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Graz-Wahl: Wieso sich die ÖVP an der KPÖ die Zähne ausbeißt

Mit fast 30 Prozent der Wählerstimmen sorgten die Kommunisten in Graz bei der Wahl für eine Sensation. Der große Verlierer ist die ÖVP. Aber was ist das Erfolgsrezept der KPÖ, das selbst den Kanzler "nachdenklich" stimmt?

Nach dem vorläufigem Endergebnis ohne Briefwahl kommt die KPÖ in Graz auf 15 Mandate im 48-köpfigen Gemeinderat, die ÖVP unter Bürgermeister Siegfried Nagl ist auf 13 abgestürzt, verlor über 12 Prozent der Wählerstimmen.  

Bei der ÖVP, die sich nach 18 Jahren mit Nagl als Bürgermeister eine Fortsetzung einer ÖVP-Stadtregierung erwarteten, sorgte das Wahlergebnis für versteinerte Gesichter. Nagl trat noch am Sonntag zurück. Neue Bürgermeisterin dürfte die vom Wahlergebnis selbst überraschte KPÖ-Spitzenkandidatin Elke Kahr werden.

Kurz "überrascht" und "nachdenklich"

Am Rande der Landtagswahl in Oberösterreich sprach Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) auf PULS 24 auch die Grazer Ergebnisse an. Die Wahl in Graz habe ihn "sehr überrascht". Es sollte nachdenklich stimmen, so der Kanzler, "dass die Kommunisten in Österreich in einer Stadt, wenn auch nur auf regionaler Ebene, aber doch, eine Wahl gewinnen können".

Auf den ersten Blick könnte man annehmen, dass die KPÖ und die Türkisen politisch an genau entgegengesetzten Enden des politischen Spektrums stehen. Näher betrachtet sieht man jedoch, dass die Kommunisten in Graz auch bei vielen ÖVP-Wählern hoch im Kurs stehen. Bei der Grazer Gemeinderatswahl hat die Überraschungssiegerin KPÖ von fast allen anderen Parteien gewonnen und konnte laut Wählerstromanalyse bei den Nichtwählern besonders stark punkten. 

Kurz: "Wahlen bringen manchmal auch eine gewisse Überraschung"

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) im Interview PULS 24 Interview über das Ergebnis der Landtagswahl in Oberösterreich, den Wahlgewinn der KPÖ und den Rücktritt Siegfried Nagls in Graz und die Bundestagswahl in Deutschland.

Ein indirekter Wahlhelfer Kahrs war die geringe Wahlbeteiligung in Graz, die bei rund 43 Prozent liegen dürfte. Schon 2017 gingen nur 57,39 Prozent wählen. Viele Grazerinnen und Grazer werden von den Parteien gar nicht mehr erreicht.

Stark an der Basis

Die KPÖ und Kahr verfolgen einen anderen Ansatz als die ÖVP und andere etablierte Parteien. Kahr selbst führt ihren Erfolg auf "Gehaltsspenden und Helfen" zurück. Kahr und die Grazer KPÖ haben mit den kommunistischen Klischees nicht viel am Hut. Von Kollektivierung und Enteignung der Kapitalisten kann keine Rede sein. 

Stattdessen setzt die Partei auf Volksnähe und ein offenes Ohr für alle Bürger. Man bekommt umgehend einen Termin, wenn man Probleme hat, auch bei so "banalen" Dingen wie Geld für eine kaputte Waschmaschine, gespeist aus dem Fonds der KPÖ, in die jeder Kommunist mit einem Mandat einzahlt. Am "Tag der offenen Konten", dem 28. Dezember, legen Kahr und die anderen Abgeordneten dann dicke Aktenordner mit den Belegen der einzelnen Hilfsaktionen vor. Das kommt gerade zur Weihnachtszeit gut an.

KPÖ: Christlich-sozialer als die ÖVP, sozialdemokratischer als die SPÖ

Diese Art von Arbeit an der politischen Basis sorgt für hervorragende Mundpropaganda -  auch Bürgerliche können der Arbeit der KPÖ etwas abgewinnen, wie Politikberater Thomas Hofer im "Ö1 Morgenjournal" erklärt . Traditionelle ÖVP-Wähler, die dem christlichsozialen Grundgedanken der einstigen Schwarzen nachtrauern, fühlen sich von der KPÖ, die sich demonstrativ um sozial Schwache kümmert, angesprochen. Damit kann die KPÖ in Graz auch im Wählerpool der SPÖ fischen. 

Dass Schwarz-Blau 2017 Kahr ihr Leib- und Magenressort "Wohnen" entzog und an FPÖ-Chef Mario Eustacchio übergab, dürfte ebenfalls nicht gut angekommen sein. Die FPÖ wurde bei der aktuellen Wahl mit einem Verlust von 4,6 Prozent von den Wählern abgestraft. Kahr führte nach Kalteneggers Rückzug den legendären "Mieternotruf" weiter - dies auch, als die Kommunisten gar nicht mehr für das Wohnbauressort zuständig waren.

Graz ist kommunistisch

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  • Mit fast 30 Prozent der Wählerstimmen sorgten die Kommunisten in Graz bei der Wahl für eine Sensation. Der große Verlierer ist die ÖVP. Aber was ist das Erfolgsrezept der KPÖ, das selbst den Kanzler "nachdenklich" stimmt?