12-Jährige missbraucht: Die verstörende Welt der "antons"

Im Fall der 12-jährigen Wienerin, die von 17 Jugendlichen missbraucht worden sein soll, wurden erste Handys ausgewertet. Die Chats, die PULS 24 vorliegen, deuten auf weitere Opfer, Gewalt, Drogen und Waffen hin. Dennoch sind alle auf freiem Fuß.

"Sie sagt hör auf und so". "Aber wallah sie macht nicht", beschwert sich ein Jugendlicher in einem Chat an seinen Freund über jene damals 12-Jährige, die über Monate hinweg von zumindest 17 Verdächtigen in Wien mehrmals missbraucht worden sein soll. "Sag zieh Hose runter", stachelt ihn der andere dennoch an. 

Die beiden gehören zu einer mutmaßlichen Bande, deren Wohnungen im Februar 2024 von der Polizei gestürmt wurden. Seither laufen die Ermittlungen wegen schweren sexuellen Missbrauchs Unmündiger.

Chats wie dieser sollen nun eindeutig beweisen, dass die Jugendlichen gegen den Willen der 12-Jährigen sexuelle Handlungen durchführten. Das Mädchen soll von ihnen über Monate weg - zwischen Februar und Ende Juni 2023 - in Stiegenhäusern, Parkgaragen und in einem Hotel schwer sexuell missbraucht worden sein.

Chat zwischen VerdächtigenPULS 24

Chat zwischen zwei Verdächtigen

PULS 24 liegen in dem Fall nun erste Handyauswertungen vor. Die Chats, Bilder und Videos, die die Ermittler auf einigen der Smartphones der 17 Verdächtigen - im Alter zwischen 13 und 17 Jahren - gefunden haben, geben tiefe Einblicke in die Welt der "antons". So benannte sich die Gruppe nach dem Antonspark in Wien-Favoriten selbst.

Weitere mögliche Opfer auf Bildern

Die Jugendlichen, die über Mädchen mehrmals frauenverachtend von "weibern" oder "chayas" schreiben, dürften, so legen es Chats nahe, noch weitere Opfer gehabt haben. Und sie könnten auch sonst tief im kriminellen Milieu verankert sein.

Auf den Handys von Verdächtigen wurden neben mutmaßlichen einschlägigen Missbrauchsdarstellungen von Unmündigen aus dem Internet, weitere Fotos und Videos gefunden. Diese könnten die Jugendlichen mutmaßlich bei sexuellen Handlungen mit Mädchen zeigen. Sie sollen sie selbst angefertigt haben und untereinander herumgeschickt haben.

Brisant: Auf den Aufnahmen könnten noch weitere mögliche minderjährige Opfer erkennbar sein, vermuten die Ermittler laut Akten.

Modus Operandi: Hotelzimmer gemietet

Offenbar hatte die Truppe einen Modus Operandi: Sie sollen – teils mit gefälschten E-Cards – Hotelzimmer in Wien angemietet haben, um dort Mädchen hinzulocken. Auf den Handys fanden Ermittler Buchungsbestätigungen für mehrere Tage in dem Hotel und Logins für das dortige W-LAN.

In Chats sprachen die Jugendlichen untereinander Einladungen zu diesen Treffen aus und schrieben explizit, was sie dort mit den Mädchen offenbar machen wollten.

Ermittler suchen Opfer

Die Bilder, die offenbar unter anderem in Hotelzimmern aufgenommen wurden, sollen untereinander auf Telegram, Snapchat oder TikTok herumgeschickt worden sein. Darauf zu erkennen etwa ein augenscheinlich durch Suchtmittel beeinträchtigtes Mädchen, mit nassen Haaren, am Boden auf Handtüchern kauernd. Andere Aufnahmen zeigen die Burschen bei sexuellen Handlungen mit Mädchen.

Die Ermittler versuchen momentan herauszufinden, wer die möglichen anderen Opfer sind - und, ob es sich ebenfalls um Minderjährige oder sogar um Unmündige - also unter 14 Jährige - handelt.

Die Verdächtigen dürften die Vorwürfe gegen sie unterdessen bestreiten. Keiner von ihnen wurde bislang in Untersuchungshaft genommen.

In den Akten tauchen ebenfalls Chats auf, die nahelegen, dass sich die Burschen in Sozialen Medien mit einem Fake-Profil als das 12-jährige Opfer ausgegeben haben, um so in ihrem Namen zu verbreiten, dass es sich ja um einvernehmlichen Sex gehandelt habe und sie selbst behauptet habe, dass sie ja schon 16 Jahre alt sei.

Waffen, Drogen, Gewalt

Doch: Wie die PULS 24 vorliegenden Akten zeigen, könnten die Ermittlungen gegen zumindest einige der "antons" sogar noch ausgeweitet werden.

Auf den Handys der Burschen wurden nämlich Aufnahmen gefunden, die wilde Schlägereien darstellen. Außerdem posierten mehrere der Jugendlichen auf den Straßen Wiens mit Waffen – darunter Pistolen, Elektroschocker und Springmesser.

Sogar Drogenhandel könnte im Spiel sein. In den Chats tauchen Fotos mit Joints und größeren Mengen Cannabis auf Waagen und in Päckchen auf. Die Burschen sollten sich über Drogenkauf im Darknet ausgetauscht haben.

Ebenfalls könnte den Verdächtigen Raub oder Diebstahl vorgeworfen werden. Sie posteten Bilder von Mopeds, schrieben über mögliche Autodiebstähle – einer will in einem Chat gar von einer Befreiungsaktion bei einer Gefangenenüberstellung gewusst haben.

"Überhaupt keine Einsicht"

Sascha Flatz, der Anwalt der 12-Jährigen, spricht angesichts der Handyauswertungen jedenfalls von einem "verstörenden Bild". Es werde umfangreich ermittelt, aber es sei schwer, mögliche weitere Opfer zu finden.

Als Anwalt mache ihn besonders "wütend", dass bei den Verdächtigen "überhaupt keine Einsicht" herrsche – und man offenbar sogar noch versuchte, einen Chat zu fälschen. Die Auswertung weiterer Handys geht unterdessen weiter.

Auf PULS 24 Anfrage äußerte sich die Staatsanwaltschaft Wien bisher nicht. 

ribbon Zusammenfassung
  • Im Fall der 12-jährigen Wienerin, die von 17 Jugendlichen missbraucht worden sein soll, wurden erste Handys ausgewertet.
  • Die Chats, die PULS 24 vorliegen, deuten auf weitere Opfer, Gewalt, Drogen und Waffen hin. Dennoch sind alle auf freiem Fuß.
  • Sascha Flatz, der Anwalt der 12-Jährigen, spricht angesichts der Handyauswertungen jedenfalls von einem "verstörenden Bild". Es werde umfangreich ermittelt, aber es sei schwer, mögliche weitere Opfer zu finden.
  • Auf PULS 24 Anfrage äußerte sich die Staatsanwaltschaft Wien bisher nicht.