APA/APA/KERSTIN SCHELLER/KERSTIN SCHELLER

"Eiskalte Hinrichtung": Lebenslang für Schüsse auf Ex-Schwager

Jener inzwischen 38-Jährige, der im März seinen Ex-Schwager in Grünburg (Bezirk Kirchdorf) mit zwei Schüssen tötete, wurde am Mittwoch zu lebenslanger Haft verurteilt. Die Geschworenen votierten einstimmig für schuldig im Sinne der Anklage.

Die Richterin am Landesgericht Steyr begründete die Höchststrafe damit, dass es sich um ein"eiskalte Hinrichtung" gehandelt habe. Derartiges suche "Seinesgleichen" und müsse "entsprechend streng" geahndet werden. Der Angeklagte kündigte Berufung gegen die Strafhöhe an, das Urteil selbst ist aber rechtskräftig.

Der Angeklagte dürfte wohl auch überlegt haben, den Ex seiner Freundin und seinen ehemaligen Chef zu erschießen.

In der Nacht auf den 5. März fuhr der damals noch 37-Jährige angetrunken zu seinem Ex-Schwager und läutete an der Haustür. Dieser öffnete, mit Hilfe seiner Lebengefährtin gelang es ihm aber anfangs, die Tür wieder zu schließen.

Tür aufgeschossen

Der nun Verurteilte feuerte aber dann mit seiner Waffe in das Glaselement der Türe und kam so ins Haus. Dort soll er zwei tödliche Schüsse auf das Opfer abgegeben haben, bevor er mit seinem Pkw nach Hause flüchtete, wo er später festgenommen wurde.

Nichte und Neffe als Motiv

Als Motiv nannte er, er habe seine Nichte und seinen Neffen - die Kinder der Schwester und des 43-jährigen Opfers -, die seit der Scheidung 2017 beim Vater lebten, weg holen wollen.

Ein derartig "kaltes, menschenverachtendes Verhalten" habe er in den 25 Jahren seiner Tätigkeit noch nicht erlebt, meinte der Staatsanwalt. Denn nicht nur, dass der Angeklagte mit einer Glock "mit absolut tödlichem Kaliber" den "unliebsamen Ex-Schwager" beseitigt habe, sammelte er nach den Schüssen im Haus alle Handys ein, damit keine Hilfe geholt werden könne. Danach sei er zum mittlerweile 13-jährigen Neffen in den ersten Stock gegangen, holte diesen und zwang ihn, den toten Vater anzusehen.

Er habe es "nicht anders verdient", zitierte der Staatsanwalt aus dem Einvernahmeprotokoll. Mehrmals habe der Angeklagte gemeint, "ich habe die Sache bereinigt". Damit meinte er, dass eine aus seiner Sicht vom Gericht falsch getroffene Obsorge-Entscheidung, wonach die Kinder zum Vater und nicht zur Mutter gekommen sind, korrigiert wurde.

Kinds-Mutter nicht beteiligt

Seine Schwester will ihn jedoch nicht zum Handeln aufgefordert haben, im Februar 2023 habe sie entschieden, zum Wohle der Kinder die Obsorge bis auf Weiteres bei ihrem Ex und dessen neuer Familie zu belassen, meinte die 41-Jährige vor Gericht. Sie erklärte, dass dies den angeklagten Bruder sehr aufgewühlt habe.

Der Verteidiger schilderte seinen Mandanten als nicht "aggressivaffin" und "harmoniebedürftig", wie er dem psychiatrischen Gutachten entnahm. Der jahrelange Sorgerechtsstreit der Schwester habe an ihm "genagt und genagt und genagt", sagte auch er. "Ich habe gesehen, wie meine Schwester unter ihm leidet", der Ex-Schwager sei ein "Narzisst mit pathologischen Eigenschaften" gewesen, sagte der Angeklagte. Aber er habe eben verhindern wollen, dass seine beiden Patenkinder so werden wie ihr Vater. Die zwei hat der Beschuldigte seit 2018 nicht mehr gesehen.

Nach Wirtshausbesuch Pistole geholt

Am Abend der Tat sei er mit einem Kumpel im Gasthaus gewesen, habe sieben Halbe Bier getrunken und sich mit ihm über Probleme in der eigenen Beziehung aber auch über Autos und die Arbeit unterhalten. Was dann passiert sei, wisse er auch nicht so genau. In ihm habe "sich ein Schalter umgelegt". "Gegen 23.30 Uhr sind Sie mit welchem Vorsatz weggefahren?", wollte die Richterin wissen. "Wohl schon", um den Ex-Schwager zu töten, räumte er ein. So habe er noch von daheim die Pistole geholt. Vorher habe er noch nie daran gedacht, dem Ex-Schwager etwas anzutun. Der Verteidiger hatte daher vielmehr von "Totschlag im Affekt" gesprochen.

Ex-Chef und Ex der Freundin auch im Visier

Mittlerweile sei ihm bewusst, was er getan habe und es tue ihm leid, sagte der 38-Jährige dem Geschworenengericht. Nach der Tat hingegen habe er noch den "Gedankengang" gehabt, dem Ex seiner Freundin und seinem ehemaligen Chef "das gleiche" anzutun. Insgesamt hatte er in besagter Nacht drei Magazine für die Pistole dabei. Nach einem Anruf bei seiner Lebensgefährtin sei er aber heim gefahren.

"Er hat nichts", brachte die psychiatrische Sachverständige Adelheid Kastner den psychischen Zustand des Angeklagten auf den Punkt. Er sei zurechnungsfähig und habe nicht im Affekt gehandelt. Warum er mutmaßlich die Tat "aus heiterem Himmel" begangen habe, die auf den ersten Blick nicht zu seiner Persönlichkeit passe, erklärte sie mit der streitbaren Familiengeschichte des Angeklagten.

Endgültig "an die Grenze seiner Belastbarkeit kam er", als er eine schwierige Beziehung mit einer Frau einging. Er habe "in einem dauerndem Zermürbungsprozess gesteckt", was seiner Grundstruktur von hoher Harmoniebedürftigkeit widerspreche. Er kam zu dem Schluss, Grund "allen Übels" seien narzisstische Männer wie der Ex-Partner seiner Freundin, der Ex-Mann der Schwester und sein Ex-Chef, führte Kastner weiter aus. Eigentlicher Adressat seines extremen Unmuts hätte aus Sicht der Sachverständigen die extrem eifersüchtige Partnerin sein müssen. Doch der frühere Freund habe sie zu dem gemacht, dachte sich der Angeklagte anscheinend. Darauf habe er beschlossen, die Narzissten in seinem Umfeld zu beseitigen. Ein Urteil ist für den späten Abend geplant.

ribbon Zusammenfassung
  • Jener inzwischen 38-Jährige, der im März seinen Ex-Schwager in Grünburg (Bezirk Kirchdorf) mit zwei Schüssen tötete, wurde am Mittwoch zu lebenslanger Haft verurteilt.
  • Die Geschworenen votierten einstimmig für schuldig im Sinne der Anklage.
  • Ein derartig "kaltes, menschenverachtendes Verhalten" habe er in den 25 Jahren seiner Tätigkeit noch nicht erlebt, meinte der Staatsanwalt.