Erster Nachweis der Vogelgrippe in der Antarktis
"Die Vogelgrippe könnte in der Antarktis eine Umweltkatastrophe ersten Grades auslösen", sagte der Meeresbiologe Ralf Sonntag von der Umweltschutzorganisation Pro Wildlife zu den Nachweisen. Bis zu 100 Millionen Seevögel haben demnach dort ihre Brutgebiete, fünf Pinguin-Arten wie Kaiser- und Adelie-Pinguine kämen nur dort vor. Zudem lebten in der Region Robbenarten wie Weddellrobbe und Seeleopard.
Nach Berichten über kranke und tote Skuas waren dem BAS zufolge Proben genommen und in Großbritannien ausgewertet worden. Vermutlich haben demnach von ihrer Wanderung nach Südamerika zurückkehrende Vögel das Virus eingeschleppt. Dieser - von Erkrankungswellen zuvor stets verschont gebliebene - Kontinent ist derzeit stark betroffen.
BAS betreibt eine Forschungsstation auf Bird Island. Auf der Insel leben nach Angaben der Forscher Kolonien verschiedener Seevogelarten, darunter Wander-, Schwarzbrauen- und Graukopfalbatrosse, Riesensturmvögel sowie Goldschopf- und Eselspinguine.
Der Ausbruch, verursacht von einer Variante des Vogelgrippe-Subtyps H5N1, hatte im Herbst 2021 begonnen. Er führte zum Tod zahlreicher Seevögel - und in geringerem Maße auch von Säugetieren - in der nördlichen Hemisphäre, im Süden Afrikas, im Atlantik, im Pazifik und in Südamerika. An der dortigen Pazifikküste wurden seit Ende vorigen Jahres zunächst in Peru und später auch in Chile tausende tote Meeresbewohner gefunden - etwa Pelikane, Pinguine, Meeresotter, Robben und Meeressäuger.
An der Atlantikküste wurden im Sommer in Uruguay und Argentinien tote Seelöwen entdeckt. Insgesamt wurden in Südamerika bisher etwa 15.000 tote Robben registriert. Ob es bereits zu Übertragungen des Virus zwischen Säugetieren kam, ist Experten zufolge noch ungeklärt. Für Menschen gilt der Erreger bisher als weitgehend ungefährlich.
Auch Europa, wo die klassische Vogelgrippe-Saison nun gerade bevorsteht, ist weiterhin stark betroffen. Ende September schrieb das zuständige Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) in einem Bericht mit Datenstand Juli/August, dass über ganz Europa verteilt gehäuft Todesfälle in Brutvogelkolonien von Küstenvögeln auftreten, "die teilweise den Umfang lokaler Massensterben angenommen haben". Betroffen waren etwa Möwen, Seeschwalben und Basstölpel. Zudem starben unter anderem Katzen, Füchse, Marder, Nerze und Seehunde.
Timm Harder, Leiter des Instituts für Virusdiagnostik am FLI in Greifswald, stuft Vogelarten, die bisher nie in Kontakt mit der Vogelgrippe waren, als besonders gefährdet ein. "Wir wissen, dass einige Pinguin-Arten für das Virus empfänglich sind", sagte er. "Wenn die Viren von Südamerika aus in die großen antarktischen Pinguin-Populationen einbrechen würden, muss man mit schlimmen Folgen rechnen."
Harder geht davon aus, dass auch Australien und Ozeanien nicht verschont bleiben werden. "Das ist nur eine Frage der Zeit."
Zusammenfassung
- Bisher galt die Antarktis neben Australien und Ozeanien als letzte vom aktuellen Vogelgrippe-Ausbruch verschonte Region der Erde.
- Nun aber gebe es dort Nachweise des Erregers bei Vögeln auf der kleinen Insel Bird Island im Südpolarmeer, teilte die Polarforschungsorganisation British Antarctic Survey (BAS) mit.
- Betroffen seien die Braunen Skuas, auch Subantarktik-Skua genannt, die zu den Raubmöwen zählen.