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Wien drängt weiter auf Fortführung des PCR-Testprogramms

Die Bundeshauptstadt Wien drängt weiter auf eine Fortführung des kostenlosen Corona-Testprogramms - das in Wien vor allem über die Initiative "Alles gurgelt" abgewickelt wird. Das Aus für Gratistests ab 31. März steht zumindest im Raum. Nicht nur im Rathaus will man dies nicht hinnehmen. Auch die Wiener Wirtschaftskammer warnte am Freitag vor einem zu frühen Aus.

"'Alles gurgelt' ist Teil einer Vorsorgeuntersuchung - bei frühzeitiger Erkennung können wir handeln, halten den volkswirtschaftlichen Schaden in Grenzen und können auch Fälle von Long Covid verhindern und erhalten damit auch die Gesundheit der Bevölkerung", zeigte sich Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) am Freitag via Twitter überzeugt. Deswegen, so befand er, sollte auch in Zukunft das "international vorbildliche Testsystem" in Wien erhalten bleiben. Die Wienerinnen und Wiener hätten sich "die beste Gesundheitsversorgung" verdient.

Unterstützung erhält er von der Wiener Wirtschaftskammer, die gemeinsam mit der Stadt - und Projektpartnern wie Rewe und dem Laborbetreiber Lifebrain - die Gurgel-Initiative gestartet haben. "Mit 'Alles Gurgelt' haben wir ein internationales Vorzeigeprojekt auf die Beine gestellt. Neben der Vielfalt der Wiener Wirtschaft sind auch die kostenlosen, sicheren und flächendeckende PCR-Tests, die wir mit 'Alles Gurgelt' bereitstellen können, ein entscheidender Faktor, warum Wien als Wirtschaftsstandort bisher besser durch die Krise gekommen ist, als andere", betonte Kammerpräsident Walter Ruck in einer Stellungnahme gegenüber der APA.

"Es hat sich bezahlt gemacht, dass wir dieses Projekt frühzeitig gemeinsam mit der Stadt Wien initiiert haben", verwies er auf den Start vor rund einem Jahr: "Jetzt über ein Auslaufen der Gratis-Tests zu entscheiden, halte ich für verfrüht."

Wien hat zuletzt eine Vielzahl von Argumenten vorgebracht, die nach Ansicht der Stadt für das Programm sprechen. So könnten nicht nur nicht asymptomatische infizierte Betroffene entdeckt und aus der Infektionskette geholt werden, auch für die rasche Entdeckung bzw. das Monitoring neuer Varianten seien die Tests wichtig, wurde betont. Zudem wurde auf die nach Ansicht der Stadt günstige Kostenstruktur verwiesen. Ein Gurgeltest schlägt demnach nur mit sechs Euro zu buche.

Dies führe dazu, dass der Anteil Wiens an den bundesweiten Ausgaben 2021 höchstens 25 Prozent betragen haben dürfte, obwohl man rund 70 Prozent der PCR-Test durchführe, hieß es im Büro von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) auf Anfrage der APA. Eine exakte Zahl gibt es vorerst noch nicht, da der Rechnungsabschluss für das vergangene Jahr noch nicht vorliegt. Dass in anderen Bundesländern die Tests teurer sind, könnte unter anderem dran liegen, dass man dort noch zu einem großen Teil auf Antigentests setzt, vermutet man. Für deren Abnahme sei medizinisches Personal nötig.

Selbst zahlen wird Wien das Programm nicht, wie Ludwig und Hacker wiederholt bekräftigt haben. "Alles was wir tun, unterliegt dem Kommando des Gesundheitsministers", gab der Stadtrat etwa kürzlich zu bedenken. Man sei ständig in Abstimmung mit dem Bund und immer in der mittelbaren Bundesverwaltung. "Wir hätten nicht die Kompetenz dazu, ich könnte es dem Rechnungshof gar nicht erklären."

Am Rande einer Pressekonferenz auf die mögliche Abschaffung der Gratis-Tests angesprochen, verwies Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) am Freitag auf die hohen Kosten, die bisher auf 2,6 Milliarden angewachsen sind. Durch Omikron sei eine neue Lage entstanden und man müsse sich überlegen, ob es sinnvoll sei, Geboosterte ohne Symptome zu testen. Bis Ende März würde aber an der bisherigen Praxis festgehalten.

In ein, zwei Wochen soll jedenfalls von Gecko eine neue Teststrategie vorgelegt werden. Der Ressortchef gab zu bedenken, dass man bei Bedarf in der Lage sein müsse, das gesamte Testsystem wieder hochzufahren.

Im Lifebrain-Labor in Wien-Penzing könnte es dabei zumindest personell eng werden. Mit der Abschaffung würde ein drastischer Stellenabbau in dem Unternehmen einhergehen, hieß es zuletzt. Bei einem kompletten Aus für die Gratistests "müssten wir von den 1.600 Mitarbeitern 1.200 abbauen", sagte Firmengründer Michael Havel in einem Interview mit der APA. Das Unternehmen nennt auch Umsatzzahlen: Im Gesamtjahr 2021 erzielte Lifebrain mit der Auswertung von rund 23 Millionen PCR-Gurgeltests einen Umsatz von etwa 300 Mio. Euro am Standort in Wien.

Dass Testen ohne Symptome durchaus sinnvoll ist, davon ist jedenfalls der Wiener Umweltstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) überzeugt. Er laboriert aktuell an einer Covid-Erkrankung - mit relativ milden Symptomen, wie er in einer Twitter-Nachricht informierte. In dem Tweet berichtete er davon, sich im Familienkreis angesteckt zu haben. Die erste Infektion dort sei aufgrund eines PCR-Tests rasch festgestellt worden. Daraufhin habe er sich in Selbstisolation geben.

"Hätten wir keinen täglichen Zugang zu PCR-Tests gehabt, wäre ich in den ersten Tagen noch unter vielen Leuten gewesen, jungen, alten, beruflich und privat. Ich hätte sie der Gefahr einer Infektion ausgesetzt, einer Infektion, auf die ich selbst sehr gut hätte verzichten können", versicherte er.

ribbon Zusammenfassung
  • Die Bundeshauptstadt Wien drängt weiter auf eine Fortführung des kostenlosen Corona-Testprogramms - das in Wien vor allem über die Initiative "Alles gurgelt" abgewickelt wird.
  • Das Aus für Gratistests ab 31. März steht zumindest im Raum.
  • Nicht nur im Rathaus will man dies nicht hinnehmen.
  • Auch die Wiener Wirtschaftskammer warnte am Freitag vor einem zu frühen Aus.
  • Zudem wurde auf die nach Ansicht der Stadt günstige Kostenstruktur verwiesen.