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Bevorzugung von Superreichen? Die "Abschleicherliste" und Maulwurfsuche im BMF

Im COFAG-U-Ausschuss geht es um die Bevorzugung von Superreichen in Steuersachen. Mutmaßlich beteiligt: Zwei Spitzenbeamte im Finanzministerium, Ex-ÖBAG-Chef Thomas Schmid und Eduard Müller. Letzterer war am Donnerstag zur Befragung geladen. SPÖ und FPÖ vermuten, dass Müller in der Maulwurfsuche im BMF darüber vorstand, wer die Informationen über die sogenannte "Abschleicherliste" mit ÖVP-Großspender und KTM-Chef Stefan Pierer nach außen gespielt hatte.

Am Donnerstag ging der COFAG-U-Ausschuss in die 4. Befragungsrunde. Im Zentrum steht die Frage, ob Milliardäre in Österreich bevorzugt wurden, wenn sie Kontakte zur ÖVP pflegten. Ein zentrales Indiz dafür sehen die Fraktionen, außer der ÖVP, in der Sitzverlegung der nun insolventen Signa von Wien nach Innsbruck, die sich dadurch mehr als zehn Millionen Euro sparte. 

Neben der Signa und Unternehmer René Benko sollen auch andere Milliardäre in der Gunst der ÖVP gestanden haben, lautet der Vorwurf.  Darunter der KTM-Chef und Präsident der oberösterreichischen Industriellen Vereinigung, Stefan Pierer.

Am 4. Befragungstag wurde der Chef der Finanzmarktaufsicht Eduard "Edi" Müller befragt. Er soll, so die SPÖ, im Finanzministerium nach dem Maulwurf gesucht haben, der Informationen über Pierers Steuerakt an die Opposition weitergegeben hatte.

BMF gegen Staatsanwaltschaft

Das "Büro für interne Angelegenheiten" soll vor dem Vorgehen des Finanzministeriums gewarnt haben. Müller hatte, so berichtete der "Standard", Daten zu Angestellten im Finanzamt zugespielt bekommen, obwohl die Stelle selbst davon abgeraten hatte, ohne Absprache mit der Staatsanwaltschaft so vorzugehen und so deren Handeln zu "konterkarieren".

KTM-Chef Stefan Pierer und die "Abschleicherliste"

Die Befragung kreist um die sogenannte "Abschleicherliste" von KTM-Chef Stefan Pierer, auf der Personen und Unternehmen standen, die Kapital transferierten, um etwa Steuerpflichten zu vermeiden.

Der konkrete Vorwurf gegen Pierer: 2013 habe er Vermögen von Liechtenstein nach Österreich transferiert, um hohen Abgaben zu entkommen. Davor hatte Pierer 430.000 Euro an die ÖVP gespendet, wie der "Standard" berichtet. Laut Pierer sei diese Überweisung korrekt abgelaufen, was er auch 2020 im U-Ausschuss wiederholte.

Der KTM-Unternehmer musste Millionen an Abgaben in Liechtenstein nachzahlen, berichteten "Standard" und "ORF". Pierer hatte Selbstanzeige eingebracht. Er selbst war Mitglied eines Expertenrats, der den damaligen Finanzminister Hans-Jörg Schelling beriet.

Pierer hatte eine Lebensversicherung in Liechtenstein, das Geld wurde an den Virgin Islands angelegt, aber nicht versteuert. 2013 hätte ein Steuerabkommen in Kraft treten sollen, dann wären Millionen Euro an Abgaben fällig geworden. Zwei Wochen vor dem Inkrafttreten überwies Pierer, laut Bericht, 20 Millionen nach Österreich. 2015 wurde beschlossen, dass Zahlungsflüsse aus Liechtenstein nachträglich gemeldet wurden – so entstand die "Abschleicherliste".

Selbstanzeige und acht Millionen Nachzahlung

Die SPÖ griff das im Wahlkampf 2017 auf, Pierer erstattete Selbstanzeige.

Laut Dokumenten des Finanzamts habe Pierer mehr als acht Millionen Euro nachgezahlt, wobei Abgaben vor 2007 verjährt waren.

ribbon Zusammenfassung
  • Im COFAG-U-Ausschuss geht es um die Bevorzugung von Superreichen in Steuersachen.
  • Mutmaßlich beteiligt: Zwei Spitzenbeamte im Finanzministerium, Ex-ÖBAG-Chef Thomas Schmid und Eduard Mülle
  • SPÖ und FPÖ vermuten, dass Müller der Maulwurfsuche im BMF darüber vorstand, wer die Informationen über die sogenannte "Abschleicherliste" mit ÖVP-Großspender und KTM-Chef Stefan Pierer nach außen gespielt hatte.