Sterbeverfügungsgesetz passierte Justizausschuss
Notwendig wurde das Gesetz zur Sterbeverfügung, weil der Verfassungsgerichtshof (VfGH) das bisherige ausnahmslose Verbot der Hilfe zur Selbsttötung für verfassungswidrig erklärt hat. Wäre bis zum Jahresende nichts geschehen, so wäre die Beihilfe zum Selbstmord ab dem kommenden Jahr schlicht erlaubt gewesen. Konservative Organisationen und Religionsgemeinschaften hatten auf eine rechtliche Absicherung gedrängt, damit es nicht zu Missbrauch kommt. Weiter aufrecht bleibt das Verbot der aktiven Sterbehilfe.
Das neue Sterbeverfügungsgesetz regelt nun, unter welchen Voraussetzungen in Zukunft assistierter Suizid möglich sein soll. Schwer oder unheilbar Kranke, die volljährig und entscheidungsfähig sind, erhalten demnach die Möglichkeit dafür. Voraussetzung ist, dass die Sterbewilligen von einem Arzt aufgeklärt und die Krankheit festgestellt wird. Zudem muss die Entscheidungsfähigkeit von einem zweiten Arzt bestätigt werden. Nach einer Frist von zwölf Wochen (bei Personen, die nur eine sehr geringe Zeit zu leben haben: zwei Wochen) kann beim Notar oder Patientenanwalt eine sogenannte Sterbeverfügung errichtet werden, mit der man Zugang zu einem letalen Präparat erhält.
Parallel dazu wird die Hospiz- und Palliativversorgung flächendeckend ausgebaut. Vorgesehen ist dazu ab 2022 eine Drittelfinanzierung durch Bund, Länder und Gemeinden. Von Bundesseite kommen dafür heuer 21 Millionen Euro, in den Folgejahren dann 36 und 51 Millionen Euro. Ab 2025 soll der jährliche Zweckzuschuss aufgewertet werden.
Justizministerin Alma Zadić (Grüne) sprach im Vorfeld des Beschlusses von der verantwortungsvollen Umsetzung des VfGH-Beschlusses, um schwerkranken Menschen in einer schwierigen Situation zu helfen und ein selbstbestimmtes Sterben in Würde zu ermöglichen. Für Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) ist eine Lösung gefunden worden, "die restriktiv und präventiv ist und gleichzeitig den Sterbewillen respektiert". Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) begrüßte, dass die Grundlage für eine flächendeckende und wohnortnahe Versorgung für schwerstkranke Erwachsene und Kinder in ganz Österreich geschaffen werde.
"Ein zentrales Anliegen der Regierungsfraktionen ist es, das vom VfGH in das Zentrum seiner Erwägungen gestellte Grundrecht auf Selbstbestimmung abzusichern und zugleich gegen damit allenfalls verbundenen Missbrauch vorzusorgen", betonte ÖVP-Justizsprecherin Michaela Steinacker in einer Aussendung. Agnes Prammer von den Grünen betonte: "Durch das Vorschalten von Aufklärungsgesprächen über palliativmedizinische Möglichkeiten und einen Fokus auf Suizidprävention treffen wir die notwendigen Begleitmaßnahmen, um Menschen eine aufgeklärte und selbstbestimmte Entscheidung zu ermöglichen."
Auch die SPÖ stimmte zu. "Die Sozialdemokratie steht für ein selbstbestimmtes Leben, aber auch ein selbstbestimmtes Sterben in Würde. Wir begrüßen daher die Umsetzung, der vom Verfassungsgerichtshof angestoßenen Reform der Sterbehilfe. Es wäre jedoch angebracht gewesen, hierzu eine wesentlich breitere und längere öffentliche Debatte zu führen, um diesem sensiblen Gesetz die nötige Gründlichkeit zukommen zu lassen", so deren Justizsprecherin Selma Yildirim.
Nikolaus Scherak (NEOS) zeigte sich laut Parlamentskorrespondenz in der Ausschussdebatte als "überzeugter Liberaler" froh über den Schritt. Denn er sei der Meinung, dass man den Menschen die Entscheidung über Leben oder Sterben freistellen müsse. Harald Stefan (FPÖ) bezeichnete das Thema als "unglaublich heikel". Er sah zwar positive Ansätze an der Regelung, etwa, dass psychisch kranke Personen ausgenommen seien, drückte jedoch insgesamt seine Ablehnung aus. Es gebe einige Schwachstellen, etwa, was Unterstützung für diejenigen Personen betreffe, die beim Suizid assistieren.
Zusammenfassung
- Notwendig wurde das Gesetz zur Sterbeverfügung, weil der Verfassungsgerichtshof (VfGH) das bisherige ausnahmslose Verbot der Hilfe zur Selbsttötung für verfassungswidrig erklärt hat.
- Nikolaus Scherak (NEOS) zeigte sich laut Parlamentskorrespondenz in der Ausschussdebatte als "überzeugter Liberaler" froh über den Schritt.
- Denn er sei der Meinung, dass man den Menschen die Entscheidung über Leben oder Sterben freistellen müsse.