Handel mit "Dschihadisten-Droge": Polizist löschte wichtige Daten
Im März wurde am Landesgericht Salzburg ein monatelanger Prozess um einen groß angelegten Handel mit der "Dschihadisten-Droge" Captagon in erster Instanz entschieden. Insgesamt 14 Angeklagten wurde vorgeworfen, rund 13,8 Millionen Pillen mit einem geschätzten Verkaufswert von 40 Millionen Euro nach Saudi-Arabien geschmuggelt zu haben. Umschlagplatz war dabei offenbar eine Pizzeria in der kleinen Flachgauer Ortschaft Bürmoos.
Sechs Angeklagte wurden freigesprochen, acht weitere nicht rechtskräftig zu teils langjährigen Haftstrafen verurteilt.
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Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen. Und, wie die "Salzburger Nachrichten" nun berichten, dürfte es dabei zu einer erheblichen Polizei-Panne gekommen sein. Ein Polizist des Innenministeriums soll "irrtümlich" sämtliche Daten aus der mehrjährigen Telefonüberwachung zum Captagon-Akt gelöscht haben.
Wiederherstellung unmöglich
Die Datensätze zu Tausenden ab dem Jahr 2018 abgehörten Telefonaten zwischen den Angeklagten seien laut den "SN" vorliegenden Unterlagen "versehentlich unwiederbringlich gelöscht worden" - obwohl kein Auftrag zur Löschung ergangen war bzw. das Verfahren nicht rechtskräftig abgeschlossen ist. Es soll noch versucht worden sein, die Daten wiederherzustellen, das gelang aber selbst einer IT-Firma nicht.
Manipulations-Vorwürfe
Zudem erhebt der Verteidiger von drei Angeklagten schwere Vorwürfe gegen die Kriminalpolizei: Anwalt Kurt Jelinek spricht in seinen Nichtigkeitsbeschwerden an den Obersten Gerichtshof gegen die Verurteilungen am Landesgericht Salzburg laut "SN" wörtlich von "hinreichend indizierten großangelegten Manipulationen des LKA Salzburg im Rahmen des Ermittlungsverfahrens".
Der Kronzeuge bzw. Hauptbelastungszeuge der Staatsanwaltschaft soll bereits 2018 in Kontakt mit dem leitenden Ermittler gestanden sein und für diesen als Vertrauensperson bzw. Informant gearbeitet haben. Dem Ermittlungsakt zufolge soll der Kronzeuge allerdings erst 2020 erstmals zur Polizei gegangen sein und angeblich von sich aus über den mutmaßlichen Handel von Millionen Pillen Captagon "ausgepackt haben".
Handfeste Indizien, so Jelinek, würden dafür sprechen, dass - entgegen der Darstellung im Akt - die Ermittler den Kronzeugen wohl gegen Belohnung heimlich dafür eingesetzt haben, um die Angeklagten in - überwachten - Telefonaten mit diesen zu belastenden Angaben bzw. Geständnissen zu verleiten.
Zusammenfassung
- Im Salzburger Drogenprozess um rund 13,8 Millionen nach Saudi-Arabien verkaufte Pillen der sogenannten "Dschihadisten-Droge" Captagon, soll die Polizei sämtliche Daten der Handyüberwachung verloren haben.
- Zudem erhebt der Verteidiger von drei Angeklagten schwere Vorwürfe gegen die Kriminalpolizei.