84 Prozent der Apotheken lösen Engpässe mit Eigenherstellung
Einen Lieferengpass in einer Apotheke zu beheben, dauert laut den Befragten im Schnitt zwölf Minuten. 60 betroffene Patientinnen und Patienten am Tag mal zwölf Minuten bedeute, dass Apotheken jeweils zwölf Stunden am Tag nur mit Lieferengpässen beschäftigt sind oder zum Zeitpunkt der Befragung waren. "Das ist natürlich auch ein Riesen-Kostenfaktor", sagte Rose von der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität (PMU) in Salzburg. Die Studie wurde von 2023 bis heuer durchgeführt.
Die befragten Apotheker befürchteten, dass zehn Prozent der Therapien durch Lieferengpässe ernsthaft gefährdet sind. Die Kunden seien insgesamt sehr verunsichert. Auch Patienten wurden für die wissenschaftliche Erhebung befragt. Diese waren "einigermaßen zufrieden" mit den in den Apotheken angebotenen Lösungen, berichtete Rose. Am häufigsten kam es zu einem Wechsel auf ein anderes Medikament, gefolgt von einer kurzen Verzögerung bis zur Verfügbarkeit des benötigten Produkts.
Den Apothekern wurde von den befragten Patienten nur teilweise die Schuld für Lieferengpässe gegeben, zu 87 Prozent jedoch den Politikerinnen und Politikern. Die Pharmazeuten wünschten sich von der Politik mehr Freiheiten bei der Problemlösung und bessere Kommunikationsmöglichkeiten mit Ärztinnen und Ärzten.
Hersteller warnen vor Verengung auf Anbieterseite
Für die Herstellerseite wurde von den Forschenden der Generikaverband zu dem Thema Lieferengpässe befragt. Für diesen war das Hauptthema der Zukunft die Verengung auf der Anbieterseite. Logistische Probleme seien fast immer lösbar. Die Zulieferfirmen würden aber durch den Preisdruck immer weniger. "Wenn da nur noch einer über ist und dann was passiert, dann gibt's gar nix mehr", sagte Rose, Leiter der Forschungsgruppe Pharmakotherapie und translationale Forschung an der PMU.
Eine Rückverlagerung der Produktion nach Europa sei so gut wie ausgeschlossen, die Unternehmer könnten sich nicht vorstellen, dass das auf lange Sicht funktioniert. Die Pflicht in mehreren Ländern wie in Österreich, dass bei Großhändlern oder Apotheken mehr gelagert werden muss, "führt natürlich dazu, dass aus anderen Märkten abgezogen wird." Das sei überhaupt nicht sinnvoll aus Sicht der Hersteller und bleibe daher ein "frommer Wunsch", erläuterte Rose.
Zusammenfassung
- 84 Prozent der österreichischen Apothekerinnen und Apotheker greifen bei Lieferengpässen auf die Eigenherstellung von Arzneien zurück. Diese Engpässe betreffen 30 Prozent der Patientenkontakte, was etwa 60 Betroffene pro Tag bedeutet.
- Die Behebung eines Lieferengpasses dauert im Schnitt zwölf Minuten, wodurch Apotheken täglich zwölf Stunden mit der Bewältigung dieser Probleme beschäftigt sind. Zehn Prozent der Therapien könnten ernsthaft gefährdet sein.
- 87 Prozent der befragten Patienten geben Politikern die Schuld an den Lieferengpässen, während Hersteller vor einer Verengung auf der Anbieterseite warnen. Eine Rückverlagerung der Produktion nach Europa wird als unwahrscheinlich betrachtet.