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Zahlreiche Rufe nach mehr Reform-Tempo bei der Pflege

Anlässlich des Tages der Pflege am Donnerstag haben am Mittwoch zahlreiche Parteien und Interessensvertretungen ihre Forderungen an die Politik gerichtet. SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch attestierte der Regierung "Totalversagen", denn nach der Ankündigung einer großen Pflegereform im Jänner 2020 sei nichts passiert. Mehr Reform-Tempo forderten u.a. auch FPÖ und NEOS, die Diakonie, die Caritas, Volksanwalt Bernhard Achitz, die Wiener Grünen sowie die SPÖ-Pensionisten ein.

"Die Bundesregierung muss endlich ins Tun" kommen, sagte Muchitsch auf einer Pressekonferenz. Die SPÖ wird daher in Sachen Pflege am Donnerstag im Bundesrat eine Dringliche Anfrage an Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) stellen. "Wir rasen sehenden Auges auf einen Pflegenotstand zu", begründete Fraktionsführerin Korinna Schumann diese Initiative. Im Sozialausschuss des Nationalrates bringen die Sozialdemokraten am Donnerstag außerdem einen Entschließungsantrag ein, in dem neuerlich die Anerkennung der Pflege als Schwerarbeit gefordert wird. Konsumentenschutzsprecher Christian Drobits kündigte an, dass die SPÖ dabei auch verlangt, die Ausbildungszeiten in der Pflege als Versicherungszeiten für das Pensionssystem anzuerkennen.

Seitens der FPÖ bedauerte Frauen- und Seniorensprecherin Rosa Ecker, dass es "noch immer zahlreiche ungelöste Baustellen für Pflegefälle und ihren Angehörigen" gibt. Die schwarz-grüne Regierung sei nur mit sich selbst beschäftigt, es werden laufend Ministerköpfe ausgetauscht, aber sachlich gehe im Pflegebereich nichts weiter. Auch verwies sie darauf, dass "der überwiegende Teil der Pflege" als häusliche Pflege von Angehörigen, Eltern, Ehepartnern, Lebensgefährten, Töchtern und Söhnen geleistet werde. "Bereits jetzt gibt es einen eklatanten Personalmangel im Pflegebereich. Viele Pfleger denken daran, in diesem Beruf aufzuhören und überlegen nicht, ob sie Stunden aufstocken." Der Andrang in den Pflegeberuf sei "mehr als überschaubar", so Ecker.

NEOS-Gesundheitssprecherin Fiona Fiedler verwies auf die jüngste Vergangenheit und darauf, dass schon Ex-Gesundheits- und Sozialminister Rudolf Anschober bei seiner Rücktrittserklärung erzählt habe, "wie sehr er sich darüber freut, dass die Pflegereform fast fertig ist". Auch dessen Nachfolger Wolfgang Mückstein habe regelmäßig betont, wie viel für die Pflegereform bereits ausgearbeitet sei. Und auch der neue Gesundheitsminister Rauch habe bereits zu seinem Amtsantritt beteuert, "die Pflegereform vorrangig anzugehen". "Schöne Worte helfen niemandem", meinte dazu Fiedler. Es brauche bundesweit einheitliche Rahmenbedingungen und Ausbildungsmöglichkeiten, einheitliche Pflegeschlüssel und Pflegestandards in allen Bundesländern, die Anerkennung von Pflegeleistungen und die Schaffung eines Leistungskatalogs sowie eine Reform der Berufsbilder.

Die Diakonie forderte am Mittwoch eine Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte für Pflegekräfte. "Die Rot-Weiß-Rot-Karte wird derzeit in einigen Bereichen reformiert. Die Hürden für den Mangelberuf, die Pflege, werden aber nicht abgebaut", sagte Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser in einer Aussendung. Sie verwies darauf, dass gut qualifizierte Kräfte wegen der Nicht-Erfüllung einzelner Kriterien nicht in Österreich arbeiten können. Sie fordert etwa das Aufheben der Altersgrenzen für alle Mangelberufe - insbesondere aber für den Pflege- und Betreuungsbereich. Auch die Sprachkenntnisse müssten für die verschiedenen Berufe jeweils spezifisch bewertet werden: So seien etwa Englischkenntnisse für Pflegeberufe "sicher nicht ausschlaggebend".

Auch die Caritas, deren Präsident Michael Landau bereits in der vergangenen Woche vor einer "Pflege-Katastrophe" gewarnt hatte, wiederholte ihre Forderungen. "Personalmangel, überlastete pflegende Angehörige und die aktuelle Teuerungswelle - auf eine Pflegereform können wir nicht mehr warten", sagte Generalsekretärin Anna Parr in einer Aussendung. "Angesichts der letzten Ankündigung von Bundesminister Johannes Rauch bin ich zuversichtlich, dass eine Pflegereform nun endlich in die Umsetzung gehen kann." Der Sozialminister hatte in Reaktion auf Landaus Warnung angekündigt, die Reform noch vor dem Sommer vorlegen zu wollen.

Volksanwalt Bernhard Achitz erklärte, der flächendeckende Personalnotstand in der Pflege gefährde "Menschenwürde, Autonomie und Selbstständigkeit der Heimbewohner*innen". Ein eigenes Staatssekretariat für Pflege forderte am Mittwoch unterdessen der SPÖ-Pensionistenverband. Und die Wiener Grünen wünschen sich eine Arbeitszeitverkürzung auf 35 Stunden bei vollem Lohnausgleich für das Pflegepersonal. Ein Appell an die Bundesregierung, ihr Versprechen einer Pflegereform "endlich in die Tat umzusetzen", kam am Mittwoch auch vom Verein Karitativer Arbeitgeber*innen (VKA).

Anlässlich des Tages der Pflege ist für Donnerstagnachmittag ein größere Demonstration angekündigt. SPÖ-Sozialsprecher Muchitsch kündigte an, an der Schlusskundgebung teilnehmen zu wollen, wenn es sich mit seinen Terminen im Parlament, wie dem Sozialausschuss, ausgeht.

ribbon Zusammenfassung
  • Anlässlich des Tages der Pflege am Donnerstag haben am Mittwoch zahlreiche Parteien und Interessensvertretungen ihre Forderungen an die Politik gerichtet.
  • Mehr Reform-Tempo forderten u.a. auch FPÖ und NEOS, die Diakonie, die Caritas, Volksanwalt Bernhard Achitz, die Wiener Grünen sowie die SPÖ-Pensionisten ein.
  • Die SPÖ wird daher in Sachen Pflege am Donnerstag im Bundesrat eine Dringliche Anfrage an Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) stellen.