Zoll-Drama: Trumps gefährliches Spiel mit der Weltwirtschaft
Krisentelefonate zwischen Regierungschefs, verunsicherte und nervöse Aktienmärkte – und dazwischen drin ein zufrieden wirkender US-Präsident. Donald Trump kündigte seine Vorliebe für Zölle und Protektionismus der Wirtschaft unzählige Male an und machte über das Wochenende ernst; ehe er dann doch wieder zurückzog.
"Zölle ist für mich das schönste Wort im Wörterbuch", sagte der US-Präsident noch am Tag seiner Angelobung. Nicht zum ersten und auch nicht zum letzten Mal, wie sich zeigte. "Zölle werden uns verdammt reich machen, es wird die Unternehmen ins Land zurückbringen, die uns verlassen haben."
Dabei geht es Trump weniger um das Sichern der eigenen Wirtschaft, als viel mehr um die Durchsetzung anderer Interessen. Worum es konkret geht: "Deals". Einer davon: "Was ich gerne sehen würde: Kanada wird unser 51. Bundesstaat", so Trump am Montag in seinem Oval Office.
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Zölle, dann wieder doch nicht
Um all das möglich zu machen, rief Trump zunächst einen nationalen Notstand aus. Dann kündigte er Zölle von 25 Prozent auf Importe aus Kanada und Mexiko an. Auf Energie aus Kanada wurden nur 10 Prozent fällig, auch die Zölle auf Importe aus China wurden um 10 Prozentpunkte erhöht.
Kanada und Mexiko wehrten sich umgehend mit Gegenmaßnahmen. Auch China führte Zölle ein und startete Ermittlungen gegen Google wegen möglicher Kartellrechtsverstöße. Der kanadische Premier Justin Trudeau kündigte "weitreichende" Zölle auf US-Produkte an und schwor seine Landsleute ein: "Kaufen Sie kanadische Produkte."
https://twitter.com/JustinTrudeau/status/1886164961400869251
Doch schon am Montag gab es einen Rückzieher. Die Maßnahmen wurden um 30 Tage nach hinten geschoben. Im Gegenzug kündigten die beiden Nachbarländer Maßnahmen an, um die Grenze weiter zu sichern.
Mexiko versprach, 10.000 Soldaten der Nationalgarde an die Grenze zu schicken. Kanada kündigte ein 1,3 Milliarden Dollar schweres Paket zur Sicherung der Grenze an, das eigentlich schon im Dezember beschlossen worden war.
Machen Zölle die USA reich?
Doch was steckt hinter dem Versprechen, die USA "reich zu machen"? Für die Commerzbank-Ökonomen Bernd Weidensteiner und Christoph Balz würden 25-Prozent-Zölle die USA "zurück ins 19. Jahrhundert bringen". Damals profitierten die USA tatsächlich massiv von Zöllen, die einen Großteil der Staatseinnahmen ausmachten. 2025 ist aber nicht 1895, weder in der globalen Weltwirtschaft noch sonst wo.
Video: Trumps Zölle - "Großes Kind im Weißen Haus"
"Zollkonflikte kennen keine Gewinner. Langfristig werden die USA selbst darunter leiden", sagte Thomas Gitzel, Chief Economist der VP Bank. "Kurzfristig könnten die Zölle zu Preissteigerungen in den USA führen, was dem US-Präsidenten schaden könnte." Immerhin wählten viele Amerikaner:innen Trump wegen seines Versprechens, das Leben wieder leistbarer zu machen.
Ökonomen rechnen damit, dass am Ende auch die US-Konsument:innen draufzahlen werden. Denn Zölle sind keine Steuer für die anderen Länder, sondern werden beim Import von dem Unternehmen bezahlt, das die Güter ins Land holt.
Das Budget Lab der Yale University rechnet damit, dass ein durchschnittlicher US-Haushalt pro Jahr 1.000 bis 1.200 US-Dollar an Kaufkraft verliert.
