Syrien: Rückkehr von IS-Kämpfern "sehr real"
"Die Gefahr, dass die Lage nächstes Jahr unsicherer wird und Terroristen aus den Gefängnissen freikommen, ist sehr real", sagte der Experte der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) dem Magazin "Stern" laut Vorausmeldung vom Freitag.
US-Präsident Joe Biden habe zwar den Einsatz amerikanischer Truppen gegen die Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) zugesagt. Doch schon ab Ende Jänner könnte der dann als Staatschef amtierende Donald Trump US-Truppen abziehen.
"In den kurdischen Gefängnissen unter US-Aufsicht sitzen etwa 9.000 Kämpfer, davon rund 2.000 Ausländer", sagte Steinberg. Zu diesen ausländischen Kämpfern zählten um die 30, die aus Deutschland gekommen sind, darunter etwa 25 deutsche Staatsbürger. "Das sind ziemlich viele", fuhr Steinberg fort.
Gefahr sei "enorm gewachsen"
Mit den Ereignissen der vergangenen Tage in Damaskus und dem Sieg Donald Trumps bei der US-Präsidentschaftswahl Anfang November sei die Gefahr "enorm gewachsen", dass diese freikämen, sagte der Experte weiter. "Die ausländischen Kämpfer hätten schon vor Jahren in ihre Heimatländer zurückgeführt und dort vor Gericht gestellt werden müssen."
So hätten es etwas die USA und die Kurden immer wieder gefordert, fuhr Steinberg fort. Die letzten beiden deutschen Regierungen aber hätten "versucht, das Problem auszusitzen". Bald könnte es für eine kontrollierte Rückführung zu spät sein - wenn die Terroristen wieder auf freiem Fuß seien. Manche könnten nach Deutschland zurückkehren, sagte Steinberg.
Die islamistische Gruppierung Hayat Tahrir al-Sham (HTS) und mit ihr verbündete Milizen hatten nach ihrer am 27. November begonnenen Großoffensive am Sonntag die syrische Hauptstadt Damaskus eingenommen und den seit Jahrzehnten herrschenden Machthaber Assad gestürzt. Assad setzte sich ins Ausland ab.
Das von den USA unterstützte, kurdisch angeführte SDF-Bündnis spielte eine entscheidende Rolle beim militärischen Sieg über den IS in Syrien im Jahr 2019.
Video: Nach Assad-Sturz: Rückkehr nach Syrien "zu früh"
Zusammenfassung
- Nach dem Sturz von Bashar al-Assad in Syrien warnt der Islamismus-Experte Guido Steinberg vor der unkontrollierten Freilassung von etwa 9.000 IS-Kämpfern aus kurdischen Gefängnissen, darunter rund 2.000 Ausländer.
- US-Präsident Joe Biden hat den Einsatz von US-Truppen gegen den IS zugesagt, doch der designierte Präsident Donald Trump könnte diese Truppen ab Ende Januar abziehen.
- Unter den inhaftierten ausländischen Kämpfern sind etwa 30 Personen aus Deutschland, wovon 25 deutsche Staatsbürger sind, was die Rückführung und gerichtliche Verfolgung in Deutschland dringlich macht.