Sunak erntet Kritik für Baustopp einer Schnellbahntrasse
David Cameron, der 2016 nach dem Brexit-Referendum zurückgetreten war und sich seitdem nur selten öffentlich äußerte, bezeichnete die Entscheidung auf dem Kurznachrichtendienst X (vormals Twitter) als falsch. Das Projekt HS2, das eine bessere Anbindung zwischen London und dem wirtschaftlich abgehängten Norden Englands schaffen sollte, sei dazu gedacht gewesen, das Land zu einen, so Cameron. "Ich bedauere diese Entscheidung", schrieb er und fügte hinzu: "In den kommenden Jahren werden viele zurückschauen auf die heutige Ankündigung und sich fragen, wie diese einmalige Gelegenheit verloren gehen konnte."
Boris Johnson, der von 2019 bis 2022 Premier war, teilte die Nachricht seines Parteifreunds Camerons am Mittwochabend und kommentierte sie mit den Worten: "Ich stimme zu".
Die britische Wirtschaft hat die Ankündigung von Premierminister Rishi Sunak ebenfalls kritisiert. "Wenn Unternehmensvorstände weltweit Investitionsmöglichkeiten abwägen, galt Großbritannien wegen unseres Rufs für Zuverlässigkeit immer als sicherer Hafen", sagte die Chefin des Industrieverbands CBI, Rain Newton-Smith. "Doch die Entscheidung, den Rest des HS2-Projekts fallenzulassen, sendet ein schädliches Signal für den Status Großbritanniens als globales Investitionsziel."
Sunak hatte am Mittwoch auf dem Jahrestreffen seiner Konservativen Partei in Manchester angekündigt, das Vorhaben zu stoppen und stattdessen Dutzende Milliarden Pfund in zahlreiche regionale Verkehrsprojekte zu stecken, das Netzwerk Nord (Network North). Er argumentierte, Kosten und Zeitplan für HS2 seien explodiert. Daher wolle er echte Verkehrserleichterungen für die Menschen in Nordengland schaffen.
Die Schnellstrecke sollte eigentlich London über die Millionenstadt Birmingham in den Midlands mit dem wirtschaftlich abgehängten Norden Englands verbinden. Nachdem bereits Ende 2021 der geplante Abschnitt von Birmingham nach Leeds weitgehend gestrichen worden war, wird HS2 nun fast vollständig auf die ohnehin bereits gut ausgebaute Verbindung von London nach Birmingham reduziert.
"Die Zusage, in ein neues Netzwerk-Nord-Programm für Verkehrsprojekte zu investieren, verspricht dringend benötigte Investitionen für die Region", sagte Newton-Smith. "Aber ein völlig neuer Ansatz birgt die Gefahr, dass Unternehmen in einer Warteschleife mit schlechten Anbindungen und geringer Produktivität verharren, während die neuen Projekte geplant, vorbereitet und schließlich umgesetzt werden."
Der Chef der Lokführergewerkschaft Aslef, Mick Whelan, warf Sunak vor, dem Norden den Rücken zuzukehren. "Er verkauft Großbritannien wieder einmal unter Wert", sagte Whelan. "Das sind schlechte Nachrichten nicht nur für die Bahn und die Wirtschaft, sondern auch für Großbritannien." Der Generalsekretär des Gewerkschaftsbundes TUC, Paul Nowak, sagte, Sunak habe "weder einen Plan noch eine Vision", um das Land voranzubringen. "Wir brauchen dringend politischen Wandel. Das Land kann sich die Tories nicht einen Tag länger leisten", sagte Nowak. Die britischen Gewerkschaften sind traditionell eng mit der Labour-Partei verwoben.
Zusammenfassung
- David Cameron, der 2016 nach dem Brexit-Referendum zurückgetreten war und sich seitdem nur selten öffentlich äußerte, bezeichnete die Entscheidung auf dem Kurznachrichtendienst X als falsch.
- Die britische Wirtschaft hat die Ankündigung von Premierminister Rishi Sunak ebenfalls kritisiert.
- Die Schnellstrecke sollte eigentlich London über die Millionenstadt Birmingham in den Midlands mit dem wirtschaftlich abgehängten Norden Englands verbinden.