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Libyen: 5.200 Tote und Tausende Vermisste nach Unwetter

Nach dem Sturm und Überschwemmungen im Osten Libyens werden noch Tausende Menschen vermisst, laut einem Ministeriumssprecher sind rund 5.200 Menschen gestorben.

Nach dem verheerenden Unwetter in Libyen ist das Ausmaß der Zerstörung am Dienstag langsam sichtbar geworden.

Ein Ministeriumssprecher sprach am Dienstag von 5.200 Toten. Während Retter und Angehörige nach Überlebenden suchen, gelten laut Rotem Kreuz rund 10.000 Menschen als vermisst. Allein in der Hafenstadt Darna starben nach Angaben der Rettungskräfte mehr als 2.300 Menschen. Etwa 7.000 weitere Menschen seien verletzt worden, teilte am Dienstag ein Sprecher der libyschen Not- und Rettungsdienste mit.

"Überall liegen Leichen"

"Die Lage ist sehr katastrophal. Überall liegen Leichen - im Meer, in den Tälern, unter den Gebäuden", sagte Luftfahrtminister der im Osten herrschenden Regierung, Hichem Chkiuat. Er rechne damit, dass die endgültige Zahl der Opfer "sehr, sehr hoch" sein werde. "Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass 25 Prozent der Stadt verschwunden sind." Viele Gebäude seien eingestürzt.

Mehr als 300 Opfer wurden nahe Darna in Massengräbern beerdigt. "Erst wurden diejenigen begraben, deren Identität festgestellt wurde", sagte ein Augenzeuge. "Wegen des Stromausfalls und fehlender Plätze für die Leichen wurden die anderen Toten fotografiert und dann begraben, um sie später identifizieren zu können". Unter den Opfern sollen sich ganze Familien befinden, die zusammen beerdigt wurden.

Schwerste Regenfälle seit 40 Jahren

Osama Ali, ein Sprecher der örtlichen Notdienste, berichtete von den schwierigen Bemühungen der Retter. "Es gibt noch eine Straße, die in die Stadt führt, aber die Durchfahrt ist schwierig und gefährlich, da ein Teil der Straße zerstört ist und ein weiterer Einsturz aufgrund der riesigen Wassermengen erwartet wird." Darna liegt 900 Kilometer östlich der libyschen Hauptstadt Tripolis und zählt 100.000 Einwohner. Neben Darna waren auch andere Städte wie Al-Baida, Al-Mardsch, Susa und Schahat betroffen. Der Bürgermeister in Schahat sprach von rund 20.000 Quadratkilometern überfluteter Gebiete.

Die betroffenen Regionen wurden zu "Katastrophengebieten" erklärt. Die Regierung in der Hauptstadt Tripolis unter Ministerpräsident Abdul Hamid Dbaiba sprach von den schwersten Regenfällen seit mehr als 40 Jahren. Am Montag wurde dreitägige Staatstrauer ausgerufen. Die Katastrophe schien das Bürgerkriegsland zunächst zusammenzuschweißen, wie Helfer berichteten.

Derzeit kämpfen zwei verfeindete Regierungen - eine mit Sitz im Osten, die andere mit Sitz im Westen - um die Macht. Alle diplomatischen Bemühungen, den bis heute andauernden Bürgerkrieg friedlich beizulegen, scheiterten bisher. Der Konflikt wird durch ausländische Staaten zusätzlich befeuert. Die staatliche Ordnung ist in dem Land weitgehend zerfallen, zahlreiche Konfliktparteien ringen um Einfluss, nachdem Langzeitmachthaber Muammar al-Gaddafi 2011 gewaltsam gestürzt worden war.

Türkei entsendet Rettungskräfte

Experten drängten zu schneller internationaler Hilfe.

Die Türkei organisierte inzwischen die Entsendung von Rettungskräften. Man habe Flüge mit Bergungstrupps samt Rettungsbooten, Zelten und Versorgungsgütern an Bord organisiert, teilte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan auf der Onlineplattform X (vormals Twitter) mit.

Auch das Nachbarland Ägypten, die Vereinigten Arabischen Emirate und die Europäische Union sicherten Unterstützung zu.

Papst Franziskus zeigte sich "tief betrübt" über den Verlust von Menschenleben und die Zerstörung durch die Überschwemmungen in Libyen. Dies geht aus einem Telegramm hervor, das vom vatikanischen Staatssekretär, Kardinal Pietro Parolin, unterzeichnet wurde. Der Papst versichert seine Gebete für die von der Katastrophe Betroffenen, hieß es.

ribbon Zusammenfassung
  • Nach dem Sturm und Überschwemmungen im Osten Libyens werden nach Angaben des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz und Roten Halbmond noch etwa 10.000 Menschen vermisst.
  • Laut einem Ministeriumssprecher sind rund 5.200 Menschen ums Leben gekommen.