Sobotka glaubt an Koalition in drei bis sechs Monaten
Am Donnerstag ist Wolfgang Sobotkas letzte Sitzung im Hohen Haus vor seinem Abtritt als Nationalratspräsident. Im Interview mit Corinna Milborn blickt er in die Zukunft und auch in die Vergangenheit der letzten sieben Jahre.
Im Gespräch als sein Nachfolger ist aktuell FPÖ-Politiker Walter Rosenkranz. Dazu möchte sich Sobotka nicht äußern, aber die stimmenstärkste Partei sei die stimmenstärkste Partei. Das Amt des Volksanwalts habe Rosenkranz laut Sobotka ordentlich ausgeübt.
FPÖ ohne Nazi-Aufarbeitung
Kritik übt er dabei an der FPÖ: Diese habe ihre Nazi-Vergangenheit nicht aufgearbeitet, Vorfälle wie zuletzt das Beisein von Freiheitlichen Politikern bei einem Begräbnis, bei dem ein SS-Lied gesungen wurde, seien Indizien dafür.
"Die ganze FPÖ ist mit ihrer Geschichte bis heute nicht im Reinen", sie habe sich nicht klar ausgedrückt, es sei nie Verantwortung für die Nazi-Vergangenheit der österreichischen Parteien übernommen worden.
"Es wird immer verklärt, es ist nie genau, statt dass man eine ganz klare Haltung hat. Und damit werden auch diese persönlichen Graubereiche jedes Mal angesprochen. Unangenehm", findet Sobotka.
Er sieht aber auch die eigene Partei in der Pflicht: Auch die ÖVP werde demnächst ihre Klub-Protokolle veröffentlichen "und auch da sind Äußerungen dabei, die wir heute keinstens tolerieren können. Das heißt, die Aufarbeitung steht noch an.
Schwarz-Blau 2.0?
Eine Koalition mit der FPÖ schließt die ÖVP nicht dezidiert aus - aber auch nach der Wahl hatte sich ÖVP-Bundeskanzler Karl Nehammer wiederholt gegen FPÖ-Chef Herbert Kickl als Kanzler ausgesprochen.
Kickl müsse man an seinen Taten messen, so Sobotka: Er habe die Nachrichtendienste zerstört und Österreich isoliert. Internationale Partnerschaften seien für Österreich unerlässlich und hätten sich ÖVP-Regierungen unter Wolfgang Schüssel und auch Sebastian Kurz immer vom "rechten Rand" abgegrenzt.
Mit Kickl als Kanzler wäre man "im Ausland so quasi absolut unfähig, wirklich handeln zu können". Schon jetzt würden ausländische Partner schwere Bedenken äußern. Und die ÖVP sei - wie auch von Nehammer betont - nie bereit, den Steigbügel zu halten.
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"Drei bis sechs Monate"
Jede Partei im Nationalrat wolle mitgestalten und regieren. Kickl und das System hinter ihm wurden von Nehammer ausgeschlossen, so Sobotka. "Schlussendlich geht es darum, was erzielt man für einen Kompromiss in einem Verhandlungsverfahren."
Ein Absägen von Nehammer als ÖVP-Chef gibt es nicht, Sobotka sieht die Partei aktuell geeint. Gerüchte, ob es für die ÖVP-Spitze eine Deadline zu den Regierungsverhandlungen gebe, will Sobotka im Interview nicht kommentieren.
In der Vergangenheit hätten Regierungsbildungen drei, aber auch sechs Monate gedauert. "In dieser Zeit wird es wohl auch diesmal möglich sein, zu einem Ergebnis zu kommen."
Verabschieden möchte sich Sobotka am Donnerstag mit einem "Danke schön für die Zeit", erzählt er. Nach seiner Amtszeit wird Sobotka die Leitung der ÖVP-Parteiakademie übernehmen.
Sobotka: Einer der unbeliebtesten Politiker in Österreich
Zusammenfassung
- Sieben Jahre lang war Wolfgang Sobotka Nationalratspräsident, dabei wurde er zu einem der umstrittensten Politiker Österreichs.
- Im Interview mit PULS 24 Infochefin Corinna Milborn erklärt er, warum er beim 'Nein' zu Kickl bleibt.
- Und wann er denkt, dass es eine neue Regierung geben wird.