Schwarz-Blau in NÖ: Deutsch fordert Verhandlungsstopp
Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG), Oskar Deutsch, fordert Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) auf, die Koalitionsverhandlungen mit der FPÖ abzubrechen.
Gerade die niederösterreichische Volkspartei sei immer um Abgrenzung von "deutschnationalen Randgruppen" bemüht gewesen, schreibt Deutsch in einem Gastkommentar im "Standard". Mikl-Leitner und ihr Team seien nicht ausschließlich, aber auch wegen ihrer klaren Haltung in Fragen der Demokratie und Menschenrechte erneut die stimmenstärkste Partei in Niederösterreich geworden, meint der IKG-Präsident. Ein Pakt mit den Freiheitlichen würde diese Bemühungen aber "konterkarieren".
Deutsch: FPÖ-Skandale haben System
Deutsch erinnerte in seinem Gastbeitrag außerdem an zahlreiche einschlägige Vorfälle in der niederösterreichischen FPÖ. In der Landespartei gebe es führende Vertreter, "die Burschenschaften angehören, in denen Nazi-Liederbücher gefunden wurden", schreibt der Vertreter der jüdischen Gemeinde in Wien, womit er Niederösterreichs FPÖ-Chef Udo Landbauer meinte.
Auch gebe es in Niederösterreich prominente FPÖ-Politiker, die "eine Registrierungspflicht für Jüdinnen und Juden einführen wollen", nennt Deutsch ein weiteres Beispiel, warum eine Koalition mit FPÖ-Beteiligung für ihn untragbar ist. Er bezog sich damit auf einen Vorstoß von Landesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ) im Juli 2018. Waldhäusl ist in Niederösterreich auch für Tierschutz zuständig und wollte damals gegen das Schächten, also die Produktion von Fleisch, das koscher bzw. halal ist, vorgehen. Waldhäusl plante eine Registrierung der Einzelkunden solcher Fleischwaren, Deutsch warnte damals vor Namenslisten von jüdischen Bürgerinnen und Bürgern. Am 27. Juli 2018 stellte Mikl-Leitner dann klar: "Eine Registrierung einzelner Abnehmer wird es in Niederösterreich sicher nicht geben."
Hitlergruß
In seinem aktuellen Gastkommentar warnt Deutsch auch vor FPÖ-Führungspersonal, das "stolz den Hitlergruß" zeige. Damit meint er den FPÖ-Landesparteisekretär Andreas Bors, der nun für die FPÖ in den Landtag einzieht. Bors hatte in seiner Schulzeit auf einem Foto mit Freunden den Hitlergruß gezeigt.
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"Und übermorgen?"
Deutsch betonte, dies seien keine Einzelfälle. In Richtung von ÖVP-Landeshauptfrau Mikl-Leitner schreibt er: "Heute sind es Verhandlungen, morgen ist es eine Koalition. Und übermorgen? Realpolitik darf nicht als Ausrede dienen." Er appelliere an die Landeschefin, "die Gespräche mit dem politischen Arm der deutschnationalen Burschenschaften sofort zu beenden und Gespräche mit den anderen im Landtag vertretenen Fraktionen aufzunehmen". Auch an die SPÖ richtet Deutsch einen Appell: Insbesondere die Sozialdemokraten seien aufgerufen, sich "ihrer antifaschistischen Rolle bewusst zu werden" und nun den Konsens zu suchen.
Die Koalitionsgespräche zwischen der ÖVP und der SPÖ waren in St. Pölten ergebnislos abgebrochen worden. Nun verhandelt Mikl-Leitner mit Landbauer eine schwarz-blaue Allianz.
Zusammenfassung
- Der IKG-Präsident erinnert in einem Zeitungskommentar an zahlreiche einschlägige Vorfälle in der niederösterreichischen FPÖ.
- Er fragt Landeshauptfrau Mikl-Leitner: "Heute sind es Verhandlungen, morgen ist es eine Koalition. Und übermorgen?"