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Amnesty-Kritik nach tödlichem Polizeischuss in Frankreich

Nach dem tödlichen Schuss eines Polizisten auf den 17-jährigen Nahel in Frankreich hat Amnesty International neue Regeln für den Waffengebrauch der Ordnungskräfte gefordert. Die aktuellen Regeln seien "auf gefährliche Weise ungenau und lax", betonte der Europa-Direktor der Organisation, Nils Muiznieks, am Donnerstag. "Die Regeln beschränken den Einsatz von Schusswaffen nicht auf Fälle, in denen unmittelbare Gefahr für Leib und Leben besteht", erklärte Amnesty International.

Daher stünden sie nicht im Einklang mit internationalen Menschenrechtsstandards. Die Organisation verweist auf eine Gesetzesänderung von 2017 in Frankreich, nach der Polizisten Schusswaffen auch einsetzen dürfen, wenn sich Menschen weigern, ihr Fahrzeug anzuhalten.

Dies solle zwar nur geschehen, wenn "absolute Notwendigkeit" bestehe, dennoch habe sich seitdem die Zahl tödlicher Schüsse in solchen Fällen verfünffacht, betont die Organisation. "Es sind zu viele Menschen unter solchen Umständen von der französischen Polizei erschossen worden, in den meisten Fällen Schwarze oder Araber", sagte Muiznieks. Dies werfe die Frage auf: "Wie viele Nahels wurden nicht gefilmt?"

Die Proteste gegen den Tod des 17-Jährigen waren aufgeflammt, als ein Video Aussagen aus dem ersten Polizeiprotokoll als Lügen entlarvt hatte. Auf den Bildern war zu sehen, dass die Polizisten neben dem Auto standen und dieses nicht auf sie zufuhr, wie es zunächst geheißen hatte.

Amnesty prangert zudem einen "systematischen Rassismus" der französischen Ordnungskräfte an. Es seien noch immer keine Maßnahmen getroffen, um etwa Kontrollen zu verbieten, die gezielt Menschen anderer Hautfarbe oder ausländischer Herkunft treffen.

Die Organisation fordert zudem eine unabhängige Stelle, um Klagen gegen mögliches Fehlverhalten von Polizisten zu prüfen. Die französische Polizeiaufsicht ist in der Vergangenheit mehrfach in Kritik geraten, Vorwürfe nicht angemessen zu untersuchen.

Ein UNO-Ausschuss hatte Frankreich in der vergangenen Woche ebenfalls aufgefordert, gegen Rassismus bei den Sicherheitskräften vorzugehen. Das UNO-Komitee zur Beseitigung von Rassismus (Cerd) zeigte sich zutiefst besorgt über "die anhaltende Praxis des racial profiling in Verbindung mit exzessiver Gewaltanwendung". Das französische Außenministerium hatte die Kritik als "übertrieben" zurückgewiesen.

Der Tod des 17 Jahre alten Nahel, der sich zunächst geweigert hatte, sein Fahrzeug anzuhalten, hatte tagelange Unruhen in Frankreich ausgelöst.

ribbon Zusammenfassung
  • Nach dem tödlichen Schuss eines Polizisten auf den 17-jährigen Nahel in Frankreich hat Amnesty International neue Regeln für den Waffengebrauch der Ordnungskräfte gefordert.
  • Die aktuellen Regeln seien "auf gefährliche Weise ungenau und lax", betonte der Europa-Direktor der Organisation, Nils Muiznieks, am Donnerstag.
  • Amnesty prangert zudem einen "systematischen Rassismus" der französischen Ordnungskräfte an.