Olympiasieger Hämmerle: Genügsam, aber nur abseits vom Parcours
Der Vorarlberger verbrannte sich nicht die Finger, und schnappte sich im dritten Antreten die ersehnte Medaille. "Das Umfeld rundherum ist hoch motiviert, jeder dreht ein bisschen durch Richtung Olympia", sagte Hämmerle vor der Abreise nach China in betont süffisantem Tonfall. Er ist das Gegenteil von einem Lautsprecher, klare Worte sendet der 28-Jährige trotzdem gerne aus. Also gab er den Leuten, was sie hören wollten, und nahm die Rolle als Mitfavorit und Teamleader gelassen an.
Als Kind "nie von Olympia geträumt"
Als Snowboardprofi wurde Hämmerle zu Weihnachten geboren, als ihm sein Bruder sein erstes Brett schenkte. Als Kind (bis 8 aufgewachsen in der Schweiz) habe er "nie von Olympia geträumt", "Backcountry-Geschichten" im Freestyle-Bereich waren eher sein Ding. Doch Alessandro wuchs heraus. "1,90 m ist nicht so ideal für einen Sport, wo der Schnitt bei 1,75 m liegt." Einerlei, denn die Freestyle-Sache habe ihn sowieso "nicht mehr so geflasht". "Ich bin dann in die Wettkampfszene geschlittert. Was aber nichts Schlechtes ist."
In seinem Fall ist das glatt untertrieben. Die Kombination Hämmerle und Snowboardcross scheint angesichts von 14 Weltcup- und drei Gesamtsiegen (2019-2021), einem Vize-Weltmeistertitel (2021), einem Junioren-Weltmeistertitel (2012) und natürlich nun Olympia-Gold mehr als stimmig. Sein Ansatz ist Erfolg durch Risiko, sieben Jahre in Folge schon gehört er durch sein Motto "Risk it for the biscuit" zu den drei besten Crossern der Welt.
Bis das Produkt aus Mehl, Vanillezucker und Eiern für ihn fertig angerichtet war, brauchte Hämmerle gewiss Geduld. Über Glückseligkeit im dritten Antreten gibt es ein Sprichwort, das Hämmerle im Vorfeld nicht bemühen wollte. Olympia hatte Lektionen parat: "Meine ersten Spiele waren zum Erfahrung sammeln. Bei den zweiten war ich Medaillenkandidat, ich habe mich auch reif dafür gefühlt." Er lag auch auf Finalkurs, doch ein Tackling später war "der Traum vorbei". Das Drama hielt sich in Grenzen. "Zweimal hat es nicht geklappt, aber das Leben ging trotzdem weiter."
Ungeliebter Ort wird zur Goldgrube
Ab sofort lebt es sich als Olympiasieger, gekürt dazu am selben Tag wie sein Stams-Schulfreund und Skiprofi Johannes Strolz, und keinesfalls am Sehnsuchtsort. Hämmerle hatte schon die Generalprobe im Secret Garden zu Zhangjiakou gewonnen, doch die "wilde" Anreise hatte wenig Vorfreude auf eine Rückkehr geweckt, das chinesische Essen ist auch nicht wirklich sein Fall.
Zuvor: Kontakte reduzieren, um dem Virus ein Schnippchen zu schlagen, aber nicht zulasten der psychischen Gesundheit. Er treffe seine engsten Freunde, getestet, verstehe sich, sagte Hämmerle der APA. "Wenn ich mich nur daheim verstecke, werde ich deppert bis zum Rennen. Dann fahr ich wahrscheinlich auch nicht vorne mit."
Den Druck blendete er so gut es geht aus - und deutete ihn um. Er wolle den Menschen vor den TV-Bildschirmen eine Show liefern. "Es ist eine lässige Situation, dass mal andere Leute unseren Sport sehen, die sonst nicht so dabei sind. Vielleicht können wir manche für Weltcups gewinnen, dass sie dann wieder einschalten."
Hämmerle bleibt bescheiden
Er sei ein genügsamer Mensch, sein Verdienst reiche für ein gutes Leben. "Für mein Alter verdiene ich überdurchschnittlich viel dank meiner Erfolge. Es kommt natürlich darauf an, wie man lebt." In Skifahrer-Sphären stößt er nicht vor. "Ich muss einige Weltcupsiege feiern, damit ich einen Kitzbühel-Sieg reinfahre. Aber wenn ich mir die Abfahrt anschaue, dann ist das einfach nur komplett krank. Ich bin den Jungs da keinen Cent neidig." Nachsatz: "Ich hoffe, es ist von keinem Skifahrer oder Snowboarder die Grundmotivation gewesen, dass man es wegen dem Geld macht."
Sportlicher Erfolg sei schön, wichtig sei ihm aber vor allem, "wie mein engeres Umfeld über mich denkt", sagte Hämmerle. "Das wird sich durch Olympia aber nicht ändern, da geht es um andere Werte, die im Leben mehr zählen als mein sportlicher Erfolg."
Zusammenfassung
- Wer sich selbst und seine Kollegen als "sicher bestes Team der Welt" zu Olympia schickt, muss selbst im Zufallsgenerator namens Snowboard-Cross Taten folgen lassen. Wer dann so abliefert, wie das Neo-Olympiasieger Alessandro "Izzy" Hämmerle am Donnerstag bei den Peking-Spielen getan tat, kann sich große Töne auch erlauben.