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Tirols "Gletscherehe": Strafen nach Berufung teils reduziert

Im Falle der Volksbefragung zum letztlich gescheiterten Skigebietszusammenschluss Pitztal-Ötztal in Tirol ist die wegen Missbrauchs der Amtsgewalt gegen den Erstangeklagten ausgesprochene Strafe am Mittwoch vor dem Oberlandesgericht Innsbruck (OLG) reduziert worden. Der Berufung des Drittangeklagten wurde dagegen nicht stattgegeben. Die Sprüche waren nunmehr rechtskräftig. Die beiden sollen als Mitglieder der Wahlbehörde Wahlkarten für Dritte abgeholt und ausgefüllt haben.

Die beiden Angeklagten, die sich nicht schuldig bekannt hatten, waren erstinstanzlich zu bedingten Haftstrafen verurteilt worden. Der Erst- sowie der Drittangeklagte erhielten zwölf Monate bedingt. Zusätzlich wurden sie zu Geldstrafen von 360 Tagsätzen sowie zum Ersatz der Verfahrenskosten verdonnert. In dem Verfahren waren ursprünglich drei Männer auf der Anklagebank gewesen. Das Verfahren gegen den Zweitangeklagten muss indes vor dem Landesgericht Innsbruck teils neu verhandelt werden, nachdem der Oberste Gerichtshof (OGH) dessen Nichtigkeitsbeschwerde stattgegeben hatte. Laut Landesgerichtssprecherin Birgit Fink habe der OGH das Urteil im Fall des Zweitangeklagten aufgrund eines formellen Feststellungsmangels in Teilaspekten aufgehoben. Ein neuer Prozesstermin war nach aktuellem Stand am 3. Oktober anberaumt, sagte sie zur APA. Der Zweitangeklagte war in erster Instanz zu elf Monaten bedingt sowie 300 Tagsätzen verurteilt worden.

Der Richtersenat unter dem Vorsitz von Richter Peter Friedrich bestätigte am Mittwoch nun die gegen den Erst- und den Drittangeklagten ausgesprochenen Strafen "im Grunde", reduzierte jedoch beim Erstangeklagten die Tagsätze - wie beim Drittangeklagten - auf das Minimum. Außerdem wurde der verhängte Gewerbeausschluss auf eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Entgegen der Forderung des Anwalts des Drittangeklagten, Peter Föger, wurde das unterschiedliche Tatverhalten der beiden Angeklagten nicht im Ausmaß der Strafe berücksichtigt und der Berufung des Drittangeklagten damit nicht stattgegeben. Friedrich verwies in seiner Urteilsbegründung auf ein "bewusstes Zusammenwirken" der beiden.

Die insgesamt drei Männer sollen sich im Zuge der Volksbefragung zum letztlich gescheiterten Skigebietszusammenschluss Pitztal-Ötztal in Tirol von 17 Wahlberechtigten die Ermächtigung geholt haben, in deren Namen Wahlkarten von der Gemeinde abzuholen. Die Wahlberechtigten erhielten die Wahlkarten dann jedoch nie, warf die Staatsanwaltschaft Innsbruck den Beschuldigten vor. Die Angeklagten sollen die Wahlkarten vielmehr eigenmächtig ausgefüllt und für den Zusammenschluss gestimmt haben. Dann sollen sie die Wahlkarten in ihrer Funktion als Teil der Wahlbehörde in das Wahlergebnis miteinbezogen haben bzw. durch andere - redliche - Mitglieder miteinbeziehen haben lassen.

Die drei Angeklagten hatten gegen die erstinstanzlichen Schuldsprüche durch das Landesgericht Innsbruck Nichtigkeitsbeschwerde sowie Berufung bezüglich Schuld und Strafe erhoben. Verhandelt wurde am Mittwoch vor dem OLG indes nur über die Strafhöhe und dies nur im Falle des im ursprünglichen Verfahren Erst- sowie des Drittangeklagten. Die von den beiden Angeklagten ebenfalls erhobene Nichtigkeitsbeschwerde war bereits vom OGH abgewiesen worden.

Der Anwalt des Erstangeklagten, René Schwetz, hatte in dem Verfahren am Mittwoch für eine Reduktion der Tagsätze im Falle seines Mandanten plädiert und auf Sorgepflichten sowie einen laufenden Kredit verwiesen. Den Schuldspruch habe sein Mandant mittlerweile "akzeptiert", jedoch solle man ihm aufgrund des Falles nun "nicht die Existenzgrundlage entziehen". Föger wiederum hatte die Strafe für den Drittangeklagten als "unverhältnismäßig" bezeichnet und auf eine "untergeordnete Rolle" seines Mandanten gepocht. Dieser sei "im Wesentlichen Bote" gewesen und nicht direkt an der Fälschung von Unterschriften beteiligt gewesen. "Das ist nicht fair, das ist nicht in Relation", schloss Föger. Die Oberstaatsanwaltschaft hingegen bezeichnete die Strafhöhe als "angemessen".

Die Volksbefragung über das Projekt "Skigebietszusammenschluss Pitztal-Ötztal" hatte am 17. Juli 2022 mit einer knappen Ablehnung geendet. Auf die Frage "Soll der Skigebietszusammenschluss Pitztal-Ötztal gebaut werden?", hatten 353 Stimmberechtigte in St. Leonhard mit "Nein" (50,36 Prozent), 348 (49,64 Prozent) mit "Ja" gestimmt (Wahlbeteiligung: 59 Prozent). Gleich darauf hatten die Verantwortlichen der Pitztaler Gletscherbahn erklärt, das Interesse an der Fortführung des Projektes verloren zu haben. Nach Anklageerhebung wurde seitens der Gemeinde St. Leonhard im Pitztal erneut betont, dass das Projekt abgesagt bleibe.

ribbon Zusammenfassung
  • Das Oberlandesgericht Innsbruck hat die Strafen im Fall des gescheiterten Skigebietszusammenschlusses Pitztal-Ötztal teilweise reduziert. Der Erstangeklagte erhielt 12 Monate bedingte Haft und eine reduzierte Geldstrafe von 360 Tagsätzen.
  • Der Drittangeklagte, der ebenfalls zu 12 Monaten bedingter Haft und 360 Tagsätzen verurteilt wurde, scheiterte mit seiner Berufung. Das Verfahren gegen den Zweitangeklagten muss teils neu verhandelt werden.
  • Die Volksbefragung zum Skigebietszusammenschluss endete mit einer knappen Ablehnung: 353 Stimmen gegen das Projekt, 348 dafür, bei einer Wahlbeteiligung von 59 Prozent.