Thaler mit 58,2 Prozent neue Tiroler Wirtschaftsbundobfrau
Drei Stimmen waren ungültig. Die 41-Jährige tritt damit die Nachfolge des bisherigen Obmannes, Nationalratsabgeordnetem Franz Hörl an. Dieser hatte sie im Vorfeld unterstützt, auf eine eigene Kandidatur verzichtet und gleichzeitig heftige Kritik an Gerber geübt. Nun gilt er als einer der Gewinner des freitäglichen Showdowns.
Thaler zeigte sich nach der nicht medienöffentlichen Versammlung im rappelvollen Congresspark sichtlich sehr erleichtert und erfreut. Und vergaß auch nicht, einmal mehr Hörl ausführlich zu loben. So stark wie der Bund heute sei - das sei das Verdienst des Seilbahners und Hoteliers. Ob sie ihn massiv in dessen angekündigter, erneuter Kandidatur für den Nationalrat unterstützen wird, wollte Thaler aber erneut nicht kundtun: "Für den Moment kann ich dazu nichts sagen." Dies würden zudem in erster Liste die Gremien der Volkspartei entscheiden. Selbst in den Nationalrat werde sie jedenfalls nicht wechseln.
Ihre Trümpfe seien unter anderem ihr Unabhängigkeit sowie die Aussicht gewesen, mit ihrer Wahl die Jobs der Kammerpräsidentin und der Wirtschaftsbundobfrau wieder in einer Hand zu haben. Mit Gerber verstehe sie sich trotz der Auseinandersetzung "sehr gut", man werde ebenso gut zusammenarbeiten.
"Überrascht und enttäuscht" sei er, meinte indes der Wirtschaftslandesrat angesichts des Wahlergebnisses zur APA. Im Vorfeld habe es "gute Gespräche" gegen und er sei mit dem "besten Team" angetreten. Auf die Frage, welchen Einfluss Hörl auf den Ausgang des Zweikampfes gehabt habe, antwortete Gerber: "Offensichtlich einen sehr großen." Der scheidende Obmann habe bei der Versammlung in seiner Rede auch offen eine Wahlempfehlung für Thaler abgegeben: "Ob das fair ist oder nicht, sei mal dahingestellt." Auch Gerber bekundete jedenfalls mit der neuen Obfrau, mit der er sich sehr gut verstehe, eng und gut zusammenzuarbeiten.
Hörl selbst ließ keinen Zweifel daran, dass ihn Thalers Sieg sehr freut. "Das ist ein guter Tag für den Wirtschaftsbund. Die Unabhängigkeit des Wirtschaftsbundes hat obsiegt", sagte er zur APA. Auf die Frage, ob er Thaler weiter mit Rat und Tat zur Seite stünde: "Ja, aber natürlich nur wenn ich gefragt werde und sie das wünscht. Ich laufe nicht einfach so mit Ratschlägen durch die Gegend." Mit seiner angestrebten Nationalratswahlkandidatur wollte Hörl die Bünde-Wahl nicht in Verbindung bringen: "Das eine hat mit dem anderen ja nichts zu tun."
Der nunmehrigen Wahl war ein fast halbjähriges "Hauen und Stechen" vroausgegangen, das im vergangenen September mit der überraschenden Ankündigung Gerbers, kandidieren zu wollen, seinen Ausgang genommen hatte. Damals warf der Wirtschaftslandesrat seinen Hut noch gegen den wortgewaltigen Zillertaler Seilbahnen-Chef Hörl in den Ring. Ein "Generationenwechsel" müsse her und Hörl wie von ihm ursprünglich angeblich selbst angekündigt anderen Platz machen, meinte der 43-jährige Gerber in Richtung des Nationalratsabgeordneten. Dieser war darob sehr erbost, ortete Verrat bzw. ein hinterlistiges Spiel und sprach gegenüber der APA davon, "überfallen" worden zu sein.
Im Jänner schließlich die Wende: Hörl, der heuer wieder in den Nationalrat einziehen will, verzichtete auf eine Kandidatur zugunsten Thalers. Die erst seit kurzem als Kammerpräsidentin amtierende 41-jährige Noch-EU-Abgeordnete wollte mit einem Sieg auch wieder die vor der Hörl-Ära bestandene "Personalunion" aus Kammerchefin und Wirtschaftsbundobfrau herbeiführen, die "ein Vorteil" wäre. Thaler wurde auf ihrem Wahlvorschlag unter anderem von einflussreichen Granden wie dem Wirtschaftskammervizepräsidenten, Landesinnungsmeister und Bauunternehmer Anton Rieder, der als ihr Stellvertreter kandidiert, unterstützt.
Gerber wiederum wartete unter anderem mit seiner Regierungskollegin, ÖVP-Landesrätin Cornelia Hagele, sowie einer Mehrheit der Bezirks-Wirtschaftskammer- und Wirtschaftsbundchefs auf. Der Wirtschaftslandesrat und Touristiker - seit 2022 in der Landesregierung - wandte sich gegen eine "One-Woman-Show" sowie jene erwähnte "Personalunion" und warb stattdessen mit seinem Landesratsposten als "Asset".
Tirols Landeshauptmann und ÖVP-Landesparteichef Anton Mattle, selbst Wirtschaftsbündler, hielt sich übrigens aus dem schwarzen Wettrennen, das sich immer mehr zur Zerreißprobe entwickelte, wohlweislich heraus. Dem Landeschef seien beide an der Bund-Spitze recht, verlautete es sinngemäß im Vorfeld.
Der in Igls ebenfalls, neben vielen weiteren Granden, anwesende Mattle meldete sich nach der Wahl umgehend zu Wort: "Meinen herzlichen Glückwunsch an Barbara Thaler und ihr Team zur neuen Aufgabe. Es zeigt sich einmal mehr, dass der Tiroler Wirtschaftsbund sehr breit aufgestellt ist." Sein Dank gelte "Mario Gerber und Barbara Thaler für deren Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen und sich innerhalb des Wirtschaftsbundes zu engagieren."
Sowohl Thaler als auch Gerber - beiden ist karrieretechnischer Ehrgeiz nicht fremd - galten bisher immer wieder als mögliche Landeshauptmann-Nachfolgekandidaten, sollte Mattle in ferner Zukunft sich einmal zurückziehen. Für Thaler stellt die nunmehrige Wirtschaftsbundwahl neben ihrem Aufstieg zur Kammerpräsidentin im vergangenen November einen weiteren Coup dar.
Zusammenfassung
- Im Tiroler Wirtschaftsbund findet am Freitag ein Machtkampf um die Führung statt, bei dem 275 Delegierte über die Nachfolge des bisherigen Obmanns und Nationalratsabgeordneten Franz Hörl entscheiden.
- Die Hauptkandidaten sind die 41-jährige Wirtschaftskammerpräsidentin Barbara Thaler und der 43-jährige Wirtschaftslandesrat Mario Gerber, die beide von einflussreichen Persönlichkeiten unterstützt werden.
- Die Wahl könnte Auswirkungen auf die zukünftige politische Karriere von Thaler und Gerber haben, und ein knapper Wahlausgang wird erwartet. Das Ergebnis der Wahl wird um 17.30 Uhr erwartet.