puls24 Logo

Ex-Rechtspraktikant von Amtsmissbrauch freigesprochen

28. März 2025 · Lesedauer 3 min

Gegen einen 27-jährigen Juristen, der 2023 im Wiener Landesgericht für Strafsachen als Rechtspraktikant tätig war, ist am Freitag ebendort verhandelt worden. Ihm wurde Amtsmissbrauch angelastet, weil er nach seiner Tätigkeit im Grauen Haus - er hatte seine Ausbildung am Landesgericht für Zivilrechtsachen fortgesetzt - über die Verfahrensautomation Justiz (VJ) bzw. das Task Management weiterhin in personenbezogene Daten Einschau genommen hatte. Er wurde am Ende freigesprochen.

"Es ist ein eher ungewöhnlicher Fall", sagte die Staatsanwältin zu Beginn der Verhandlung. Sie skizzierte zunächst, wie wichtig Rechtspraktikanten für die Aufrechterhaltung des Justizbetriebs sind: "Das sind Systemerhalter. Ohne die könnten wir den Laden nicht schupfen. Sie erledigen viel und sehen alles, was im Akt ist." Bei Ermittlungsakten handle es sich um "besonders sensible Daten", die Sensibilität dafür habe zugenommen. Der Angeklagte habe in Bestandteile von elektronischen Akten Einsicht genommen und damit gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen verstoßen.

Der Angeklagte war einer erfahrenen Strafrichterin zugeteilt. Als der Rechtspraktikant längst den Dienstort gewechselt hatte, fiel dieser Richterin auf, dass es unter seinem Namen weiter Zugriffe auf ihre Strafakten gab. Sie meldete das ans Oberlandesgericht (OLG), in weiterer Folge wurde gegen den Juristen Anzeige erstattet, der sich gerade auf seine Übernahmeprüfung aufs Richteramt vorbereitete.

"Er wollte Richter werden. Seine Dienstbeschreibung war sehr gut, er wurde als 'Gewinn' und 'wissbegierig' bezeichnet", hielt Verteidiger Otto Dietrich fest. Er sei "von den Socken" gewesen, als er von dem Strafverfahren gegen seinen Mandanten Kenntnis erlangte, "weil ich es als Jurist und Mensch sehr ungerecht empfinde. Er wird verfolgt für etwas, was ein Fehler im System ist."

Angeklagter hatte weiterhin Zugriffsberechtigung

Der Angeklagte hatte sich den Zugang zur VJ nämlich nicht erschlichen. Er war nach wie vor freigeschaltet und hatte eine Zugriffsberechtigung. Der Angeklagte habe nicht in Schädigungsabsicht auf "interessante Akten" zugegriffen, versicherte der Verteidiger: "Warum hätte er das riskieren sollen? Er wollte Richter werden."

Der 27-Jährige, dessen Karrierepläne sich infolge der Anzeige zerschlagen haben - er wurde nicht als Richter übernommen -, behauptete in seiner Einvernahme, er habe nach seiner Zeit am Landesgericht die von ihm betreuten Akten "im Hinblick darauf, ist da was strafprozessual Interessantes passiert", weiter verfolgt. Er sei sich keiner Schuld bzw. keines Fehlverhaltens bewusst gewesen: "Mein Bestreben war, so viel wie möglich zu lernen für die Gerichtspraxis."

Freispruch nicht rechtskräftig

Der erkennende Schöffensenat kam zum Schluss, dass beim Angeklagten kein wissentlicher Befugnismissbrauch gegeben sei. "Wir konnten Ihnen nicht nachweisen, dass Sie gewusst haben, dass Sie nicht reinschauen durften." Dem ehemaligen Rechtspraktikanten, der inzwischen als Vertragsbediensteter beschäftigt ist, wurde seitens des Gerichts zugebilligt, "aus Interesse am Richterberuf und zur Vorbereitung auf wichtige Prüfungen" gehandelt zu haben.

Der Freispruch ist nicht rechtskräftig. Die Staatsanwältin gab vorerst keine Erklärung ab - die Causa ist berichtspflichtig, eine Rechtsmittelerklärung bedarf daher der Zustimmung der Oberstaatsanwaltschaft (OStA).

Zusammenfassung
  • Ein 27-jähriger Jurist wurde vom Vorwurf des Amtsmissbrauchs freigesprochen, nachdem er trotz Dienstortwechsels weiterhin auf personenbezogene Daten zugriff.
  • Der Freispruch ist nicht rechtskräftig, da die Staatsanwältin vorerst keine Erklärung abgab, und die Causa berichtspflichtig ist.
  • Der Angeklagte hatte weiterhin Zugriffsberechtigung und handelte aus Interesse am Richterberuf, was jedoch seine Karrierepläne als Richter zerstörte.