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CL-Entscheidung für Salzburg gegen Benfica

Auch bei der fünften Champions-League-Teilnahme in Folge hat das letzte Gruppenspiel für Fußball-Meister Red Bull Salzburg Final-Charakter.

Durfte man in den vergangenen Jahren vor den "Endspielen" noch von einem Verbleib in der Königsklasse träumen, so geht es am Dienstag (21:00 Uhr/Sky & DAZN) um den Umstieg in die Europa League. Selbst eine Niederlage mit einem Tor Unterschied wäre für die Salzburger im Heimspiel gegen Benfica Lissabon dafür ausreichend.

Auf Verwalten will Gerhard Struber sein junges Team beim Showdown aber nicht spielen lassen. "Das wäre für unsere Mannschaft schwierig, weil sie noch nicht viele Erfahrungen in diese Richtung hat sammeln können", meinte der Salzburg-Coach.

Man wolle "proaktiv" sein und habe trotz der Ausgangssituation mehr zu gewinnen als zu verlieren: "Wir werden ein mentales Drehbuch schnitzen für die Jungs, damit wir mit vollem Elan reingehen und am Ende gegen den Favoriten gewinnen können."

Die Favoritenrolle schob Struber "ganz klar" Benfica zu. "Das ist eine Mannschaft, die viel mehr internationale Erfahrung mitbringt, die zweimal im Champions-League-Viertelfinale war", betonte der 46-Jährige.

Mit Angel Di Maria und Nicolas Otamendi kommen zwei argentinische Weltmeister nach Salzburg. "Es ist eine Riesenchance für unsere Burschen, sich mit dieser Qualität zu messen. Das hat man nicht immer. Wir können schon beweisen, was in dieser Mannschaft steckt", so Struber.

Portugals Meister erwartete Struber mit offenem Visier. "Wir werden sehr viel Mut zum Risiko erleben", vermutete der Salzburger. "Lissabon will mit der vollen Schubkraft ins Toreschießen kommen", fügte Struber hinzu. Gegen Inter Mailand (3:3) gelangen Benfica zuletzt in der ersten Hälfte deren drei.

Struber: "Wir werden keinesfalls taktieren mit der Tordifferenz. Wir wollen dem Spiel unseren Stempel aufdrücken - in dem Wissen, dass Benfica eine Mannschaft ist, die Erfahrung, Raffinesse und Fußballschläue mitbringt." Man wolle "für eine Überraschung sorgen".

Gelingen muss sie möglicherweise ohne gelernten Linksverteidiger. Kapitän Andreas Ulmer meldete sich am Montag erkrankt, den 38-Jährigen plagen Gliederschmerzen. Stammkraft Aleksa Terzić fehlt wegen seiner langwierigen Adduktorenverletzung, Ersatzmann Daouda Guindo ist nicht für die Champions League gemeldet.

Sollte auch Ulmer nicht spielen können, müsste Ersatzkapitän Amar Dedić auf der linken Abwehrseite aushelfen. Als Rechtsverteidiger stünde dann der Deutsche Leandro Morgalla bereit.

Eine leichte Unsicherheit gibt es bei Alexander Schlager. Der zuletzt so starke ÖFB-Torhüter trainierte am Montag nicht mit der Mannschaft, sondern nur individuell. Laut eines Klubsprechers gebe es "in der Familie ein paar Krankheitsfälle". Als Vorsichtsmaßnahme wurde Schlager daher von der Mannschaft ferngehalten. Stand Montagabend ging es dem 27-Jährigen aber gut.

Weil im Mittelfeld neben Maurits Kjaergaard auch Nicolas Capaldo verletzt ausfällt, könnte Lucas Gourna-Douath im Spiel gegen den Ball mit Mads Bidstrup eine Doppelsechs bilden. Im Angriff stehen Fernando und Sekou Koita nach ihren Verletzungen als weitere Optionen zur Verfügung - wenn auch noch nicht über 90 Minuten.

Bei Benfica fehlt der gesperrte Star-Verteidiger Antonio Silva. Der 20-Jährige hatte Salzburg im Hinspiel im September mit seinem frühen Ausschluss samt Elfmeter wegen Handspiels den Weg zum 2:0-Sieg geebnet. Dieser könnte im direkten Duell Gold wert sein.

Nur eine Niederlage mit zwei oder mehr Toren Unterschied würde Salzburg den dritten Gruppenplatz und den Umstieg in die Europa-League-Zwischenrunde kosten.

Zuletzt haben die Bullen vor sieben Jahren, in der Saison 2016/17, nicht im Europacup überwintert. "Wir beschäftigen uns weniger mit dem Verlieren als mit dem Gewinnen", sagte Struber über das Nervenkostüm. Glaube, Zuversicht und Mut seien da.

"Wir sind eine Mannschaft, die mit unserem Schwarm Probleme bereiten kann. Wir sind uns unserer Stärke bewusst - in dem Wissen, dass man auch das richtige Werkzeug zur Hand nehmen muss, um die Nägel richtig zu treffen", so Struber.

Österreichs Serienmeister hat in vier der vergangenen fünf Pflichtspiele kein Tor kassiert. Natürlich wolle man auch offensiv das Publikum wieder mehr mitreißen, versicherte Struber: "Aber ich will schon festhalten, dass es für uns wichtig ist, dass wir defensiv so stabil sind und die Sachen so konsequent und synchron wegverteidigen." Insbesondere, wenn man Titel gewinnen und in Europa weiterkommen wolle.

Von bisher fünf Europacup-Duellen mit portugiesischen Klubs hat Salzburg nur eines verloren - im UEFA-Cup 1993 mit 0:2 gegen Sporting Lissabon. Vor fast genau 30 Jahren gelang im Rückspiel durch einen legendären 3:0-Heimsieg nach Verlängerung noch die Wende.

Benfica ist in der Champions League sieben Partien sieglos, auch in der Meisterschaft gab es zuletzt nur zwei Remis. Trainer Roger Schmidt, von 2012 bis 2014 erfolgreich in Salzburg tätig, ist daher mit erheblicher Fan-Kritik konfrontiert. "Ich bekomme die Sachlage nicht mit, aber es wundert mich ein bisschen", sagte Struber.

Der Kuchler bezeichnete den zehn Jahre älteren Schmidt als "einen Trainer, auf den man aufschaut". Der Deutsche würde "unglaubliches Man-Management" mit Empathie für seine Mannschaften vereinen.

"Er hat in den letzten Jahren auch eine interessante Spielidee entwickelt. Er ist ein Trainer, der auf einer ganz, ganz breiten Klaviatur spielt", meinte Struber. Das hätte Schmidt mit Bayer Leverkusen und Benfica auch in der Champions League bereits unter Beweis gestellt.