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Vor 50 Jahren begann erster Zivildiener Österreichs

29. März 2025 · Lesedauer 5 min

Vor 50 Jahren, am 1. April 1975, haben die ersten Zivildiener Österreichs ihren Wehrersatzdienst begonnen. Der Steirer Max Aufischer war einer von ihnen und trug die Zivildienstnummer 01. Trotz anfänglicher Beschimpfungen und Stigmatisierung habe er seine Entscheidung nie bereut - im Gegenteil: "Es war eine Schule für das Leben", und es habe sich entscheidend auf seinen Werdegang als Kunsterzieher und später auch Kulturvermittler ausgewirkt, sagte er im APA-Gespräch.

Früher oft als "Drückeberger" bezeichnet, sind die Zivildiener heute an vielen Orten gerne gesehen, sei es in Spitälern, Behindertenrichtungen oder Kindergärten. Insgesamt haben bisher rund 440.000 junge Männer den Wehrersatzdienst in Österreich geleistet, der aktuell neun Monate dauert. Aufischer war damals acht Monate - gleich lang wie der Wehrdienst im Jahr 1975 - als Zivildiener beim Roten Kreuz in der Steiermark im Einsatz. Seine Plakette mit der Nummer eins ist heute als Dauerleihgabe im Stadtmuseum in Graz zu sehen: "Erster zu sein, war nicht unbedingt neu für mich: Es ging nach Alphabet, wie auch in der Schule." Beim Sport sei er zwar nie Erster geworden, aber beim Zivildienst trug er die heute historische Nummer eins.

Seine Beweggründe damals lagen in einer persönlichen Erfahrung, die er nach einem schweren Verkehrsunfall gemacht hatte: "Ich lag mit rund 20 anderen in einem Spitalszimmer und etliche Leute sind da gestorben", erinnerte er sich. Das habe ihn so geprägt, dass er seinen ursprünglichen Wunsch, Berufssoldat zu werden, aufgab. Einmal verweigerte er den Wehrdienst schon, danach trat das Gesetz für die Möglichkeit des Zivildienstes in Kraft und damit war für ihn klar, dass er diesen absolvieren will. "Ich habe dort wahnsinnig viel gelernt, Technisches wie Soziales. Das hat mein Leben und meine Einstellung geprägt. Ich habe die gesellschaftliche Vielfalt kennengelernt", sagte er.

Dennoch sei die Zeit am Anfang nach seiner Entscheidung nicht einfach gewesen: "Man war Beschimpfungen ausgesetzt, erfuhr Stigmatisierung und es gab Ängste, dass man später keinen Job im öffentlichen Dienst bekommt. Sogar dem engsten Familienkreis war meine Entscheidung missfallen", schilderte Aufischer. Großes Lob hat er rückblickend für das Rote Kreuz übrig, denn obwohl der Zivildienst anfangs umstritten war, habe die Rettungsorganisation ihn und die anderen Zivildiener, die mit ihm zugleich angefangen haben, gut aufgenommen. "Am Anfang gab es zwar bei den hauptberuflichen Rettungssanitätern Bedenken, dass sie wegrationalisiert werden könnten, aber das war ein Irrtum." Sie hätten ihn im Einsatz stets unterstützt, denn im Gegensatz zu heute gab es damals für die Zivildiener gerade einmal drei Wochen Ausbildung für Erste Hilfe.

Standard von damals nicht vergleichbar mit heute

Heute bildet das Rote Kreuz jedes Jahr rund 4.400 Zivildiener aus, die eine vollwertige Ausbildung zum Rettungssanitäter erhalten. "Moderne technische Ausstattung, verbesserte Schulungen und effizientere Rettungsfahrzeuge erleichtern den Einsatzkräften die Arbeit zudem. Während ein Rettungswagen damals lediglich mit einem Geburtenset, einem Arztkoffer und einer Sauerstoffflasche ausgestattet war, wäre ein solcher Standard heute längst nicht mehr vorstellbar", hieß es seitens des Roten Kreuz Steiermark.

