VfGH berät zu Handy-Sicherstellung, Grasser und Klima
Am 14. Juni verhandelt der Gerichtshof zur Covid-19-Finanzierungsagentur (COFAG) über mehrere Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Errichtung einer Abbaubeteiligungs AG des Bundes (ABBAG-Gesetz). Anlass für das Verfahren bildet ein Antrag der Wiener Lokalbahnen Verkehrsdienste GmbH (WLV), die sich gegen Bestimmungen in den Richtlinien für die Gewährung eines Fixkostenzuschusses wendet. Der VfGH hat dabei Bedenken, dass die Abwicklung der COVID-19-Finanzhilfen durch die COFAG gegen das Sachlichkeitsgebot und das verfassungsrechtliche Effizienzgebot verstoßen könnte. Als problematisch wird auch erachtet, dass die COFAG bei ihrer Tätigkeit nicht unmittelbar Weisungen des Bundesministers für Finanzen unterliegt.
Am 19. Juni folgt eine Verhandlung zum Gesetz zur Errichtung der Bundesbetreuungsagentur (BBU). Dabei geht es um die Frage, ob die Durchführung der Rechtsberatung und -vertretung durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH (BBU) verfassungskonform ist. Im Fokus steht die Nähe der BBU vor allem zum Innenministerium und die Unabhängigkeit der Beratung.
In Sachen Justiz wird es dann am 22. Juni interessant: Dann steht die Verfassungskonformität von Bestimmungen in der Strafprozessordnung zur Sicherstellung von Mobiltelefonen im Mittelpunkt. Ein Mann, dem von der Staatsanwaltschaft Klagenfurt das Handy abgenommen wurde, sieht die Hürden dafür als zu niedrig an: Es sei nämlich schon bei Vorliegen eines bloßen Anfangsverdachts und Eignung als Beweismittel möglich, ein Mobiltelefon sicherzustellen. Demgegenüber würden andere Ermittlungsmaßnahmen, die mit ähnlich schwerwiegenden Eingriffen verbunden sind, z.B. Hausdurchsuchungen, strengeren Voraussetzungen unterliegen.
Der Fall ist insofern auch politisch brisant, als über genau diesen Punkt ÖVP und Grüne unter dem Schlagwort "Stärkung der Beschuldigtenrechte" verhandeln. Dabei sollte auf das VfGH-Urteil in dieser Causa gewartet werden.
Ebenfalls in den Komplex Beschuldigtenrechte fällt das von Grasser angestrengte Verfahren. Er ist unter anderem der Ansicht, dass es verfassungswidrig sei, dass der Zeitraum vom Beginn der Ermittlungen bis zur rechtskräftigen Beendigung des Strafverfahrens nicht in die Verjährungsfrist eingerechnet wird. Das habe zur Folge, dass die Dauer eines strafgerichtlichen Verfahrens keiner Beschränkung unterliege, was im Widerspruch zum Grundrecht auf eine angemessene Verfahrensdauer stehe.
Einen weiteren großen Komplex bilden diverse "Klimaklagen": Neu dazugekommen ist der Antrag einer Frau, die an Multipler Sklerose leidet, und sich gegen mehrere steuerliche Begünstigungen für die Luftfahrt wendet. Weiterbehandelt wird außerdem der Fall jener zwölf Kinder und Jugendlichen, die aufgrund fehlender Maßnahmen der Bundesregierung ihre Zukunft gefährdet sehen. Ebenfalls weiterberaten wird eine Beschwerde von unter anderem einer steirischen Gemeinde und von GLOBAL 2000, wonach sich aus Art. 2 EMRK nicht nur eine Schutzpflicht des Staates zur Abwendung von Naturkatastrophen und -gefahren ableiten lasse, sondern auch ein Anspruch jedes Betroffenen auf Erlassung geeigneter Maßnahmen.
Zwei Bauunternehmen wenden sich außerdem gegen Bestimmungen im Kartellgesetz. Sie erhielten im Zuge eines kartellrechtlichen Ermittlungsverfahrens aufgrund ihrer Zusammenarbeit mit der Bundeswettbewerbsbehörde den Kronzeugenstatus zuerkannt - parallel dazu führte die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft aber auch ein strafrechtliches Verfahren und erhielt im Zuge dessen die Akten von Bundeswettbewerbsbehörde und des Kartellgerichts samt Kronzeugenerklärungen. Dagegen wenden sich die Unternehmen und sehen das verfassungsrechtliche Verbot des Zwangs zur Selbstbezichtigung beeinträchtigt.
Außerdem beschäftigt sich der VfGH mit Wahlanfechtungen im Burgenland. So haben etwa drei Mitglieder der Liste "TVM - Tschürtz Vorwärts Mattersburg" wegen der angeblichen systematischen Begünstigung größerer Parteien die Wahl des Gemeindevorstandes von Mattersburg angefochten. Auch die Bürgermeisterstichwahl in Forchtenstein wurde beeinsprucht: Hier bemängelt die ÖVP, dass in einem Wahlsprengel auch Hilfskräfte an der Auszählung der Stimmen mitgewirkt hätten, zudem sei dort die Niederschrift der Sprengelwahlbehörde nicht unterschrieben worden.
Zusammenfassung
- Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) berät in seiner kommende Woche beginnenden Session über einige brisante Beschwerden.
- Unter anderem stehen Klimaklagen, die Regelungen zur Sicherstellung von Handys sowie ein Antrag von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser im Zusammenhang mit seiner erstinstanzlichen Verurteilung im BUWOG-Prozess auf dem Programm.
- Am 19. Juni folgt eine Verhandlung zum Gesetz zur Errichtung der Bundesbetreuungsagentur (BBU).