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Erzbischof von Manipur: 249 Kirchen binnen 36 Stunden zerstört

Christliche Orte wurden Ziele der Gewaltwelle nordost-indischen Unionsstaat mit mehr als 100 Toten und über 50.000 Vertriebenen.

Eine verheerende Bilanz der Welle der Gewalt, die sich seit Anfang Mai im indischen Unionsstaat Manipur entladen hat, hat die katholische Kirche in dem nordöstlichen Unionsstaat gezogen. Neben den 100 Todesopfern und über 50.000 Vertriebene hätten die Unruhen auch die Zerstörung von insgesamt 249 Kirchen binnen 36 Stunden zur Folge gehabt, erklärte der Erzbischof von Manipurs Hauptstadt Imphal, Dominic Lumon, laut Kathpress.

Die Zusammenstöße zwischen dem überwiegend hinduistischem Volk der Meitei und den überwiegend christlichen Kuki hätten zwar vor allem ethnischen Hintergrund, doch habe es auch etliche religiös motivierte Angriffe gegeben.

"In jedem der über 200 angegriffenen Kuki-Dörfer gab es entweder eine oder mehrere Kirchen, je nach Anzahl der christlichen Konfessionen", erklärte der Erzbischof. Insgesamt 249 Kirchen seien somit vom aufgebrachten Mob der Meitei zerstört worden - "mit großer Präzision innerhalb von 36 Stunden nach Beginn der Gewalt". Überwiegend gehörten die Kukis protestantischen Konfessionen wie etwa der Baptistenkirche an, doch seien laut dem Bericht auch zehn katholische Einrichtungen angegriffen, geplündert und meist auch niedergebrannt worden.

Unruhen nach Protesten gegen "Scheduled Tribes"

Die Unruhen in Manipur, einem der kleinsten und entlegensten Unionsstaaten Indiens, waren losgebrochen, als sich am 3. Mai Tausende von Menschen zu einer Kundgebung versammelten, um gegen die Aufnahme der Meitei in die Kategorie der indischen "Scheduled Tribes" zu protestieren. Die Demonstranten befürchteten, dass die Meitei, die mehr als die Hälfte der Bevölkerung des Unionsstaates ausmachen, dadurch einen besseren Zugang zu Land, Arbeitsplätzen und anderen Ressourcen auf Kosten anderer ethnischer Gruppen erhalten würden.

Die Meitei leben im stärker entwickelten zentralen Imphal-Tal des Unionsstaates, dürfen sich aber nicht in den umliegenden Bergregionen niederlassen, die 90 Prozent des Unionsstaates ausmachen. Die Bergregionen sind für die lokale Stammesbevölkerung reserviert, die auch im Tal leben darf. Die Demonstrationen vom 3. Mai waren von der mit einem Bergstamm der Kukis verbundenen All Tribal Students' Union Manipur organisiert worden. Die Versammlung artete in Gewalt aus, wobei unklar ist, was die Scharmützel auslöste. In den Folgetagen griffen bewaffnete Mobs Autos, Häuser und Kirchen der Kukis an und setzten sie in Brand.

Die staatlichen Behörden kappten das Internet, als Truppen anrückten, um die Ordnung wiederherzustellen, mit der Erlaubnis, "bei Sichtkontakt zu schießen". Angaben von indischen Priestern gegenüber dem Onlineportal "The Pillar" zufolge ist eine Beurteilung der aktuellen Lage schwierig, da es einen Internet-Blackout und Einschränkungen bei der Berichterstattung gebe. Aufgrund der Ausgangssperre könnten selbst die Bewohner des Unionsstaates die Entwicklungen kaum verfolgen, und es gebe viele unbestätigte Gerüchte. Ein Andauern der Gewalt sei jedoch wahrscheinlich. Berichte neuerlicher Gewalt gab es schließlich Anfang Juni aus der Ortschaft Sugnu, wo die katholische Kirche und umliegende kirchliche Gebäude angezündet sowie ein Kloster der franziskanischen Klarissen von Randalierern besetzt wurden.

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  • Christliche Orte wurden Ziele der Gewaltwelle nordost-indischen Unionsstaat mit mehr als 100 Toten und über 50.000 Vertriebenen.