VfGH entscheidet über U-Ausschuss
In Sachen Untersuchungsausschuss geht es um staatsanwaltliche Unterlagen bezüglich einstiger Ermittlungen rund um die (VP-nahe) Agentur Mediaselect. Rot und Blau wollten die aus dem Justizministerium beschaffen lassen, scheiterten aber an der Koalitionsmehrheit. SPÖ und FPÖ halten das für rechtswidrig, weil der gesamte Untersuchungsgegenstand dieses Ausschusses rechtswidrig und noch dazu keine Begründung vorgelegt worden sei.
Das gleiche Argument bringen sie in einer zweiten Sache vor. Hier geht es um die Anforderung von Unterlagen von allen Mitgliedern der Bundesregierung - also auch von Regierungsmitgliedern, die der ÖVP zuzurechnen sind.
Die Entscheidung der Höchstrichter wird auch Auswirkung auf ein weiteres Verlangen haben, diesmal von der Volkspartei. Diese will Akten im Zusammenhang mit einer alten Korruptionsaffäre der Kärntner Freiheitlichen, wird aber - wie die "Presse" bericht - vom Justizressort vertröstet. Gleiches gilt für Anliegen der NEOS in Sachen "Spesen-Affäre" der Wiener FPÖ. Gleich mehrmals verweist das Justizministerium in seiner abschlägigen Antwort auf die laufenden Prüfungen des Verfassungsgerichtshofes, "auch über die Frage der Rechtswidrigkeit des Untersuchungsgegenstandes" per se.
Zurück zur kommenden VfGH-Session: Ebenfalls Gegenstand der Beratungen sind Bestimmungen zur Grundversorgung mit Strom und Gas. Der Tarif darf dabei nicht höher sein als jener, zu dem das Energieversorgungsunternehmen die größte Anzahl seiner Haushaltskunden versorgt. Der Verfassungsgerichtshof hat in dieser Sache ein Gesetzesprüfungsverfahren eingeleitet. Vor allem die Klarheit der Bestimmungen wurde bisher angezweifelt.
Schon lange ein Thema ist der Schulbesuch von Jugendlichen mit sonderpädagogischem Bedarf bzw. die Bestimmungen zu einer freiwilligen Verlängerung. Das Bundesverwaltungsgericht hält die Voraussetzungen für diese Verlängerung für verfassungswidrig. Es hat daher den Antrag an den VfGH gestellt, eine Bestimmung des Schulunterrichtsgesetzes aufzuheben.
Nach dieser können Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf die allgemeinbildende Pflichtschule drei Jahre über die Erfüllung der (neunjährigen) Schulpflicht hinaus freiwillig besuchen. Allerdings bedarf die Absolvierung eines elften und zwölften Schuljahres der Bewilligung der zuständigen Schulbehörde (Bildungsdirektion). Der Schulerhalter (bei öffentlichen Pflichtschulen das Land, die Gemeinde oder der Gemeindeverband) muss auch noch zustimmen.
Anlass für dieses Gesetzesprüfungsverfahren ist die Beschwerde eines 18-jährigen Niederösterreichers gegen einen Bescheid der Bildungsdirektion für Niederösterreich, mit dem diese den Antrag auf Bewilligung eines freiwilligen zwölften Schuljahres abgewiesen hat, weil die Gemeinde (als Schulerhalterin) eine negative Stellungnahme ("aus Platzgründen nicht möglich") abgegeben habe.
Schließlich werden auch Grenzkontrollen zu Slowenien in den Jahren 2021 und 2022 Thema der Verfassungsrichter sein. Der Beschwerdeführer passierte im Dezember 2021 die Grenzübergangsstelle Grablach/Grablje mit seinem Pkw, ohne anzuhalten und sich der Grenzkontrolle zu stellen. Dementsprechend wurde er zu einer Geldbuße verdonnert. Der Mann hält diese aber für verfassungswidrig, da die Einführung und Verlängerung von Grenzkontrollen im Schengenraum nur dann zulässig sei, wenn jeweils eine ernsthafte Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit vorliege, die eine solche Maßnahme rechtfertige. Dies sei damals nicht der Fall gewesen.
Zusammenfassung
- Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) nimmt in seiner neuen Session die Untersuchung von Machtmissbrauchsvorwürfen gegen die SPÖ und FPÖ auf, wobei die Parteien Akten aus dem Justizministerium und VP-geführten Ressorts einfordern.
- In der Energieversorgung steht die Prüfung des Grundversorgungstarifs für Strom und Gas an, der nicht höher sein darf als der meistvergebene Tarif an Haushaltskunden.
- Ein 18-jähriger Niederösterreicher hat eine Verfassungsklage eingereicht, nachdem sein Antrag auf ein freiwilliges zwölftes Schuljahr aufgrund einer negativen Stellungnahme der Gemeinde abgelehnt wurde.