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Tichanowskaja bildet alternative Führung für Weißrussland

Im Kampf gegen Machthaber Alexander Lukaschenko in Weißrussland hat die Bürgerrechtlerin Swetlana Tichanowskaja aus ihrem EU-Exil heraus mit der Bildung einer alternativen Führung begonnen. Sie ernannte nach einer am Mittwoch veröffentlichten Mitteilung einen Vertreter für Wirtschaftsreformen und einen Menschenrechtsbeauftragten. Außerdem trifft sich Tichanowskaja nächste Woche mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel.

"Das Regime von Alexander Lukaschenko ist nicht nur illegal, sondern wird auch schon nicht mehr mit seinen Aufgaben fertig", schrieb die 38-Jährige im Nachrichtenkanal Telegram. Die Demokratiebewegung sieht Tichanowskaja als Siegerin der Präsidentenwahl vom 9. August.

"Wir können nicht tatenlos zusehen, wie das Land immer mehr in der Krise versinkt", meinte Tichanowskaja. Sie hatte sich am Dienstag mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron in ihrem Exil in Litauen getroffen und will am kommenden Dienstag in Berlin auch mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel zusammenkommen. Merkel bestätigte dies im Bundestag am Mittwoch. Ziel sei es nun, die demokratischen Kräfte in Weißrussland zu einen und für eine Neuwahl einzutreten, sagte Tichanowskaja.

Das Ringen der EU-Staaten um schärfere Sanktionen gegen Weißrussland und Präsident Alexander Lukaschenko geht inzwischen in die nächste Runde. Einen Tag vor dem Gipfel der Staats- und Regierungschefs in Brüssel hieß es am Mittwoch in Kreisen der deutschen Ratspräsidentschaft in Berlin, eine Einigung sei noch nicht erzielt worden. Auf dem Gipfel am Donnerstag und Freitag sei dies aber nicht ausgeschlossen.

In Weißrussland ist der Widerstand gegen Lukaschenko ungebrochen. Studenten mehrerer Hochschulen protestierten gegen die Inhaftierung ihrer Kommilitonen. Breite Kritik löste die Inhaftierung der prominenten Basketball-Spielerin Jelena Lewtschenko aus, die sich wie viele Sportprofis mit den Protesten solidarisch zeigte. Aus der Haft begrüßte die Oppositionsführerin Maria Kolesnikowa in einem Brief den Kampf der Menschen gegen Lukaschenko. "Mit jedem Tag werden wir Belarussen stärker und freier", schrieb die frühere Musikerin, die zwölf Jahre in Stuttgart gelebt hat.

Der 66-jährige Lukaschenko ignoriert die Demokratiebewegung bisher. Die EU-Staaten und andere Länder erkennen ihn nicht mehr als Präsidenten an. Der ukrainische Außenminister Dmitri Kuleba sagte, dass sein Land künftig auf die Bezeichnung Präsident verzichten werde. Kremlchef Wladimir Putin hingegen hatte Lukaschenko zum Wahlsieg gratuliert. Nach blutiger Gewalt des Machtapparats gegen friedliche Demonstranten untermauerte Putin seine Unterstützung auch mit Finanzhilfen für Belarus. Und er stellte Lukaschenko Truppen in Aussicht, sollten die Proteste gegen ihn eskalieren.

Zuletzt hatte die weißrussische Regierung beschlossen, die einflussreiche unabhängige Nachrichtenplattform Tut.by zu schließen. Die Website, die von vielen westlichen Medien als Quelle benutzt wird, bleibe vom 1. Oktober bis 30. Dezember geschlossen, teilte das Informationsministerium in Minsk am Dienstag mit.

ribbon Zusammenfassung
  • Im Kampf gegen Machthaber Alexander Lukaschenko in Weißrussland hat die Bürgerrechtlerin Swetlana Tichanowskaja aus ihrem EU-Exil heraus mit der Bildung einer alternativen Führung begonnen.
  • Sie ernannte nach einer am Mittwoch veröffentlichten Mitteilung einen Vertreter für Wirtschaftsreformen und einen Menschenrechtsbeauftragten.
  • Außerdem trifft sich Tichanowskaja nächste Woche mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel.