UNO: Humanitäre Krise im Libanon spitzt sich zu
Nach wochenlanger Pause tauschten sich unterdessen US-Präsident Joe Biden und Israels Premier Benjamin Netanyahu erstmals wieder über die Lage in Nahost aus. Die EU-Kommission kündigte eine Luftbrücke für den Libanon zwecks Lieferung von Hilfsgütern an.
Biden telefonierte mit Netanyahu
Wie das Weiße Haus am Mittwoch in Washington mitteilte, führten Biden und Netanyahu ein Telefonat, an dem auch Vizepräsidentin und US-Präsidentschaftsbewerberin Kamala Harris teilnahm. Zwischen Biden und Netanyahu hatte es seit sieben Wochen kein direktes Gespräch gegeben.
-
Mehr lesen: Israel weitet Bodeneinsätze im Libanon aus
In der Zwischenzeit startete Israel seine militärische Offensive gegen die proiranische Schiitenmiliz Hisbollah im Südlibanon und tötete deren Anführer Hassan Nasrallah. Der Iran beantwortete dies mit einem massiven Raketenangriff auf Israel.
Bei dem Telefonat zwischen Biden und Netanyahu sollte es dem Vernehmen nach um die mögliche Antwort Israels auf den iranischen Raketenangriff gehen. Biden hatte sich gegen Angriffe auf iranische Atom- oder Ölanlagen gewandt. Über das Telefonat am Mittwoch sollte zu einem späteren Zeitpunkt weiter informiert werden.
"Erbarmungslose Bombardierungen verstärken Leid"
Am vorigen Sonntag habe es an einem einzigen Tag mehr als 30 Luftangriffe in den südlichen Vororten der Hauptstadt Beirut und Umgebung gegeben, so das OCHA. "Die erbarmungslosen Bombardierungen verstärken das Leid verwundbarer Bevölkerungsgruppen", hieß es.
Der Libanon kann mit den rund 600.000 Menschen, die durch Angriffe im Land seit einem Jahr vertrieben wurden, demnach kaum umgehen. Etwa 80 Prozent der nahezu 1.000 Notunterkünfte sind voll. Drei Viertel davon sind Schulen, die in Notunterkünfte verwandelt wurden. Der Beginn des Schuljahres wurde deswegen bereits bis Anfang November verschoben. Unter den Vertriebenen sind dem UNO-Kinderhilfswerk (UNICEF) zufolge rund 350.000 Kinder.
"Heute starten wir eine humanitäre Luftbrücke mit drei Flügen, die mit Hilfsgütern beladen sind", teilte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Mittwoch im Onlinedienst X mit. "Die EU steht an der Seite der von der Krise im Libanon betroffenen Menschen", betonte von der Leyen.
https://twitter.com/vonderleyen/status/1843961488475816023?ref_src=twsrc%5Egoogle%7Ctwcamp%5Eserp%7Ctwgr%5Etweet%7Ctwtr%5Etrue
Die Flugzeuge sollen nach Angaben der Kommission unter anderem Decken, Materialien für Notunterkünfte wie Zelte, Medikamente, Hygieneartikel, Decken und medizinische Ausrüstung in den Libanon liefern. Sie sollen von Brindisi im Süden Italiens bzw. von Dubai aus abfliegen, die erste Lieferung wird demnach am Freitag in der libanesischen Hauptstadt Beirut erwartet.
Hilfen aus mehreren EU-Ländern
Die Lieferungen ergänzen Hilfen, die bereits aus mehreren EU-Mitgliedstaaten wie Spanien, der Slowakei, Polen, Frankreich und Belgien Hilfen losgeschickt wurden. Die Kommission übernimmt dabei die Transportkosten und koordiniert die Hilfsmaßnahmen. Bereits vor der neuen Zusage hatte die EU in diesem Jahr rund 104 Millionen Euro an humanitärer Hilfe für den Libanon bereitgestellt.
-
Mehr lesen: Israel: Erneut Hisbollah-Kommandant getötet
Die israelische Armee fliegt seit dem 23. September massive Luftangriffe gegen Ziele der vom Erzfeind Iran unterstützte Hisbollah-Miliz im Libanon und kündigte vor rund einer Woche zudem den Einsatz von Bodentruppen an. Nach Einschätzung des UNO-Flüchtlingshochkommissariats (UNHCR) wurden infolge der Angriffe mindestens 1,5 Millionen Menschen vertrieben.
Die Hisbollah hatte einen Tag nach dem Hamas-Großangriff vom 7. Oktober 2023 mit Luftangriffen eine zweite Front gegen Israel eröffnet.
Libanon: Millionen auf der Flucht
Zusammenfassung
- Die humanitäre Krise im Libanon verschlimmert sich durch die Angriffe Israels nach Einschätzung der Vereinten Nationen auf dramatische Weise - "mit alarmierendem Tempo", teilte das UNO-Nothilfebüro (OCHA) am Mittwoch mit.
- Am vorigen Sonntag habe es an einem einzigen Tag mehr als 30 Luftangriffe in den südlichen Vororten der Hauptstadt Beirut und Umgebung gegeben, so das OCHA.
- "Die erbarmungslosen Bombardierungen verstärken das Leid verwundbarer Bevölkerungsgruppen", hieß es.
- Etwa 80 Prozent der nahezu 1.000 Notunterkünfte sind voll. Drei Viertel davon sind Schulen, die in Notunterkünfte verwandelt wurden.
- Unter den Vertriebenen sind dem UNO-Kinderhilfswerk (UNICEF) zufolge rund 350.000 Kinder.