Wiener Notaufnahme will am 30. Juni streiken
Für die Dauer des Warnstreiks, der zwischen 10.00 und 11.00 Uhr stattfinden soll, wird eine Rettungssperre für die Klinik Ottakring beantragt. Die Akut- und Notfallversorgung soll während der Dauer des Warnstreiks aber jedenfalls sichergestellt sein, wurde in der Aussendung betont.
Kritisiert werden die Arbeitsbedingungen im Gesundheitsbereich. Gefordert werden mindestens 20 Prozent mehr ärztliches Personal für die Abteilung oder auch eine "deutliche Anhebung" der ZNA-Zulage, "um die psychisch und physisch belastende Arbeit in einer Notaufnahme adäquat abzugelten", wie es hieß. Auch eine "faire Verteilung" der Rettungszufahrten auf alle Notaufnahmen Wiens, angepasst an den Personalstand und die tatsächlichen Bettenkapazitäten, wird urgiert.
Die Wiener Ärztekammer zeigte sich mit der "Streikbewegung" solidarisch. In einer Pressemitteilung wurde rechtliche Unterstützung zugesichert. "Der Warnstreik an der Klinik Ottakring ist erst der Anfang. Die Kolleginnen und Kollegen haben es satt, dass die untragbaren Zustände in den Wiener Spitälern seit Monaten von der Politik ignoriert und kleingeredet werden", stellte Stefan Ferenci, geschäftsführender Vizepräsident und Obmann der Kurie angestellte Ärzte in der Wiener Kammer, weitere Aktivitäten in Aussicht.
"Das Streik-Team der Zentralen Notaufnahme der Klinik Ottakring hat sich dankenswerterweise als erste Abteilung aus der Deckung gewagt", lobte er den heutigen Schritt. Zugleich verwies Ferenci auch auf die bereits publizierten Forderungen der Kammer. Verlangt wird etwa eine Erhöhung der Bruttogrundgehälter um 30 Prozent, eine Rückkehr und Bleibeprämie in der Höhe von 24.000 Euro (netto und sozialversicherungsfrei) sowie eine "deutliche" Anhebung der Nacht-, Wochenend- und Feiertagsentschädigung.
Laut der Aussendung des Streikkomitees kommt Solidarität mit dem Warnstreik der Ärztinnen und Ärzte auch vom Pflegepersonal. Dieses werde sich mit einem eigens entwickelten Forderungskatalog ebenfalls an den Arbeitgeber wenden, wurde angekündigt.
Dass die Ärztekammer über Streiks nachdenkt, hatte zuletzt jedoch für Unmut bei der Gewerkschaft gesorgt. Man habe Verständnis für die Forderungen nach besseren Arbeitsbedingungen, ein Streik zu diesem Zeitpunkt sei aber noch nicht angebracht, hieß es Anfang Juni in einer Aussendung der Younion (Team Gesundheit). Die Gewerkschaft sei bereits am Verhandlungstisch engagiert, wurde versichert.
"Vollstes Verständnis" für die Maßnahme zeigte hingegen der Wiener FPÖ Dominik Nepp. Das Personal sei am Ende seiner Kräfte. Verantwortlich dafür seien der völlig untätige SPÖ-Gesundheitsstadtrat Peter Hacker und die unfähige Führung des Wiener Gesundheitsverbundes, beklagte er am Mittwoch. Nepp forderte einen Notfallplan für die Wiener Gemeindespitäler.
Der verantwortliche Gesundheitsstadtrat müsse endlich eingreifen und die nötigen Maßnahmen in die Wege leiten, forderte auch die Gesundheitssprecherin der Wiener Volkspartei, Ingrid Korosec. "Viel zu lange wurde hier beschwichtigt und die Situation in den Spitälern schöngeredet." Dieser erste Warnstreik bilde wohl nur den Anfang für eine große Streikwelle, die zahlreiche Wiener Spitäler erfassen werde, mutmaßte man in der ÖVP.
Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) hob im Gespräch mit der APA am Mittwoch hervor, dass man mit den Ärztinnen und Ärzten in laufendem Kontakt sei. "Uns ist auch bewusst, dass es Maßnahmen im gesamten Gesundheitswesen geben muss." Dies sei auch ein Schwerpunkt bei den derzeit laufenden Finanzausgleichsverhandlungen zwischen Bund, Länder und Gemeinden. Nötig sei eine "stärkere Hinwendung" des Finanzausgleichs zu den Spitalserhaltern, zeigte er sich überzeugt.
Es sei aber nötig, alle Gesundheitsberufe hier im Auge zu haben, sagte Ludwig. Man sei hier auch mit den Gewerkschaften im Dialog. Mit der Ärztekammer gebe es ebenfalls laufend Gespräche. Man sei sehr daran interessiert, dass es mit dieser zu einem guten Einvernehmen komme. Wobei er hinzufügte: "Wir sehen die Herausforderungen nicht nur im finanziellen Bereich, sondern auch in vielen organisatorischen und strukturellen Fragen."
Im Wiener Gesundheitsverbund zeigte man sich einigermaßen verwundert. "Wir haben heute aus den Medien von der Ankündigung einzelner Ärztinnen und Ärzte der Klinik Ottakring erfahren. Eine Streikankündigung seitens der Personalvertretung ist uns weder bekannt, noch liegt uns eine vor", hieß es in einer der APA übermittelte Stellungnahme. Streiks, so gab man zu bedenken, könnten nur von der Gewerkschaft bzw. der Personalvertretung durchgeführt werden.
Man gehe davon aus, dass sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter noch mit ihrer zuständigen Personalvertretung akkordieren werden, hieß es. Verwiesen wurde auch darauf, dass man bereits Maßnahmen ergriffen habe und selbst einzelne Forderungen der Ärzte regelmäßig thematisieren würde.
"So fordert auch der Wiener Gesundheitsverbund eine gerechtere Verteilung der Rettungszufahrten. Diese sinken in den AUVA-Spitälern und den Ordensspitälern seit einigen Jahren und werden vollumfänglich vom Wiener Gesundheitsverbund kompensiert", wurde beklagt. Nicht zuletzt werde es auch deshalb keine Sperre der Rettungszufahrt in der Klinik Ottakring geben, weil das das Personal in den anderen Kliniken zusätzlich stark belasten würde, betonte man. Die Versorgung bleibe also "vollumfänglich aufrecht".
Die Ärztekammer zeigte sich in einer Reaktion ebenfalls erstaunt - nämlich über die Tatsache, dass der Gesundheitsverbund aus den Medien über den Streik erfahren hat. Man habe den WiGev heute schon um 9.00 Uhr informiert, wurde versichert. Zudem verwies man auf eine begleitende Beratung durch Rechtsanwälte. Eine Streik ist demnach, so heißt es in der Kammer, sehr wohl auch ohne Unterstützung der Personalvertretung möglich.
Zusammenfassung
- Nachdem zuletzt in Ordensspitälern gestreikt wurde, ist nun die Zentrale Notaufnahme (ZNA) in der Klinik Ottakring an der Reihe.
- Am 30. Juni wird es dort zu einem Warnstreik des ärztlichen Personals kommen, teilte Severin Ehrengruber, der Sprecher des "Streikkomitees", am Mittwoch mit.
- Im Gesundheitsverbund zeigte man sich erstaunt und verwies darauf, dass für einen Streik die Personalvertretung zuständig ist.