Trotz oder gerade wegen neuer globaler Bedrohungen und einer Aufrüstung in Europa sieht Aufischer auch heute noch den Zivildienst für enorm wichtig an: Es sei notwendig, "dass es viele gibt, die sich mit dem Rettungswesen auskennen und die praktische Dimension" solcher Hilfseinsätze kennen, so der Steirer. Seine Zeit als Zivildiener verbindet ihn übrigens bis heute mit unterschiedlichen, teils ehrenamtlichen Aufgaben mit dem Roten Kreuz. "Der Zivildienst hat sich in 50 Jahren zu einer unverzichtbaren Säule unserer Gesellschaft entwickelt. Ohne den Zivildienst wäre der Rettungsdienst in seiner heutigen Form nicht umsetzbar", unterstrich Siegfried Schrittwieser, Präsident des Roten Kreuzes in der Steiermark, die Bedeutung.

Gewissensprüfung wurde abgeschafft

Dabei hatte es nach Wiedererlangung der österreichischen Souveränität und der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht recht lange gedauert, bis ein Zivildienst in Österreich etabliert war. Erst seit 1975 gibt es die Möglichkeit, aus Gewissensgründen den Wehrersatzdienst zu leisten. Bis dahin musste diese Gruppe einen Dienst ohne Waffe beim Bundesheer leisten. Im ersten Jahr traten gerade einmal 344 Zivildiener ihren Dienst an.

Zuletzt waren es mehr als 14.000 pro Jahr. Das hängt auch mit der Abschaffung der sogenannten Gewissensprüfung zusammen. Vor einer eigenen Kommission mussten bis 1992 die Interessierten glaubhaft darlegen, dass sie aus Gewissensgründen den Dienst an der Waffe ablehnen. Der Waffengebrauch war den Zivildienern dann auch nach ihrer Tätigkeit über zwei Jahrzehnte nicht erlaubt. Diese Sperre wurde später auf 15 Jahre gesenkt. Mittlerweile gibt es Ausnahmen, etwa wenn ein ehemaliger Zivildiener seine Jagd-Leidenschaft entdeckt.

Dauer des Zivildienstes änderte sich mehrfach

Öfter einmal geändert wurde auch die Dauer des Zivildiensts. Begonnen wurde mit acht Monaten, mit Abschaffung der Gewissensprüfung wurden es zunächst elf, später zwölf Monate, ehe man nunmehr bei neun Monaten mit zwei Wochen Urlaub landete. Die Einsatzgebiete der Zivis sind vielfältig. Besonders das Rettungswesen greift auf die jungen Männer zurück. 40 Prozent der Zivildiener sind in diesem Sektor beschäftigt. Dahinter folgen Sozial- und Behindertenhilfe sowie Altenbetreuung. Zivildiener sind aber auch in Spitälern, Kindergärten, in der Flüchtlingshilfe, im Katastrophenschutz, in der Jugendarbeit oder im Umweltschutz aktiv.

Regional gesehen ist das Interesse am Zivildienst in Wien am größten, danach folgen die Oberösterreicher. Die mit Abstand wenigsten Zivildiener gibt es im Burgenland. Bis zum Alter von 35 Jahren kann man zum regulären Zivildienst einberufen werden, bis 50 zum außerordentlichen. Letzteres wurde lange kaum ernst genommen, bis dann die Corona-Pandemie kam. Anfang April 2020 traten rund 3.500 außerordentliche Zivildienstleistende den Dienst an. Davon waren rund 2.000 ehemalige Zivildiener, die sich freiwillig gemeldet hatten.

(S E R V I C E - www.roteskreuz.at/steiermark/ich-will-helfen/zivildienst)

Zusammenfassung
  • Vor 50 Jahren, am 1. April 1975, begann der Zivildienst in Österreich mit Max Aufischer als erstem Zivildiener.
  • Rund 440.000 Männer haben bisher den Wehrersatzdienst geleistet, der aktuell neun Monate dauert.
  • Anfangs als 'Drückeberger' stigmatisiert, sind Zivildiener heute in vielen sozialen Bereichen anerkannt.
  • Das Rote Kreuz bildet jährlich 4.400 Zivildiener als Rettungssanitäter aus.
  • Die Gewissensprüfung wurde 1992 abgeschafft, was die Anzahl der Zivildiener erhöhte.