Volkshilfe warnt: Armut kommt "in der Mitte der Gesellschaft an"

Steigende Lebensmittelpreise und explodierende Mietkosten - die Teuerungswelle rollt weiterhin über Österreich. Bei der Volkshilfe spürt man das: Die Anzahl der Beratungen verdoppelte sich seit 2021 beinahe. Die Armut kommt "in der Mitte der Gesellschaft an", fasst Volkshilfe-Geschäftsführerin Tanja Wehsely im PULS 24 Gespräch zusammen.

Waren es 2021 noch 1.200 Beratungen, wurden 2023 bereits 2.000 Beratungen bei der Volkshilfe in Anspruch genommen. Allein in den ersten beiden Septemberwochen gab es bei der Fachstelle für Wohnungssicherung und Delogierungsprävention über 1.300 Anfragen. Stetig steigende Mieten und Lebensmittelpreise machen den Österreicher:innen zu schaffen.

Die Armut kommt "in der Mitte der Gesellschaft an", fasst Volkshilfe-Geschäftsführerin Tanja Wehsely im PULS 24 Interview zusammen. "Wir haben viele Menschen, die zu unseren Lebensmittelausgaben kommen und verzweifelt sind und sagen, 'Nie in meinem Leben hätte ich mir gedacht, dass ich hierherkommen muss'", so Wehsely.

"Armut ist weiblich"

Besonders betroffen von der mittlerweile Jahre andauernden "Multikrise" seien Frauen, vor allem Alleinerziehende mit Kindern. "Armut ist weiblich", stellte die Volkshilfe-Geschäftsführerin klar. Frauen hätten bereits vor Corona Mühe gehabt, sich das tägliche Leben zu leisten.

"Wir reden nicht von Luxus, wir reden nicht von Zusatz", betonte Wehsely. Bei zahlreichen Frauen würde das Einkommen wegen der "exorbitanten" Verteuerung der Preise nicht mehr ausreichen.

Immer mehr Lebensmittelpakete pro Woche nötig

Die gestiegene Nachfrage an Unterstützung merkt man bei der Volkshilfe auch an der Menge der ausgegebenen Lebensmittelpakete. Vor Corona wurden pro Woche circa 60 Pakete zu je acht Kilogramm ausgegeben. Derzeit sind es 250 Lebensmittelpakete pro Woche. Dabei bemühe man sich, dass sie denselben Umfang haben, wie vor zwei Jahren. 

Und trotzdem: "Zwischen 70 und 100 Personen schicken wir weg, weil wir nicht genügend Lebensmittel haben", sagte Wehsely.

Einmalzahlungen "nicht ausreichend"

Die Volkshilfe-Geschäftsführerin fordert von der Regierung deswegen nachhaltige Lösungen. "Einmalzahlungen waren gut", aber "nicht ausreichend und nicht nachhaltig". Es brauche eine Eindämmung der Teuerungswelle, gesenkte Lebensmittelpreise und eine "Mietpreisbremse, die wirklich etwas bewirkt".

Zudem sei eine "Kindergrundsicherung" nötig: Jedes fünfte Kind in Österreich sei von Armut betroffen, "dass das geht, ist eine Schande", so Wehsely. Sie fordert daher einen Sockelbetrag für jedes Kind, damit es eine Chance im Leben habe, unabhängig vom Einkommen seiner Eltern. 

Aktion zum Internationalen Tag der Armut

Die Volkshilfe Wien organisiert deswegen rund um den internationalen Tag der Armut am 17. Oktober Spendenaktionen.

Am Freitag, 13.10.2023, stehen Freiwillige vor Supermärkten und bitten, einige Produkte mehr für Armutsbetroffene zu kaufen. So sollen dringend nötige Lebensmittelpakete weiter befüllt werden.

Man freue sich aber auch über Geldspenden oder die eine oder andere "helfende Hand", ließ Wehsely wissen.

ribbon Zusammenfassung
  • Steigende Lebensmittelpreise und explodierende Mietkosten - die Teuerungswelle rollt weiterhin über Österreich.
  • Bei der Volkshilfe spürt man das: Die Anzahl der Beratungen verdoppelte sich seit 2021 beinahe.
  • Die Armut kommt "in der Mitte der Gesellschaft an", fasst Volkshilfe-Geschäftsführerin Tanja Wehsely im PULS 24 Gespräch zusammen.