Zadic: "Mehraugenprinzip" für Bundesstaatsanwaltschaft
Die von ihr eingesetzte Arbeitsgruppe aus aktiven Spitzenjuristen ist sich diesbezüglich noch nicht einig. Abweichende Meinungen gibt es auch noch zur parlamentarischen Kontrolle, Bestellung und Amtszeit, geht aus dem nun vorgelegten zweiten Zwischenbericht hervor.
Die Arbeitsgruppe hat sich, wie es in dem Bericht heißt, noch nicht abschließend auf ein konkretes Modell festgelegt. "Nach derzeitigem Diskussionsverlauf" schlägt man den Ausbau der Generalprokuratur zur Bundesstaatsanwaltschaft vor - und für diese, mit Sitz in Wien, "keine Doppelspitze, sondern monokratische Struktur". Aber: "Eine Entscheidungsfindung in Senaten wird ebenso als gleichwertige Überlegung diskutiert". Und es werden auch noch zwei "dissenting opinions" angeführt: Einerseits wird die von den meisten abgelehnte Doppelspitze verlangt - und andererseits ein "Rotationssitz" in jedem Oberstaatsanwaltschafts-Sprengel.
Qualitätskontrolle gewährleistet
Für die Justizministerin ist eines klar: "An der Spitze der Staatsanwaltschaft soll das Mehraugenprinzip gelten." Ein mehrköpfiges Gremium, das gemeinsam über Ermittlungsschritte oder Anklageerhebung entscheidet, wäre "der beste Garant gegen versuchten politischen Einfluss und sorgt für größtmögliche Unabhängigkeit".
Damit wäre - neben hoher Qualitätskontrolle - gegenseitiges "Checks-and-Balances" gewährleistet und die einzelnen Mitglieder wären so am besten gegen "Druck von außen" geschützt, argumentiert Zadic. Auch die Staatsanwälte selbst sprächen sich dafür aus, erläuterte die Ministerin in einer schriftlichen Stellungnahme.
Zur Frage der parlamentarischen Kontrolle bekräftigt Zadic ihre Ablehnung für einen (von der ÖVP gewünschten) ständigen Unterausschuss im Nationalrat. Politiker dürften Verfahren nicht "durch die Hintertür beeinflussen oder kontrollieren, etwa indem sie Ermittlungsschritte genehmigen". Die parlamentarische Kontrolle solle "gewohnt hoch" bleiben, aber Informationen über oder gar eine Kontrolle von laufenden Verfahren könne es nicht geben.
Dreier-Vorschlag
"Bei der Unabhängigkeit gibt es keine Kompromisse", hält Zadic fest - und bekennt sich auch zur dauerhaften Absicherung der Unabhängigkeit der neuen Bundesstaatsanwaltschaft dadurch, dass ausreichend Ressourcen und Strukturen zur Verfügung gestellt werden.
Die Arbeitsgruppe ist sich weitgehend einig, dass es parlamentarische Kontrolle über die justizielle Tätigkeit der Staatsanwälte es erst "nach rechtskräftigem Abschluss des Strafverfahrens" geben kann - wobei "der konkrete Umfang noch zu definieren" sei. Aber auch hier gibt es eine "dissenting opinion" - nämlich jene der "unmittelbaren parlamentarischen Kontrolle" des Bundesstaatsanwaltes.
Zur Bestellung schlägt die Arbeitsgruppe die Vorauswahl dreier Kandidaten durch einen (an das richterliche Modell angelehnten) Personalsenats vor. Davon soll die Justizministerin (in ihrem Vorschlag an den ernennenden Bundespräsidenten) nur mit besonderer Begründung abweichen können. "Punktuell" sei auch die Möglichkeit der Einbindung des Hauptausschusses des Nationalrates vorgebracht worden.
Amtszeit unbefristet
Mehr Uneinigkeit besteht bei den Voraussetzungen: Zum Vorschlag, dass nur Personen mit den Ernennungsvoraussetzungen für ein Richteramt bzw. profilierte Personen aus Lehre und Wissenschaft mit langjähriger (mindestens zehn Jahre) herausragender Expertise im Strafrecht Bundesstaatsanwalt werden sollen, gibt es die "dissenting opinion" offener Bestellungsvoraussetzungen, besonders der Öffnung des klassischen Rollenmodells der Richter/Staatsanwälte.
Bei der Amtszeit wird eine unbefristete Bestellung mit Amtsdauer bis zum Ende des 65. Lebensjahres bevorzugt, aber auch abweichend eine Befristung, eventuell mit Ausschluss einer Wiederbestellung, vorgeschlagen.
Zusammenfassung
- Justizministerin Alma Zadic (Grüne) plädiert dafür, die Bundesstaatsanwaltschaft als Kollegialorgan einzurichten - und nicht einer einzelnen Person das Weisungsrecht gegenüber den Staatsanwälten zu übertragen.
- Damit wäre - neben hoher Qualitätskontrolle - gegenseitiges "Checks-and-Balances" gewährleistet und die einzelnen Mitglieder wären so am besten gegen "Druck von außen" geschützt, argumentiert Zadic.