Al Gore mit scharfer Kritik an COP28-Gastgeber
Gore zeigte dabei auf große Bildschirme mit Satellitenbildern von den Orten mit dem größten Treibhausgasausstoß in den VAE. Andere Karten zeigten Pipeline-Lecks. Die Abu Dhabi National Oil Company (Adnoc) wird von Sultan Ahmed Al Jaber geleitet, der Konferenzpräsident der 28. Weltklimakonferenz (COP28) ist. Klimaaktivisten hatte dessen Ernennung in das Amt verärgert.
Gore und der unabhängige Emissionszähler Climate Trace hatten eine Botschaft in Dubai: Niemand kann seinen Treibhausgas-Ausstoß mehr verstecken. Mit einem Netzwerk aus 300 Satelliten und Künstlicher Intelligenz (KI) kann Climate Trace die Emissionen von mehr als 352 Millionen Standorten aus zehn Industriezweigen überwachen.
Nach den Daten der Gruppe stiegen die Treibhausgas-Emissionen der VAE im Jahr 2022 um 7,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Weltweit stiegen sie nur um 1,5 Prozent.
Gore lobte indes die Initiative von 50 Öl- und Gasunternehmen, darunter auch Adnoc, ihre Methanemissionen auf "nahezu null" zu reduzieren. Diese Zusage bezeichnete Gore als "wunderbar". "Aber wir werden messen, ob sie diese einhalten oder nicht", kündigte er an.
Die von Climate Trace am Sonntag veröffentlichten Daten zeigen, dass die weltweiten Treibhausgasemissionen zwischen 2015, dem Jahr des Pariser Klimaabkommens, und 2022 um 8,6 Prozent stiegen. Nur fünf Länder - China, die USA, Indien, Indonesien und Russland, waren für 75 Prozent des Ausstoßes verantwortlich. China allein verantwortete fast die Hälfte des weltweiten Anstiegs.
Gore warnte, dass die Länder sich zu einem Ausstieg aus fossilen Brennstoffen verpflichten müssten, wenn die diesjährige Weltklimakonferenz als "historischer" Erfolg gewertet werden solle. Bei dem bis zum 12. Dezember andauernden Treffen laufen harte Verhandlungen zur Zukunft der fossilen Energien.
Der Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen sei "die Lösung für die Klimakrise", sagte Gore unter donnerndem Applaus des Publikums. Zusammen mit dem Weltklimarat IPCC war Gore im Jahr 2007 für die Bemühungen, das Bewusstsein für den Klimawandel zu stärken, mit dem Friedensnobelpreis geehrt worden.
Indes sorgte Konferenzpräsident Al Jaber insofern für Aufregung, als er einem Bericht zufolge den wissenschaftlichen Konsens anzweifeln soll, dass ein Ausstieg aus den fossilen Energien zum Erreichen des internationalen 1,5-Grad-Ziels notwendig ist. Der "Guardian" und das "Centre for Climate Reporting" berichteten am Sonntag unter Berufung auf eigene Informationen, Al Jaber habe im November in einer Videoschalte unter anderem mit UNO-Vertretern gesagt, es gebe "keine Wissenschaft", die belege, dass der Ausstieg aus fossilen Energieträgern notwendig sei, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit zu begrenzen. In der Videokonferenz soll er dem Bericht zufolge behauptet haben, Entwicklung ohne die Nutzung fossiler Energien sei nicht möglich, "wenn man die Welt nicht in die Steinzeit katapultieren will".
Auf Anfrage des "Guardian" stritt die COP28-Präsidentschaft die Äußerungen zunächst nicht ab, teilte aber mit, Al Jaber habe sich darauf bezogen, dass auch der Weltklimarat in seinen Szenarien davon ausgehe, dass fossile Energien im Energiesystem der Zukunft weiter eine Rolle spielten - wenn auch eine kleinere. "Diese Geschichte ist nur ein weiterer Versuch, die Agenda der Präsidentschaft zu untergraben, die klar und transparent ist" und "greifbare Erfolge" verbuche, teilte später ein Sprecher der COP28 mit. Weiters hieß es: "Wir sind uns nicht sicher, was diese Meldung eigentlich aussagen soll. Nichts darin ist neu oder Breaking News." Weiter wurde in einem Statement betont: "Der COP-Präsident ist sich darüber im Klaren, dass der schrittweise Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe unvermeidlich ist und dass wir das 1,5-Grad-Ziel in Reichweite halten müssen."
Die führende Klimaforscherin Friederike Otto vom Imperial College London sagte zu dem Thema dem "Guardian": "Wenn der Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen auf der COP28 nicht gelingt, werden mehrere weitere Millionen Menschen in die Schusslinie des Klimawandels geraten." Dies wäre "ein schlimmes Vermächtnis" für die Konferenz in Dubai.
Der weltweite Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas ist eines der strittigsten Themen in Dubai. Die Emirate und mehrere andere Länder wollen weiter auf fossile Energien setzen und Technologien wie CO2-Speicherung oder -Abscheidung nutzen. Diese werden von Experten jedoch als wissenschaftlich umstritten, sehr teuer und nicht zeitnah im größeren Maßstab einsetzbar bewertet.
Zusammenfassung
- Bei der UNO-Klimakonferenz in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) hat der frühere US-Vizepräsident und Klimaschutz-Vorkämpfer Al Gore den Gastgeber wegen dessen Treibhausgasausstoßes angeprangert.
- Nach den Daten der Gruppe stiegen die Treibhausgas-Emissionen der VAE im Jahr 2022 um 7,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
- Bei dem bis zum 12. Dezember andauernden Treffen laufen harte Verhandlungen zur Zukunft der fossilen Energien.