Selenskyj: "Mich erinnert das inzwischen an das Ende von Hitler"
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sieht die Beziehung zu Deutschland wegen der Debatte um die Lieferung von Kampfpanzern in einer "schwierigen Phase". "Ich muss Druck machen, der Ukraine zu helfen und ihn ständig überzeugen, dass diese Hilfe nicht für uns ist, sondern für die Europäer", sagte Selenskyj in einem Interview mit dem deutschen "Spiegel" und der französischen Zeitung "Le Figaro" mit Blick auf Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).
Im Verlauf des Ukraine-Kriegs sieht Selenskyj den Westen an seiner Seite. Die meisten Länder der Welt hätten die russische Führung um Putin längst abgeschrieben. "Die Ukrainer werden Putin nicht verzeihen", so der ukrainische Staatspräsident. Er erkennt in Putins Verhalten historische Parallelen zum zweiten Weltkrieg: "Mich erinnert das inzwischen an das Ende von Hitler: Als er den Weltkrieg verlor, bombardierte er trotzdem weiter London. Er machte es, obwohl er nicht dumm war."
Mich erinnert das inzwischen an das Ende von Hitler: Als er den Weltkrieg verlor, bombardierte er trotzdem weiter London.
Die Unterstützung des Westens ging Selenskyj im vergangenen Jahr immer wieder zu schleppend. Ein wichtiger Partner ist Deutschland - das Verhältnis beschreibt Selenskyj als "wellenförmig". Grund dafür sei auch das unterschiedliche Temperament: "Ich bin von Natur aus ein schneller Mensch. Andere sind langsamer, was auch an deren Bürokratie liegen mag. In unserem Land habe ich die zerschlagen. Denn wir haben keine Zeit zu verlieren". Die zunächst konservative Haltung des deutschen Bundeskanzlers Olaf Scholz habe sich dann aber geändert.
Selenskyj: Flugabwehrsystem rettete viele Leben
Besonders für die deutschen Flugabwehrsysteme sei Selenskyj "sehr dankbar. Sie haben eine Menge Leben gerettet". Die Debatte um Lieferungen von deutschen Kampfpanzern sei "emotional und komplex". Es gehe ihm aber nicht nur um die Anzahl an gelieferten Panzern. Es sei auch eine politische Entscheidung, die symbolisiere, "dass wir alle gemeinsam gegen die russische Aggression sind". Mit Kampfpanzern sei das Ende der militärischen Hilfen für Selenskyj noch nicht erreicht: "Morgen werden es keine Panzer sein, es werden Flugzeuge sein oder irgendwas anderes."
Selenskyj kritisierte zudem europäische Staats- und Regierungschefs, die er "täglich" um Waffen und Sanktionen gebeten habe. "Wenn alle davon wussten, dass Putin in unser Land einmarschieren würde, warum haben sie dann keine Sanktionen verhängt? Es ist doch absolut lächerlich, wenn ihr alle öffentlich für uns eintretet und trotzdem gern die Sanktionen umgeht oder Waffen zurückhaltet", sagte er.
Unterstützung zu Kriegsbeginn "nicht ideal"
Über die Unterstützung von Verbündeten in den ersten Tagen des russischen Angriffs auf sein Land sagte Selensky: "Ich sage nicht, dass es ideal lief." Eine ehrliche Antwort auf die Frage, ob er zufrieden sei, werde er geben, wenn der Krieg vorbei ist.
Zusammenfassung
- Der ukrainische Präsident sieht die Beziehung zwischen Kiew und Berlin wegen der Panzer-Frage in einer "schwierigen Phase" und zieht einen Vergleich zwischen Putin und Hitler.
- Er erkennt in Putins Verhalten historische Parallelen zum zweiten Weltkrieg: "Mich erinnert das inzwischen an das Ende von Hitler: Als er den Weltkrieg verlor, bombardierte er trotzdem weiter London. Er machte es, obwohl er nicht dumm war."