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Van der Bellen und Kaljulaid kritisieren Weißrussland scharf

Die estnische Präsidentin Kersti Kaljulaid ist am Mittwoch im Rahmen eines Staatsbesuchs von Bundespräsident Alexander Van der Bellen empfangen worden. Beide kritisierten die von Weißrussland (Belarus) erzwungene Landung eines Flugzeugs und die anschließende Inhaftierung des Oppositionellen Roman Protassewitsch und seiner Freundin scharf. Das sei eine "staatliche Entführung" gewesen, sagte Van der Bellen auf der gemeinsamen Pressekonferenz.

Dies sei ebenso wie die Gewalt nach den offensichtlich gefälschten Präsidentschaftswahlen in Weißrussland "inakzeptabel", betonte der Bundespräsident. Bisher habe das weißrussische Regime alle Dialogbemühungen verweigert. "Es versteht sich von selbst, dass wir verlangen, dass die beiden sowie alle anderen Gefangenen unverzüglich freigelassen werden", erklärte der Bundespräsident. Welche Alternativen es zu Sanktionen in personeller und wirtschaftlicher Hinsicht geben solle, sei eine heikle Frage, so Van der Bellen. Man werde vielleicht andere internationale Foren, wie die Vereinten Nationen, einbeziehen müssen.

Es könne jedenfalls nicht sein, "dass ein Flugzeug in Europa entführt wird und Leute dann eingesperrt und gefoltert werden", konstatierte der Bundespräsident. Österreich habe bisher versucht zwischen dem weißrussischen Staatschef Alexander Lukaschenko und der Opposition zu vermitteln und werde dies auch weiter versuchen. Über die Entwicklung in Weißrussland müsse man jedenfalls auch mit Russland sprechen, so Van der Bellen. Russland sei ein Teil Europas, doch das Verhältnis der EU zu Moskau habe sich in den vergangenen Jahren in eine negative Richtung entwickelt, was er sehr bedauere. Nun müsse die EU jedenfalls den Druck aufrechterhalten, dennoch dürfe der Dialog nicht aufgegeben werden, sagte der Bundespräsident.

Dieser Akt des Staatsterrorismus sei schockierend, sagte Kaljulaid und forderte weitere Maßnahmen gegenüber Minsk. Die estnische Staatspräsidentin betonte, es sei zu früh, um sagen zu können, ob die Sanktionen der Europäischen Union ausreichend seien, klar sei aber, dass es einer gemeinsamen Strategie gegenüber Moskau bedürfe. "Es gibt kein Land in Europa, das enttäuschter ist über die Entwicklung bei unseren östlichen Nachbarn", so Kaljulaid. Estland sei jedenfalls bereit, die Opposition in Weißrussland weiter zu unterstützen. Die estnische Präsidentin betonte, einig seien sie und Van der Bellen sich auch, was die Beitrittsperspektive der Westbalkanländer betreffe, man dürfe dabei aber auch nicht auf Staaten der Östlichen Partnerschaft, wie die Ukraine und Georgien, vergessen.

Nicht überbewerten wollte Van der Bellen, dass die Entscheidung für einen Gipfel zwischen US-Präsident Joe Biden und Russlands Präsident Wladimir Putin auf Genf und nicht Wien gefallen sei. "Wir würden uns immer freuen, wenn Wien ausgewählt wird, sollten aber auch nicht auf die Schweiz eifersüchtig sein", so Van der Bellen. Kaljulaid erklärte, sie habe Biden vor seiner Wahl zum US-Präsidenten getroffen und sie glaube, mit Biden habe Europa "einen neuen Partner im Kampf für Menschenrechte" bekommen.

Ebenfalls große Einigkeit herrschte zwischen den zwei Staatsoberhäuptern dahingehend, dass die EU beim Kampf gegen die Klimakrise vorangehen müsse. "Rasche und entschlossene Schritte" seien nun notwendig, so Van der Bellen. Estland könne als eine Art "Weltmeister der Digitalisierung" hier auch als Vorbild dienen. Die bilateralen Beziehungen und die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Estland und Österreich seien "sehr gut", so Van der Bellen, so sei ungeachtet der Pandemie der Warenverkehr in beide Richtungen angestiegen. Auch über die Drei-Meere-Initiative - der Name bezieht sich auf Ostsee, Adria und Schwarzes Meer - und die Möglichkeiten von grenzüberschreitenden Projekten in dem Rahmen wurde gesprochen. Kaljulaid freute sich über den Austausch zur Digitalisierung und dankte Österreich für die Hilfe in der Coronakrise.

Um 14.30 Uhr traf Kaljulaid den Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) und trug sich dabei auch in das Goldene Buch der Stadt Wien ein. Das für Mittwoch geplante Gespräch mit Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wurde auf den morgigen Donnerstag um 9.15 Uhr verschoben. Am Nachmittag nehmen Kaljulaid und Van der Bellen an einem bilateralen Wirtschaftsforum teil, auch ein Treffen Kaljulaids mit Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) ist avisiert. Am Donnerstag findet im Haus der EU dann noch ein virtuell verfolgbares Gespräch zwischen der Präsidentin und dem Bundespräsidenten statt. Themen sind die nächsten dringlichen Herausforderungen, mit denen Europa nach der Corona-Pandemie konfrontiert sein wird.

ribbon Zusammenfassung
  • Die estnische Präsidentin Kersti Kaljulaid ist am Mittwoch im Rahmen eines Staatsbesuchs von Bundespräsident Alexander Van der Bellen empfangen worden.
  • Beide kritisierten die von Weißrussland erzwungene Landung eines Flugzeugs und die anschließende Inhaftierung des Oppositionellen Roman Protassewitsch und seiner Freundin scharf.
  • Über die Entwicklung in Weißrussland müsse man jedenfalls auch mit Russland sprechen, so Van der Bellen.