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Sieg der Schweizer SVP auf Kosten beider grünen Parteien

Jubeltag für die rechtskonservative SVP in der Schweiz: Nach ihrer Schlappe vor vier Jahren hat die Partei bei der Wahl am Sonntag gut zwei Drittel ihrer verlorenen Nationalratsmandate zurückerobert. Auf der anderen Seite verloren die Grünen fast ein Fünftel ihrer Delegation, die Grünliberalen über ein Drittel. Dass die SVP gewonnen hat, ist keine Überraschung. Die Zuwanderung war eines der dominierenden Themen im Wahlkampf. Die Klimafrage rückte etwas in den Hintergrund.

Eine Verschiebung in diesem Ausmaß war aber nicht erwartet worden. Für Schweizer Verhältnisse ist sie ungewöhnlich, auch wenn die Verschiebungen vor vier Jahren noch größer waren und in die andere Richtung gingen. Die SVP blieb somit unter ihrem Ergebnis des Jahres 2015, als sie fast 30 Prozent der Stimmen erreicht hatte.

Der SVP gelang es diesmal wieder besser, mit ihrem Paradethema Thema Migration und Asyl zu mobilisieren. Wegen des zusätzlichen Gewinns der rechten Kleinparteien sprachen Politologen am Wahlabend von einem "Rechtsrutsch mit Protestcharakter". Nach der "grünen Welle" vor vier Jahren herrsche nun "grüne Flaute". So können sich die Mitte-Links-Parteien bei Klimathemen nur noch eine Handvoll Abweichler gegen Rechts leisten.

Insgesamt legten die Rechtsparteien im Vergleich zum Jahr 2019 um elf Sitze zu, während die Linken um fünf Mandate weniger stellen als bisher. Wegen der Verluste von Grünliberalen (GLP) und Evangelischer Volkspartei (EVP) steht die politische Mitte insgesamt trotz Zugewinnen der Christdemokratischen Mitte-Partei mit minus sechs Sitzen etwas schwächer da als in der ablaufenden Legislaturperiode.

Anders als nach den Wahlen 2015 werden SVP und Liberale (FDP) keine Mehrheit im 200-köpfigen Nationalrat haben. Zusammen mit der konservativen Eidgenössisch-Demokratischen Union (EDU), Lega und der Genfer Protestbewegung MCG kommen sie auf 95 Sitze. Mitte, GLP und EVP haben demnach 41 Mandate. Sozialdemokratische Partei (SP) und Grüne kommen zusammen auf 64 Sitze. Damit bleiben die politischen Verhältnisse in der Schweiz unübersichtlich. Während nämlich SVP und FDP gemeinsam die Mehrheit in der Regierung (Bundesrat) haben, dominieren SP, Mitte und Grüne den Nationalrat.

Mit Abstand stärkste Partei im Land bleibt die SVP. Sie kommt neu auf 62 Sitze - ein Plus von neun Sitzen. Die Grünen verlieren fünf Sitze und haben noch 23 Mandate. Noch zehn statt 16 Sitze hat die GLP. Beide grünen Parteien verfügen aber immer noch über eine größere Gruppe als vor acht Jahren. Auch die SVP ist um drei Mandate schwächer als im Jahr 2015.

Die SP gewinnt zwei Sitze hinzu, kommt neu auf 41 Sitze und bleibt zweitstärkste Partei in der großen Parlamentskammer. Die Mitte überholt mit dem Zugewinn von einem Sitz mit 29 Sitzen die FDP, welche 28 Nationalratsmandate stellt, eines weniger als 2019. Der Wähleranteil der Freisinnigen geht seit 2015 stetig zurück. Die neu benannte Mitte-Partei kann zulegen und spielt in den nächsten vier Jahren weiterhin die wichtige Rolle der Mehrheitsbeschafferin.

SVP, SP, Mitte und FDP stellen seit sechs Jahrzehnten gemeinsam die Regierung (Bundesrat). Koalitionsprogramm gibt es keines, auch im Zwei-Kammer-Parlament gilt ein freies Spiel der Kräfte. Die wesentlichen politischen Entscheidungen werden in der Schweiz vom Volk direkt getroffen. Mit 50.000 Unterschriften kann dieses jedes vom Parlament beschlossene Gesetz mittels Referendum beeinspruchen.

Verschiebungen brachte die Nationalratswahl auch bei den kleineren Parteien. So verlor EVP-Chefin Lilian Studer ihren Sitz, die Partei wird nur noch zwei Mandate haben. Dafür gewinnen kleine Rechtsparteien insgesamt drei Sitze hinzu, zwei davon gehen auf das Konto der Genfer Protestpartei MCG. Die EDU holt in Zürich ein zusätzliches zweites Mandat. Die Tessiner Lega hält ihren einzigen Sitz. Aus dem Nationalrat flogen die Partei der Arbeit (PdA) und das Linksbündnis Ensemble à Gauche (EàG). Vom Jahrhundertereignis Covid-Krise bleibt schon kurze Zeit danach gar nichts mehr. Weder die Bürgerbewegungen Mass-Voll noch Aufrecht konnten die Proteststimmung aus den Corona-Jahren in Sitze ummünzen.

Auffallend ist das Comeback des MCG im Kanton Genf. Die Protestpartei war bereits von 2011 bis 2019 in der großen Kammer vertreten. Die personelle Zusammensetzung der neuen MCG-Vertretung im Nationalrat wird vom Ergebnis des zweiten Wahlgangs der Ständeratswahlen abhängen. Im Ständerat ist jeder Kanton mit zwei Mandataren vertreten. Diese werden nach dem Mehrheitswahlrecht bestimmt.

Im Gesetzgebungsprozess sind Nationalrat und Ständerat gleichberechtigt; Gesetze benötigen die Zustimmung beider Kammern, damit sie Geltung erlangen können. In gemeinsamer Sitzung wählen die Parlamentskammern die sieben Mitglieder der Regierung. Die Bundesratswahlen finden im Dezember statt. Nachdem die Mitte die FDP überholt hat, steht die Vertretung der Liberalen im Bundesrat infrage. Die FDP stellt nämlich zwei Bundesräte, die Mitte lediglich einen. Traditionell werden amtierende Bundesräte aber im Amt bestätigt. Frei wird nur ein Sitz, jener der sozialdemokratischen Innenministers Alain Berset, der auf eine Wiederwahl verzichtet.

ribbon Zusammenfassung
  • Jubeltag für die rechtskonservative SVP in der Schweiz: Nach ihrer Schlappe vor vier Jahren hat die Partei bei der Wahl am Sonntag gut zwei Drittel ihrer verlorenen Nationalratsmandate zurückerobert.
  • Auf der anderen Seite verloren die Grünen fast ein Fünftel ihrer Delegation, die Grünliberalen über ein Drittel.
  • Mit Abstand stärkste Partei im Land bleibt die SVP.
  • Die Grünen verlieren fünf Sitze und haben noch 23 Mandate.