104 Opfer von Menschenhandel 2022 in Österreich identifiziert
Der Großteil der Opfer stammt aus Drittstaaten wie dem Irak oder Indien, die Betroffenen wurden als Arbeiter missbraucht. 49 Tatverdächtige (41 Männer und acht Frauen) wurden angezeigt. Im Vorjahr wurden außerdem 26 weibliche Opfer von grenzüberschreitendem Prostitutionshandel erkannt. 20 Tatverdächtige (14 Männer und sechs Frauen) wurden deshalb angezeigt.
Acht weibliche Opfer von Menschenhandel waren minderjährig, bei der grenzüberschreitenden Prostitution war ein Opfer noch keine 18 Jahre alt, geht aus dem am Dienstag veröffentlichten "Lagebericht 2022" zu Schlepperei, Menschenhandel und illegales Glücksspiel des Innenministeriums hervorgeht.
Ausbeutung im Verborgenem
Opfer von Menschenhandel sind in der zivilen Gesellschaft kaum sichtbar, die Ausbeutung findet im Verborgenen statt, steht im Bericht. Österreich befindet sich aufgrund der geografischen Lage in einer besonderen Position, da es in diesem Kriminalitätsbereich nicht nur Transit-, sondern auch Zielland ist.
Bei den Tatverdächtigen bezüglich Menschenhandels stammten die meisten aus Rumänien (zwölf), gefolgt von der Türkei (zehn) und Ungarn (vier). Fünf Verdächtige waren im Vorjahr Österreicher. Beim grenzüberschreitenden Prostitutionshandel waren acht Verdächtige aus Rumänien, sechs aus Bulgarien und drei aus Ungarn.
Vier Mädchen Opfer von Kinderhandel
21 weibliche Opfer von Menschenhandel wurden im Vorjahr sexuell ausgebeutet - drei davon waren noch minderjährig. 75 Betroffene - 69 Männer und sechs Frauen - wurden wegen ihrer Arbeitskraft ausgebeutet, eine Person war noch keine 18 Jahre alt.
Zwei Männer und zwei Frauen wurden im Bereich Bettelei als Opfer erkannt. Außerdem wurden in drei Ermittlungsverfahren von Kinderhandel vier minderjährige weibliche Opfer identifiziert.
Von Menschenhandel Betroffene sind häufig verängstigte und verunsicherte Personen, die die Schuld für ihre Situation bei sich selbst suchen, schreiben die Experten im Lagebericht. Meist bildet ein illegaler Aufenthalt oder illegale Beschäftigung eine große Hemmschwelle.
Die Behörden sind daher angehalten, proaktiv zu handeln, um Opfer des Menschenhandels zu identifizieren und hilflosen Personen, die sich selbst nicht ausreichend schützen können, einen besonderen Schutz zu bieten, so die Experten.
Bedenkliche Arbeitsbedingungen am Bau und in der Landwirtschaft
Die pandemiebedingten Lockdowns und Einschränkungen der Reise- und Bewegungsfreiheit im Vorjahr zeigten deutliche Auswirkungen auf sexuelle Ausbeutung und Bettelei, dadurch wurden bestehende Notlagen weiter verschärft.
Die Täter übten noch größeren Druck oder Zwang auf ihre Opfer aus, damit diese den vorgegebenen "finanziellen Erlös" erbrachten. Im Baugewerbe und in der Landwirtschaft wurden ebenso äußerst bedenkliche Arbeitsbedingungen festgestellt. Es zeigte sich deutlich, dass wirtschaftliche Zwangslagen und die Ausbeutung durch Menschenhandel eng verbunden sind, heißt es im Bericht.
Pandemie und Prostitution
Die Pandemie brachte im Vorjahr auch im Bereich der Prostitution noch Einschränkungen für Sexdienstleisterinnen und Sexdienstleister (SDL), wie beispielsweise durch die Ein-/Ausreisebestimmungen oder aufgrund der geschlossenen Etablissements (Arbeitsverbot).
Vielen Betreiberinnen und Betreibern von Etablissements und Begleitagenturen war eine Öffnung nicht mehr möglich und es wurde ein starker Anstieg der illegalen Prostitution festgestellt. Im Vorjahr wurden in Österreich insgesamt 617 Rotlichtlokale betrieben - 2021 waren es 641 gewesen.
Keine Bordellgenehmigungen in Vorarlberg
Die Lokale wurden laut dem Bericht hauptsächlich als Bordelle, Laufhäuser, Sauna- beziehungsweise Wellnessclubs, Go-Go-Bars, Table-Dance-Lokale und Studios geführt wurden. Die meisten Rotlichtlokale befanden sich 2022 in Wien (312), gefolgt von Oberösterreich (85) und der Steiermark (74).
In Tirol gab es 35 und in Salzburg 37 Etablissements, Bordelle und Table-Dance-Lokale. Dahinter folgten Niederösterreich (32), Kärnten (19) und das Burgenland (14). In Vorarlberg werden von der Behörde keine Bordellgenehmigungen erteilt.
Bei den dortigen neun Etablissements handelt es sich ausschließlich um Table-Dance-Lokale und rotlichtnahe Betriebe. Österreichweit waren im Vorjahr 5.279 Sexdienstleisterinnen und Sexdienstleiter (SDL) tätig, im Jahr davor waren es 5.018 gewesen.
Hinweis: Im Bundeskriminalamt gibt es eine Menschenhandel-Hotline. Hier haben Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit, auch anonym Hinweise zu Menschenhandel zu geben. Sie ist unter +43 677 61 34 34 34 sowie via Mail menschenhandel@bmi.gv.at oder humantrafficking@bmi.gv.at erreichbar.
Zusammenfassung
- Im Vorjahr wurden außerdem 26 weibliche Opfer von grenzüberschreitendem Prostitutionshandel erkannt.
- Opfer von Menschenhandel sind in der zivilen Gesellschaft kaum sichtbar, die Ausbeutung findet im Verborgenen statt, steht im Bericht.
- 21 weibliche Opfer von Menschenhandel wurden im Vorjahr sexuell ausgebeutet - drei davon waren noch minderjährig.
- Zwei Männer und zwei Frauen wurden im Bereich Bettelei als Opfer erkannt.