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Unfreiwillige Geburtenkontrolle: Grönlands Indigene fordern Entschädigung

67 Frauen aus Grönland kämpfen für Entschädigungszahlungen, nachdem die dänische Regierung in den 1960er-Jahren unfreiwillige Geburtenkontrolle durchgeführt hat. Tausende Frauen, darunter auch Jugendliche, haben unwissentlich Spiralen eingesetzt bekommen.

In den 1960er-Jahren wollte die dänische Regierung die Geburtenrate der indigenen Bevölkerung Grönlands einschränken. In dieser Zeit hätten mindestens 4.500 Frauen, einige davon im Teenager-Alter, unfreiwillig eine Spirale eingesetzt bekommen. 67 Frauen aus Grönland wollen nun gegen diese ungewollte Geburtenkontrolle vorgehen und verlangen von der dänischen Regierung eine Entschädigung von jeweils 300.000 Kronen (40.225 Euro).

Bis 1953 war Grönland eine dänische Kolonie, heute ist es ein halb-souveränes Territorium Dänemarks.

"Wir werden älter"

Obwohl die dänische und grönländische Regierung eine Untersuchung des Programmes eingeleitet hat, werden die Ergebnisse erst für Mai 2025 erwartet. Die Frauen, die teilweise über 70 Jahre alt sind, verlangen allerdings jetzt eine Entschädigung. "Wir wollen nicht auf die Ergebnisse der Untersuchung warten. [...] Wir werden älter. Die Ältesten von uns, denen in den 1960er-Jahren eine Spirale eingesetzt wurde, sind in den 1940er-Jahren geboren und gehen auf die 80 zu. Wir wollen jetzt handeln", so die Psychologin Naja Lyberth, die den Schadensersatzanspruch eingeleitet hat.

Der dänische Sender DR hat letztes Jahr in einem Podcast die Ausmaße der Kampagne offengelegt. Aufzeichnungen aus dem nationalen Archiv zeigen, dass Frauen zwischen 1966 und 1970 Intrauterinpessar (IUP) besser bekannt als "Spirale", ohne ihr Wissen oder Einverständnis eingesetzt bekommen haben – manche waren erst 13 Jahre alt.  

Schätzungsweise 35 Prozent aller gebärfähigen Frauen in Grönland, hätten laut grönländischer Regierung bis Ende 1969 eine Spirale eingesetzt bekommen.

Unfruchtbarkeit und gesundheitliche Komplikationen

Lyberth zufolge seien die eingesetzten Spiralen teilweise zu groß für die Körper gewesen. Als Folge hätten Frauen mit ernsten gesundheitlichen Komplikationen bis hin zur Unfruchtbarkeit zu kämpfen gehabt. Andere Betroffene hätten nichts von den Geräten gewusst, bis sie kürzlich von Gynäkologen entdeckt wurden.

Um Geld für Sozialhilfe zu sparen, habe man versucht, die Bevölkerungszahl Grönlands zu kontrollieren, beschuldigt Lyberth die damalige dänische Regierung. "Es ist bereits zu 100 Prozent klar, dass die Regierung gegen das Gesetz verstoßen hat, indem sie unsere Menschenrechte verletzt und uns schweren Schaden zugefügt hat."

Am Montag wurde ein Entschädigungsantrag an die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen geschickt. Lyberth hat jedoch wenig Hoffnung. Sie erwartet, dass die Regierung den Antrag bis zum Vorliegen der Ergebnisse der Kommission ablehnen werde. Dass die Gruppe mit ihrem Begehren vor Gericht ziehen muss, schließt die Psychologin nicht aus.

ribbon Zusammenfassung
  • 67 Frauen aus Grönland kämpfen für Entschädigungszahlungen, nachdem die dänische Regierung in den 1960er-Jahren unfreiwillige Geburtenkontrolle durchgeführt hat.
  • Tausende Frauen, darunter auch Jugendliche, haben unwissentlich Spiralen eingesetzt bekommen.
  • Die Frauen verlangen eine Entschädigung von jeweils 300.000 Kronen (40.225 Euro).
  • Schätzungsweise 35 Prozent aller gebärfähigen Frauen in Grönland, seien laut grönländischer Regierung bis Ende 1969 mit einer Spirale versorgt worden.