Menschenrechtsexperte: Impfpflicht und Lockdown für Ungeimpfte zulässig

Grund- und Menschenrechtsprofessor Michael Lysander Fremuth hält eine Impfpflicht, die Kinderimpfung und einen Lockdown für Ungeimpfte für zulässig. Der Schutz der Allgemeinheit stehe vor dem autonomen Recht, über seinen Körper zu entscheiden.

"Die Impfpflicht ist ohne Zweifel ein Eingriff in die persönliche Freiheit von Menschen, und zwar insbesondere in die körperliche Unversehrtheit und in das Recht, autonom über den Körper zu entscheiden", urteilt Michael Lysander Fremuth, wissenschaftlicher Direktor des Ludwig Boltzmann Instituts für Grund- und Menschenrechte und Uniprofessor in Wien. Das beinhalte auch, dass man sich gegen medizinisch sinnvolle Maßnahmen wenden kann. Das sei durch die Menschenrechtskonvention und das österreichische Verfassungsrecht geschützt. Bei der Impfpflicht maße sich der Staat an, über körperliches Wohlbefinden zu entscheiden und stelle die Autonomie des Einzelnen hintenan.

"Freiheit ist nie grenzenlos"

Freiheit sei aber nie grenzenlos, das gelte auch für die körperliche Unversehrtheit. Es müsse für den Staat möglich sein, einen Ausgleich zu finden. Auf der einen Seite stehe die Weigerung, sich impfen zu lassen, auf der anderen der Schutz der Allgemeinheit und von vulnerablen Gruppen.

Im April 2021 habe der europäische Menschenrechtsgerichtshof entschieden, dass Schutzimpfungen verpflichtend angeordnet werden können. Bei dem Urteil damals ging es um Kinderimpfungen. Staaten hätten eine verfassungsrechtliche Pflicht, Leben und Gesundheit der Menschen zu schützen.

Schutz der Allgemeinheit vor Schutz des Einzelnen

Der Verfassungsgerichtshof von Österreich stellte einen breiten Entscheidungsspielraum der Regierung fest. Laut Fremuth gehe es bei der Impfpflicht nicht darum, dass sich ein Mensch selbst schützt, sondern, dass die Allgemeinheit geschützt wird. Sind die Intensivstationen überlastet, kann der Gesetzgeber reagieren.

Auch Kinderimpfung und Ungeimpften-Lockdown zulässig

Gerade wenn wir Schulen offenhalten sollen, in denen die Krankheit von Kindern weitergegeben wird, könne man auch eine Impfpflicht für Kinder von 12 bis 14 verhängen. Er halte es für rechtlich zulässig. Voraussetzung sei, dass die Kinderimpfung zugelassen und sicher ist, was sie nach neuesten Erkenntnissen sein soll. "Das ist ein Preis, den wir zahlen, damit das gesellschaftliche Leben einigermaßen normal fortgesetzt werden kann."

Auch die Ungleichbehandlung von Ungeimpften sei rechtlich argumentierbar, weil viel mehr Ungeimpfte auf den Intensivstationen liegen.

ribbon Zusammenfassung
  • "Die Impfpflicht ist ohne Zweifel ein Eingriff in die persönliche Freiheit von Menschen, und zwar insbesondere in die körperliche Unversehrtheit und in das Recht, autonom über den Körper zu entscheiden."
  • So urteilt Michael Lysander Fremuth, wissenschaftlicher Direktor des Ludwig Boltzmann Instituts für Grund- und Menschenrechte und Uniprofessor in Wien.
  • Freiheit sei aber nie grenzenlos, das gelte auch für die körperliche Unversehrtheit. Auf der einen Seite stehe die Weigerung, sich impfen zu lassen, auf der anderen der Schutz der Allgemeinheit und von vulnerablen Gruppen.
  • Im April 2021 habe der europäische Menschenrechtsgerichtshof entschieden, dass Schutzimpfungen verpflichtend angeordnet werden können.  Staaten hätten eine verfassungsrechtliche Pflicht, Leben und Gesundheit der Menschen zu schützen.
  • Laut Fremuth gehe es bei der Impfpflicht nicht darum, dass sich ein Mensch selbst schützt, sondern, dass die Allgemeinheit geschützt wird. Sind die Intensivstationen überlastet, kann der Gesetzgeber reagieren.
  • Gerade wenn wir Schulen offenhalten sollen, in denen die Krankheit von Kindern weitergegeben wird, könne man auch eine Impfpflicht für Kinder von 12 bis 14 verhängen. Auch die Ungleichbehandlung von Ungeimpften sei rechtlich argumentierbar.