskriminalamts und weitere Polizeikräfte präsent.
Dem Angeklagten wurden für die Dauer der Verhandlung zwar die Hand-, aber nicht die Fußfesseln abgenommen. Außerdem war der 29-Jährige angeleint: er trug einen Gürtel um den Bauch, der mit einer großen Schlaufe versehen war, deren Ende ein Beamter, der hautnah neben dem Angeklagten saß, gewissenhaft in der Hand hielt.
"Funnynative"
Der Angeklagte hatte bestritten, in "Dexters" kriminelle Organisation überhaupt eingebunden gewesen zu sein.
Er habe nicht - wie ihm von der Anklage vorgeworfen wird - von Thailand aus für den mutmaßlichen Banden-Boss Drogen nach Österreich geschafft, sondern in Phuket in einer Pizzeria gearbeitet.
Ein Vertreter des Bundeskriminalamts widersprach in seiner Vernehmung grundlegend. Der Angeklagte habe unter dem Pseudonym "Funnynative" in "Dexters" krimineller Organisation eine "sehr hohe Position" inne gehabt: "Ein absoluter Hochkaräter. Es gibt ganz wenige, die in diesem Stil Drogen nach Österreich importiert haben."
Erstklassiges Koks - Hochgefährlicher Verurteilter
Das nach Österreich gebrachte Kokain wies laut Anklage mit einem Reinheitsgehalt von 70 Prozent eine erstklassige Qualität auf. Der Staatsanwaltschaft zufolge wurde die Ware in Zehn-Kilo-Lieferungen nach Österreich geschafft und gewinnbringend an den Mann gebracht.
Dejan S. gilt als hochgefährlich. Er befindet sich in der Justizanstalt (JA) Josefstadt in Isolationshaft und wird bei Spaziergängen im Innenhof des Gefängnisses strengstens bewacht. Vor wenigen Wochen wurde in seiner Zelle eine Razzia durchgeführt und dabei ein illegales Handy beschlagnahmt.
Auf diesem fanden sich Textnachrichten bzw. Hinweise, die auf ein konkretes Bedrohungsszenario gegen einen am Verfahren Beteiligten hindeuten.
Privatflugzeug für Transport gechartert
Der mit internationalem Haftbefehl Gesuchte war im Vorjahr in Thailand festgenommen und von Zielfahndern des Bundeskriminalamts nach Österreich gebracht worden - mit erheblichen Schwierigkeiten. "So etwas habe ich noch nie erlebt", schilderte der Zeuge vom Bundeskriminalamt dem Schöffensenat.
Es habe ein Privatflugzeug gechartert werden müssen, nachdem der Mann sich in einer Linienmaschine mit massiver Gewalt und Selbstverletzungen - er soll seinen Kopf gegen den Boden geschlagen haben - gewehrt hatte.
Der Pilot der Linienmaschine hätte sich geweigert, mit dem renitenten Passagier den Flug von Thailand nach Europa anzutreten.
Dejan S. beschwert sich über Haftbedingungen
Die Anklage sei "überhaupt nicht richtig", sagte Dejan S. in seiner Beschuldigteneinvernahme. Er beschwerte sich außerdem über die Haftbedingungen: "Seit ich eingeliefert wurde, werde ich wie ein Terrorist behandelt."
Er müsse seine Hofspaziergänge mit zu lebenslanger Haft verurteilten Anhängern der Terror-Miliz "Islamischer Staat" (IS) bestreiten: "Warum werde ich mit den Leuten ins selbe Eck gedrängt?"
Zusammenfassung
- Am Wiener Landesgericht fand am Dienstag der Prozess gegen die mutmaßliche "rechte Hand" des bereits zu lebenslanger Haft verurteilten angeblichen Mafia-Paten "Dexter" statt.
- Die Sicherheitsvorkehrungen waren massiv.
- Der 29-jährige Dejan S. soll innerhalb von nur zwei Monaten 43 Kilogramm Kokain und 39 Kilogramm Heroin nach Österreich geschafft haben.