APA/HELMUT FOHRINGER

Was Kurz' Russen-Zeuge mit Briefkastenfirmen zu tun hat

Valery Afinogenov sollte als einer von zwei russischen Zeuge vor Gericht die Glaubwürdigkeit von Thomas Schmid zerrütten. Doch der Name des Russen taucht in einem Netzwerk von Briefkastenfirmen auf - es geht um einen Privatjet und Beziehungen in die russische Polit-Elite.

Zwei Russen sorgten für die wohl kuriosesten Momente beim Prozess gegen Sebastian Kurz. Der eine, Valery Afinogenov, wurde bereits Ende Jänner befragt. Der Zweite soll am letzten Prozesstag am Freitag zu Wort kommen. 

Kurz ließ die zwei ominösen russischen Geschäftsleute als Zeugen laden. Sie sollten die Glaubwürdigkeit von WKStA und Thomas Schmid zerstören. Zudem packte die Verteidigung eidesstattliche Erklärungen von zwei russischen Geschäftsleuten aus.

Darin heißt es, die beiden Geschäftsmänner hätten im vergangenen August in Amsterdam ein Bewerbungsgespräch mit Thomas Schmid geführt. Dort habe Schmid gesagt, die WKStA hätte ihn unter Druck gesetzt, deshalb habe er über Sebastian Kurz gelogen. 

Doch die Russen hinterlassen wohl mehr Fragen als Antworten. Der erste Zeuge, Valery Afinogenov, taucht in diversen Datenleaks wie den "Pandora Papers" und den "Paradise Papers" auf, wie das "profil" berichtete. 

Steuern sparen beim Privatjet

Ein zentraler Fund in den Datenlecks ist ein Privatjet um 22 Millionen Dollar: Eine Gulfstream G280. Im Sommer 2013 ist der Flieger fertig, doch es gibt ein Problem. Wenn der Flieger in der EU landet, werden 20 Prozent Umsatzsteuer fällig. 

Um das zu umgehen, wird eine komplexe Struktur aufgesetzt. Eine Firma in der karibischen Steueroase British Virgin Islands (BVI) verleased den Flieger an eine andere - beide haben jedoch den gleichen Besitzer. Über die Isle of Man wird der Flieger dann in die EU eingeführt - das war damals noch möglich. 

In dem ganzen Prozess war Afinogenov immer wieder in E-Mail-Verläufen eingebunden. Stellenweise schaltete er sich auch direkt ein, wenn es etwa um nicht bezahlte Anwaltsrechnungen ging, schreibt das "profil".

Jet-Connections nach Österreich und zur Immofinanz

Es gibt laut "profil" bei dem Privatjet-Deal einige interessante Verbindungen nach Österreich. So sei 2014 sogar geplant gewesen, die Maschine im Österreich registrieren zu lassen - der Plan wurde jedoch verworfen. 

Betreiber war damals aber ein Luftfahrtunternehmen aus Salzburg. 

Und auch bei den Besitzern der Maschine gibt es Österreich-Verbindungen. Wirtschaftlich Berechtigter hinter dem Gulfstream-Deal war ein Gründer des Immobilienunternehmens "Patero". Und ebenjene Firma entwickelt mit der Immofinanz gemeinsam ein riesiges Kaufhaus in Moskau - das "Golden Babylon".

Acht weitere Briefkasten-Firmen

Das "profil" fand Afinogenov in den "Pandora Papers" noch im Zusammenhang mit acht weiteren Firmen auf den British Virgin Islands (BVI). Und bei allen ist einer der drei Patero-Mitgründer wirtschaftlich berechtigt: Teimuraz Khikhinashvili, der sich auch Temur Ben Yehuda nennt.

Die Firmen tragen klangvolle Namen wie "Pelwood Finance Limited" oder "Padigton Holdings Limited". Laut "profil" teilt sich Khikhinashvili die Firmen entweder mit einem anderen Patero-Gründer oder mit hochrangigen Persönlichkeiten der russischen Elite. 

Insgesamt zeigt sich ein wahres Netzwerk an Offshore-Gesellschaften, meint das "profil". So sind die Firmen teilweise an anderen beteiligt, etwa auf Zypern. Andere wiederum hätten in russische Unternehmen investiert oder Darlehen vergeben. In Summe geht es in den Dokumenten um zig Millionen Dollar, Euro und Rubel. 

Vernetzt in Russlands Elite

Darunter fällt etwa Andrey Reus: Während Putins erster Amtszeit Anfang der 2000er war er Vize-Minister für Industrie und Energie. 2007 wurde er Chef des staatlichen Luftfahrtkonzerns "Oboronprom", der auch Kampfhubschrauber herstellt. Die Firma steht auf der EU-Sanktionsliste. 

Doch es findet sich auch der Name Sergei Evlakhov, er war in den 2000ern Vizepräsident beim staatlichen Pipeline-Betreiber Transneft. Und auch Diana Gindin, Ex-Frau des russischen Politkers Vladislav Reznik gehört dazu. Reznik saß für die Putin-Partei in der Staatsduma, also dem Parlament. 

Zeugen hinterlassen mehr Fragen als Antworten

Afinogenovs Erscheinen in unterschiedlichen Leaks hinterlassen ebenso viele Fragen wie der eigentliche Auftritt des Geschäftmanns beim Kurz-Prozess.

Unklar ist außerdem nach wie vor, wie das Team Kurz auf die beiden Russen gekommen ist. Die Einvernahme des zweiten russischen Zeugen am Freitag gibt hier eventuell mehr Aufschluss. 

ribbon Zusammenfassung
  • Valery Afinogenov sollte als einer von zwei russischen Zeuge vor Gericht die Gläubwürdigkeit von Thomas Schmid zerrütten.
  • Doch der Name des Russen taucht in einem Netzwerk von Briefkastenfirmen auf - es geht um einen Privatjet und Beziehungen in die russische Polit-Elite.
  • Ein zentraler Fund in den Datenlecks ist ein Privatjet um 22 Millionen Dollar: Eine Gulfstream G280.
  • Das "profil" fand Afinogenov in den "Pandora Papers" noch im Zusammenhang mit acht weiteren Firmen auf den British Virgin Islands (BVI).
  • Insgesamt zeigt sich ein wahres Netzwerk an Offshore-Gesellschaften, meint das "profil".