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Steinmeier bittet in Warschau um Vergebung für Shoah

Zum 80. Jahrestag des Aufstandes im Warschauer Ghetto hat sich der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zur deutschen Verantwortung für die Vernichtung der Juden bekannt und um Vergebung gebeten.

Bei einer Gedenkveranstaltung in Warschau zusammen mit den Präsidenten Polens und Israels, Andrzej Duda und Ytzhak Herzog, bedankte er sich am Mittwoch zugleich für die Versöhnung beider Staaten mit den einstigen Tätern.

Diese sei ein "unendlich kostbares Geschenk", sagte Steinmeier am Denkmal der Helden des Ghettos in der polnischen Hauptstadt. Deutsche hätten das Menschheitsverbrechen der Shoah minutiös geplant und durchgeführt. "Deutsche haben Europas Jüdinnen und Juden, die Jüdinnen und Juden Warschaus mit einer Grausamkeit und Unmenschlichkeit verfolgt, versklavt, ermordet, für die uns die Worte fehlen", sagte Steinmeier. "Ich stehe heute vor Ihnen und bitte um Vergebung für die Verbrechen, die Deutsche hier begangen haben." Er stehe hier "in Trauer und Demut".

Der Bundespräsident betonte, die Deutschen wüssten um ihre Verantwortung und um den Auftrag, den die Überlebenden und die Toten ihnen hinterlassen hätten. "Wir nehmen ihn an. Für uns Deutsche kennt die Verantwortung vor unserer Geschichte keinen Schlussstrich. Sie bleibt uns Mahnung und Auftrag in der Gegenwart und in der Zukunft."

Duda würdigte Teilnehmer des Warschauer Ghetto-Aufstandes

Das Warschauer Ghetto war im Herbst 1940 von den deutschen Besatzern errichtet worden. Rund 450.000 Menschen wurden dort auf engstem Raum eingeschlossen. 1942 begannen die Nationalsozialisten mit der Deportation der Juden in Vernichtungs- und Arbeitslager. Zwischen Juli und September wurden 250.000 bis 280.000 Menschen verschleppt oder ermordet. Als am 19. April 1943 SS-Einheiten in das Ghetto einmarschierten, begann der Aufstand des nur schwach bewaffneten jüdischen Widerstandes. Die Kämpfe dauerten bis Mitte Mai. Dabei wurden mehr als 56.000 Juden getötet oder in Konzentrations- und Vernichtungslager deportiert.

Duda würdigte die Teilnehmer des Warschauer Ghetto-Aufstandes als gemeinsame Helden Israels und Polens. "Sie sind für mich und viele Polen vor allem ein Symbol für Tapferkeit, Entschlossenheit und Mut", sagte Duda. Die Menschen, die sich 1943 gegen die deutschen Besatzer erhoben hatten, seien "die Helden Israels, die Helden der Juden auf der ganzen Welt, sie sind die Helden Polens und der Polen". Die Aufständischen seien mit ihrem Mut ein Vorbild für israelische und polnische Soldaten, die die Grenzen ihrer Länder bewachen, so Duda weiter.

"Nie wieder!"

Die wichtigste Lehre aus der deutschen Geschichte laute "Nie wieder!", betonte Steinmeier. Die Deutschen hätten diese Lehre gelernt. Nie wieder, das bedeute, dass es in Europa keinen verbrecherischen Angriffskrieg wie den Russlands gegen die Ukraine geben dürfe. "Nie wieder, das bedeutet: Wir stehen fest an der Seite der Ukraine - gemeinsam mit Polen und mit unseren anderen Bündnispartnern. Wir unterstützen die Ukraine humanitär, politisch und militärisch - gemeinsam mit Polen und unseren Bündnispartnern."

Auschwitz-Überlebender: Gibt Parallelen zwischen Zweiten Weltkrieg und Ukraine-Krieg

Der polnische Auschwitz-Überlebende Marian Turski zog Parallelen zwischen den von Nazi-Deutschland begangenen Taten im Zweiten Weltkrieg und Russlands Angriffskrieg in der Ukraine. Er könne nicht schweigen, wenn er die Verbrechen im ukrainischen Butscha sehe, wohlwissend, welche Gräueltaten Deutschland während des Zweiten Weltkrieges in besetzten Ländern begangen habe, sagte Turski am Mittwoch bei der Gedenkfeier.

Der 96 Jahre alte Turski ist Präsident des Internationalen Auschwitz Komitees und Mitbegründer des Museums der Geschichte der polnischen Juden in Warschau. Im von Nazi-Deutschland besetzten Polen war er mit seiner Familie seit 1942 im Ghetto von Lodz inhaftiert, bevor er 1944 in das deutsche Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz deportiert wurde.

Turski sagte weiter, zwar habe ihn die sowjetische Armee - darunter auch russische Soldaten - aus Auschwitz befreit, und dafür werde er auf ewig dankbar sein. "Aber kann ich gleichgültig sein? Kann ich schweigen, wenn das heutige Russland eine Aggression gegen unseren Nachbarn betreibt?"

ribbon Zusammenfassung
  • Zum 80. Jahrestag des Aufstandes im Warschauer Ghetto hat sich der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zur deutschen Verantwortung für die Vernichtung der Juden bekannt und um Vergebung gebeten.
  • Bei einer Gedenkveranstaltung in Warschau zusammen mit den Präsidenten Polens und Israels, Andrzej Duda und Ytzhak Herzog, bedankte er sich am Mittwoch zugleich für die Versöhnung beider Staaten mit den einstigen Tätern.