Erst der Anfang, die EU als Nächstes?
Trump ist mit seinen Zoll-Fantasien aber noch nicht am Ende. "Absolut" würde die EU als Nächstes dran sein, kündigte er an. "Die EU hat die USA jahrelang missbraucht und das können sie nicht", so der US-Präsident.
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Damit zettelt Trump in kürzester Zeit einen Wirtschaftskrieg mit den vier wichtigsten Handelspartnern der USA an, die 2023 mehr als 60 Prozent des Handelsvolumens ausgemacht haben. Die EU war mit 18,6 Prozent gar der Wichtigste von allen.
Zölle wegen zu wenigen US-Karren in Europas Innenstädten?
2023 exportierte die EU 503,8 Milliarden Euro an Waren in die USA, importierte im Gegenzug 347,2 Milliarden. Dieses Handelsdefizit aus US-Sicht ist Trump vor allem ein Dorn im Auge.
"Sie nehmen unsere landwirtschaftlichen Produkte nicht, unsere Autos nicht. Sie nehmen fast gar nichts, aber wir nehmen ihre Autos. Wir haben Millionen von Autos, die hereinkommen: BMW, Mercedes-Benz, Volkswagen, einfach so viele verschiedene Autos."
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Vor allem die Autos haben es ihm angetan. "Wie viele Chevrolets oder Fords sieht man in der Mitte von München? Die Antwort ist: keine. Weil sie keine Autos nehmen", behauptet Trump.
Der größte US-Autoexporteur kommt aus Deutschland
Da stellt sich nun die Frage, was daran Zölle ändern sollen. Immerhin gibt es derzeit keine Beschränkungen. Jeder in Europa kann sich ein US-Fahrzeug kaufen. Dass die Marken nicht erfolgreich sind, kann also auch einfach an besseren Alternativen liegen.
Ebenso scheint Trump zu vergessen, wie viele deutsche Automarken eigentlich in den USA produzieren. So ist beispielsweise BMW seit Jahren der größte Autoexporteur der USA (die Zahlen für 2024 gibt es noch nicht).
Grund dafür ist das Werk Spartanburg in South Carolina, wo inzwischen fast alle SUVs des bayerischen Autoherstellers gebaut werden. All die BMW X3, X5 und X7, die Trump auf den US-Straßen so zu stören scheinen, sind ohnehin "Made in America". Die, die durch Wien fahren, aber auch.
Mercedes gehört dank seines Werks in Tuscaloosa (Alabama) zu den größten Autoexporteuren der USA, und auch Volkswagen hat insgesamt sechs Produktionsstandorte in den USA.
Donald Trump wird mit Protektionismus die USA nicht ins "goldene Zeitalter" führen, sind sich Beobachter:innen einig. Die Zölle zahlen auch nicht "die anderen", wie er es auf Wahlkampfveranstaltungen gerne sagte. Sondern am Ende des Tages alle Konsument:innen, ob in den USA oder den betroffenen Ländern.
"We make them pay" funktioniert nicht. Vielleicht weiß das Trump aber auch und es bleibt bei Drohgebärden, um den ein oder anderen "Deal" zu erzwingen.
Zusammenfassung
- Kanada, Mexiko, China, dann die EU? Der Zoll-Streit von US-Präsident Donald Trump hat längst globale Dimensionen erreicht.
- Doch "Businessman" Trump scheint grundsätzliche wirtschaftliche Fragen nicht verstanden zu haben – oder ignoriert sie bewusst, um seine Verhandlungspartner zu seinem gewünschten Ergebnis zu schikanieren.
- Donald Trump wird mit Protektionismus die USA nicht ins "goldene Zeitalter" führen, sind sich Beobachter:innen einig.
- "Zollkonflikte kennen keine Gewinner. Langfristig werden die USA selbst darunter leiden", sagte Thomas Gitzel, Chief Economist der VP Bank.