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"Keine Einbahnstraße": Wie die ÖVP die Sozialhilfe neu regeln will

Die ÖVP stellt am Donnerstag ihr Modell für die "Sozialhilfe Neu" vor und schießt damit vor allem gegen die Pläne der SPÖ und der Stadt Wien. Die Volkspartei wolle mit dem Modell den Sozialmissbrauch minimieren. Es müsse als "letztes Netz dienen, statt als erste Anlaufstation", sagt Bundeskanzler Karl Nehammer in einer Aussendung. Der Plan im Detail.

Der Fall einer in Wien lebenden syrischen Familie mit sieben Kindern, die 4.600 Euro Mindestsicherung erhält, hatte zuletzt medial für Aufsehen gesorgt. Die Debatte nahm nun auch die ÖVP zum Anlass, um einen Plan für die Mindestsicherung zu präsentieren und gleichzeitig auch gegen die SPÖ mobil zu machen. 

Denn die SPÖ möchte das Wiener Modell rund um die Mindestsicherung auf ganz Österreich ausweiten. Das Wiener Modell hatte die ÖVP angesichts des Falls der syrischen Familie besonders scharf kritisiert. 

Die ÖVP behauptet nun sogar, die besagte Familie würde mit dem SPÖ-Modell durch zusätzliche Transferleistungen rund 6.800 Euro Mindestsicherung erhalten. Eine Milchmädchenrechnung, denn immerhin bezieht die besagte syrische Familie schon Mindestsicherung nach dem Wiener Modell.

Die Familie wurde nach ÖVP-Modell nur etwa 1.780 Euro reine Sozialhilfe bekommen, heißt es in einer Aussendung.

"Modell gegen Sozialmissbrauch"

Das soll ein degressives Modell ermöglichen - bei zunehmender Zahl an Kindern soll damit die finanzielle Leistung pro Kind reduziert werden.  So wolle man "unverhältnismäßig hohe" Sozialleistungen für kinderreiche Familie vermeiden.

Zudem solle die volle Höhe an Sozialleistungen erst ausgezahlt werden, wenn man sich fünf Jahre rechtmäßig in Österreich aufhält. Bis dahin besteht Anspruch auf die Hälfte der Sozialleistungen, so der Plan. Wer aber erwerbstätig ist, Praktika macht oder Integrationsmaßnahmen wie etwa Sprachkurse unternimmt, soll die volle Höhe schon frühzeitig bekommen können. 

Ziel der Maßnahmen sei es, Sozialmissbrauch zu verhindern. "Gerechtigkeit und Fairness müssen vor Missbrauch geschützt werden", sagt Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) bei einer Pressekonferenz am Donnerstag. Er könne den Unmut über die Bezugshöhe im Fall der syrischen Familie aus Wien verstehen. "Es ist unfair, denen gegenüber, die es finanzieren", so Nehammer. "Das Sozialsystem muss als Netz dienen, es muss für die da sein, die wollen, aber nicht können und die können, aber nicht wollen, wieder zurückführen in den Arbeitsmarkt". 

Die Auszahlungen an Sozialhilfe sollen zudem in der Transparenzdatenbank eingemeldet werden, dafür müsse ein Integrationsbankgesetz geschaffen werden, heißt es weiter. Es soll auch mehr Sach- als Geldleistungen geben.

Mindestsicherung macht 0,7 Prozent aus

Im Jahr 2022 beliefen sich die Sozialausgaben in Österreich auf insgesamt rund 136 Milliarden Euro. Rund 974 Millionen Euro davon wurden 2022 laut Statistik Austria für die Mindestsicherung ausgegeben. Das entspricht 0,7 Prozent der Sozialausgaben.

Video: Babler zu 4.600 Euro Mindestsicherung

ÖVP droht Wien mit Verfassungsgerichtshof 

Kritik findet die ÖVP auch an der Stadt Wien, die sich dem Sozialhilfe-Grundgesetz widersetzen würde. Subsidiär Schutzberechtigten zahle die Stadt nämlich mehr als die Grundversorgung, das sei verfassungswidrig. Die ÖVP droht, den Verfassungsgerichtshof einzuschalten.

Dabei dürfte es sich aber um eine leere Drohung handeln. Inwiefern es gegen die Verfassung verstoße, wenn Menschen mehr als die Grundversorgung bekommen, bleibt die ÖVP schuldig.

Die SPÖ tat die ÖVP-Kampagne schon am Mittwoch als "unsägliche Kampagne" ab. Der Plan sei "gegen armutsbetroffene Kinder" und sei an "Niedertracht nicht zu überbieten", sagte der SPÖ-Bundesgeschäftsführer Klaus Seltenheim als Reaktion auf eine Pressekonferenz des ÖVP-Generalsekretärs Christian Stocker. 

ribbon Zusammenfassung
  • Die ÖVP stellt am Donnerstag ihr Modell für die "Sozialhilfe-Neu" vor und schießt damit vor allem gegen die Pläne der SPÖ und der Stadt Wien.
  • Die Volkspartei wolle mit dem Modell den Sozialmissbrauch minimieren.
  • Es müsse als "letztes Netz dienen, statt als erste Anlaufstation", sagt Bundeskanzler Karl Nehammer in einer Aussendung.
  • Der Plan im Detail.