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Wütende Bauern wollten Habeck-Fähre stürmen

Deutsche Landwirte protestierten am Donnerstag gegen geplante Streichungen von Steuervergünstigungen. Dabei hinderten mehr als 100 Demonstranten eine Fähre mit Wirtschaftsminister Robert Habeck am Anlegen in Schleswig-Holstein. Habeck wurde zum Umkehren gezwungen.

Der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) kehrte Donnerstagabend aus seinem Urlaub von der Hallig Hooge zurück, einer Insel in der Nordsee. Als seine Fähre in Schlüttsiel (Schleswig-Holstein) anlegen wollte, wurde seine Heimreise jedoch unterbrochen.

Mehr als 100 wütende Bauern blockierten mit Traktoren den Anlegekai. Videos in sozialen Netzwerken zeigen, wie zahlreiche der Demonstranten schließlich auch versuchten, die Fähre zu stürmen.

In einem anderen Video hört man, wie die Landwirte den Wirtschaftsminister beschimpfen und fordern: "Habeck, komm raus, Mensch!"

Laut Polizei seien 30 Beamte im Einsatz gewesen und hätten auch Pfefferspray verwendet. Habeck wurde schließlich zum Umkehren gezwungen, die Fähre musste zurück nach Hallig Hooge. Erst dann beruhigte sich die Lage wieder. Heimkehren konnte der Wirtschaftsminister erst gegen zwei Uhr früh, berichten deutsche Medien.

Keine Steuervergünstigungen mehr

Hintergrund der Proteste sind geplante Kürzungen der Steuervergünstigungen für Agrardiesel und landwirtschaftlich genutzte Kraftfahrzeuge. Derzeit erhalten landwirtschaftliche Betriebe 21,46 Cent pro verbrauchten Liter Agrardiesel zurück. Bis 2026 soll es schrittweise keine Subvention mehr geben.

Damit reagierte die deutsche Bundesregierung bereits massivem Widerstand der Landwirte entgegen, ursprünglich war eine Abschaffung der Steuerbegünstigung in nur einem Schritt geplant gewesen. Auf die Kfz-Steuerbefreiung in der Forst- und Landwirtschaft wird nun zudem ganz verzichtet.

Der Unmut bei den Landwirten ist trotzdem groß. Die Demonstration am Donnerstag dürfte relativ spontan noch am selben Nachmittag geplant worden sein.

"Verrohung der Sitten"

Eine Sprecherin Habecks teilte mit, dass der Minister bei dem Protest gerne bereit gewesen sei, mit den Bauern zu sprechen. "Leider ließ die Sicherheitslage ein Gespräch mit allen Landwirten nicht zu, das von Minister Habeck gemachte Gesprächsangebot mit einzelnen Landwirten wurde leider nicht angenommen."

Die deutsche Bundesregierung äußerte sich noch in der Nacht zu dem Vorfall am Anlegehafen und sprach von einer "Verrohung der politischen Sitten". Das "sollte keinem egal sein", schrieb etwa Regierungssprecher Steffen Hebestreit auf Twitter (inzwischen "X").

Auch Habecks Parteikollegin, die Außenministerin Annalena Baerbock, kritisierte die Aktion scharf: "Dort, wo Worte durch Gepöbel und Argumente durch Gewalt ersetzt werden, ist eine demokratische Grenze überschritten."

Bauernverband distanzierte sich

Der Deutsche Bauernverband distanzierte sich am Freitag von der Blockade-Aktion. "Persönliche Angriffe, Beleidigungen, Bedrohungen, Nötigung oder Gewalt gehen gar nicht. Bei allem Unmut respektieren wir selbstverständlich die Privatsphäre von Politikern", teilte der Präsident des Bauernverbands, Joachim Rukwied, am Freitag mit.

Auf Twitter betonte der Verband zudem: "Aktionen dieser Art sind vollkommen inakzeptabel und beschämend. Persönliche Angriffe, Gewalt, Beleidigungen, Bedrohungen oder Nötigung sind ein absolutes No-Go." Man solle zwar demonstrieren, aber "friedlich" und mit "guten Argumenten".

Trotz des Unmuts der Bauern will Habeck an den geplanten Kürzungen festhalten, mit den Nachbesserungen habe man "eine Lösung gefunden", die den Landwirten hilft. Die Bauern sehen das anders, sie kündigten eine bundesweite Protestwoche ab 8. Jänner an. 

ribbon Zusammenfassung
  • Deutsche Landwirte protestierten am Donnerstag gegen geplante Streichungen von Steuervergünstigungen.
  • Dabei hinderten mehr als 100 Demonstranten eine Fähre mit Wirtschaftsminister Robert Habeck am Anlegen in Schleswig-Holstein.
  • Videos in sozialen Netzwerken zeigen, wie zahlreiche der Demonstranten schließlich auch versuchten, die Fähre zu stürmen.
  • Habeck wurde zum Umkehren gezwungen.
  • Der Deutsche Bauernverband distanzierte sich am Freitag von der Blockade-Aktion.