Zehntausende Oppositionelle demonstrieren in Weißrussland
Trotz eines zunehmend harten Vorgehens gegen die Opposition haben sich in Minsk zehntausende Unterstützer der weißrussischen Präsidentschaftskandidatin Swetlana Tichanowskaja zu einer Kundgebung versammelt. Die Menschenrechtsorganisation Viasna schätzte die Zahl der Teilnehmer am Donnerstag auf über 63.000. Laut Beobachtern war es die größte Oppositionsveranstaltung seit einem Jahrzehnt.
Die 37-jährige Tichanowskaja will bei der Präsidentschaftswahl in Weißrussland (Belarus) am 9. August gegen den autoritär regierenden Amtsinhaber Alexander Lukaschenko antreten. Die Wahlkommission hatte ihren Ehemann, den Blogger Sergej Tichanowski, zuvor mit einem Kandidaturverbot belegt.
Tichanowski und der Oppositionspolitiker Mikola Statkewitsch wurden am Donnerstag beschuldigt, mit russischen Söldnern "Massenunruhen" im Land geplant zu haben. Tags zuvor hatten die weißrussischen Behörden 33 mutmaßliche Mitglieder der russischen Söldnertruppe Wagner festgenommen. Ihnen wird eine Verschwörung zur Destabilisierung des Landes vor der Präsidentschaftswahl vorgeworfen.
Tichanowski und Statkewitsch befinden sich bereits seit Wochen in Haft. Tichanowski wurde Ende Mai in der Stadt Grodno festgenommen. Die Behörden werfen ihm Gewalt gegen einen Polizeibeamten vor. Statkewitsch wurde nach Angaben seiner Frau ebenfalls Ende Mai festgenommen und kurz darauf für schuldig erklärt, eine nicht genehmigte Kundgebung in Minsk organisiert zu haben.
Die Behörden ruinierten nicht nur das Leben ihres Mannes, sondern das aller politischen Gefangenen, sagte Tichanowskaja auf der Kundgebung. Sie bestritt, dass die Opposition mit Russland zusammenarbeite, um einen Aufstand auszulösen. "Leute, was für eine Revolution? Wir wollen ehrliche Wahlen", sagte die Politikerin.
Die an der Kundgebung teilnehmenden Menschen schwenkten Fahnen und Ballons, auf denen die Wahlkampfsymbole der Opposition prangten, darunter das "Victory"-Zeichen, eine geballte Faust und ein Herz.
Bei den Wahlen bewirbt sich der seit 1994 amtierende Staatschef Lukaschenko um seine sechste Amtszeit. Die Behörden gehen massiv gegen die Opposition vor. Lukaschenko ließ bereits mehrere potenzielle Präsidentschaftskandidaten festnehmen.
Beobachter schließen auch nicht aus, dass die jüngste Festnahme von angeblichen russischen Söldnern wahltaktisch motiviert ist. Lukaschenko könnte damit bewusst Angst vor gewaltsamen Umbrüchen schüren, um seine Wiederwahl zu sichern. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow wies Vorwürfe einer Einmischung in den Wahlkampf zurück. "Das sind nichts anderes als Unterstellungen", meinte er. "Russland und Weißrussland sind Verbündete, enge Partner - daher kommt so was nicht infrage." Aus Minsk habe es bisher "nur unvollständige Informationen" zu den Festnahmen gegeben.
Nach Darstellung in Minsk sollen sich einige der mutmaßlichen Söldner vorher in der Ostukraine aufgehalten haben. Staatlichen Medien zufolge hatten die Männer "militärische Kleidung" getragen. Sie seien auch deshalb aufgeflogen, weil sie keinen Alkohol getrunken hätten, was für russische Touristen untypisch sei. Nach etwa 170 weiteren Mitgliedern der Gruppe, die sich noch in Weißrussland aufhalten sollen, werde gesucht.
Nach Darstellung des Kreml waren die mutmaßlichen Söldner auf der Durchreise. "Ihr Aufenthalt hat nichts mit Belarus selbst zu tun", sagte Sprecher Dmitri Peskow am Freitag in Moskau und forderte ihre Freilassung. "Sie hatten Tickets nach Istanbul", so der Kreml-Sprecher. Die Männer seien zu spät in Belarus angekommen und hätten auf ihren Weiterflug gewartet, sagte Peskow.
Zusammenfassung
- Trotz eines zunehmend harten Vorgehens gegen die Opposition haben sich in Minsk zehntausende Unterstützer der weißrussischen Präsidentschaftskandidatin Swetlana Tichanowskaja zu einer Kundgebung versammelt.
- Die 37-jährige Tichanowskaja will bei der Präsidentschaftswahl in Weißrussland am 9. August gegen den autoritär regierenden Amtsinhaber Alexander Lukaschenko antreten.
- Nach Darstellung des Kreml waren die mutmaßlichen Söldner auf der Durchreise.